Fußball-EM: Womit tanken die Polen Energie?

16.6.2016, 12:00 Uhr
Fußball-EM: Womit tanken die Polen Energie?

© Birgit Kutzera/Fotolia

Fast wäre aus Wojciech Grabietz ein Fußballer geworden. Als Kind, sagt er, war er fußballverrückt. Wenn da nicht die Musik gewesen wäre, und der Vater, der darauf bestand, dass er fleißig Trompete übte, vielleicht wäre ein Profi-Fußballer aus Wojciech Grabietz geworden. Vielleicht. So aber blieb er Fußball-Fan und wurde Berufsmusiker.

Die Grabietz wohnen in Oberschlesien, in einem kleinen Ort nahe Ratibor. Gekocht wird schnörkellos. Kartoffeln stehen täglich auf dem Speiseplan. „Es gab ja keine Supermärkte wie heute. Fleisch war für uns damals nicht so einfach zu bekommen, dafür musste man lange anstehen.“ Seine Eltern würden noch heute täglich Kartoffeln essen. Und Suppe. Ohne Suppe, sagt der 46-Jährige, beginnt kein Mittagessen.

Für Wojciech Grabietz aber sind Piroggen (Teigtaschen) das kulinarische Non plus Ultra seiner Heimat, gefolgt von Bigos (Sauerkrauteintopf). „Piroggen gibt es mit den verschiedensten Füllungen, Käse, Sauerkraut. Ich mag sie mit Hackfleisch.“ Polen gilt als das Fleischkonsumenten-Land schlechthin, nicht zu vergessen die vielen Würste. Hauptsache deftig.

Einmal im Jahr fährt der Profi-Musiker mit seiner Familie, Frau Celina (40), Sohn Lukas (17) und Tochter Laura (16), nach Polen, meist im August. Dann wird gefeiert und gegessen. Die Verwandten legen extra ihre Feste in diese Zeit. „Die Tische biegen sich unter der Last der vielen Gerichte. Es wird Musik gespielt, getanzt, gegessen, Musik gespielt . . . gerne zwölf Stunde lang.“ Natürlich schmecken die Piroggen nirgendwo sonst besser. „Wir nehmen dann noch ein paar mit, aber daheim in Deutschland ist es nicht mehr dasselbe wie daheim in Polen.“

Wojciech Grabietz

Wojciech Grabietz © Roland Huber

1989, mit 19 Jahren, zieht Wojciech Grabietz als Spätaussiedler nach Deutschland. Sein Ziel: Musik studieren. Er lebt in mehreren Zwischenlagern in Osnabrück und Hamburg. Aber eigentlich will er zum Oktoberfest. „Es gab bei uns ja keine Werbung, aber einmal im Jahr haben wir im Fernsehen geguckt, wie im Westen gelebt wird und da wurde immer das Oktoberfest gezeigt. Die viele Musik und dazu die Freude am Feiern, das Bier, da wollte ich hin.“ München wird es nicht, er kommt nach Obertrubach und findet dort schnell Anschluss. Seine Trompete baut die Brücke zu den Einheimischen, er spielt bald in der Blaskapelle.

Nachdem er Deutsch gelernt hat, legt Grabietz los und studiert Musik in Würzburg. Erst wird er nebenbei Ausbilder und Dirigent beim Musikverein Kirchehrenbach, ab 1996 arbeitet er in der Musikschule in Ebermannstadt, deren Leitung er 2002 übernimmt.

Vergangenes Wochenende feierte der Musikverein Kirchehrenbach sein 50. Jubiläum, mittendrin Wojciech Grabietz. Am Sonntagabend aber saß er, zwar todmüde, vor dem Fernseher und hat mit seinem Sohn Fußball-EM geguckt. Auch die Partie Deutschland gegen Polen heute ab 21 Uhr ist ein Muss. Mit seinem Schwager in Polen fachsimpelt er regelmäßig über die polnische Nationalmannschaft: „Bis zum Achtelfinale klappt es, dann wird es schwierig.“

Das Piroggen-Rezept: Der Teig für zirka vier Personen besteht aus zwei Gläsern Mehl, einem Ei, einem Esslöffel Öl, 0,6 Liter warmen Wasser und etwas Salz. Den Teig etwa 1,5 Millimeter dick ausrollen und mit einem runden Glas Kreise ausstechen. In die Mitte kommt die Füllung, dann zuklappen. Die Teigtaschen portionsweise in leicht köchelndem Wasser (mit etwas Salz und Öl) geben. Wenn die Piroggen wieder oben schwimmen, etwa zehn Sekunden warten, dann herausnehmen.
Zur Füllung: Da entscheidet der Geschmack. Wojciech Grabietz mag gebratenes Hackfleisch. Piroggen schmecken aber auch mit Speck, Weißkohl, Quark oder Bauernkäse gefüllt.
 

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