„Großkopferte“ und Spießer bekamen ihr Fett weg

30.11.2015, 07:00 Uhr
„Großkopferte“ und Spießer bekamen ihr Fett weg

© Foto: Braun

Springer gilt zu recht als einer der Großen der bayerischen Kabarettszene. Davon konnten sich die Besucher in Gasseldorf von der ersten Minute an überzeugen. Der Gewinner des bayerischen Kabarettpreises 2013 schont niemanden, schon gar nicht die „Großkopferten“ in der Bundes- und Bayerischen Landespolitik, aber auch nicht sich selbst. Auch die Besucher bekommen ihr Fett weg: „Ihr wohnt ja näher am polnischen Parlament als an der Staatskanzlei.“

Mit schnellen Wortfolgen greift er Themen auf und stellt seine Sicht der Sachlage dar. Da wird schon mal an bayerischen Mythen gesägt und das Publikum erfährt, dass BMW seine Wurzeln in Thüringen hat und Audi seine in Sachsen. Richtig in Fahrt kommt der Moderator des „Schlachthofes“ — zusammen mit Michael Altinger — bei seiner Generalkritik an der Bayerischen Staatsregierung. Die engen Verbindungen, etwa beim Verkauf von Panzern, zum absolutistisch geführten Saudi Arabien begründet Springer damit, dass Bayern an Saudi Arabien viel näher dran liege als Berlin, auch ideologisch!

Sekunden später ist er bei Wladimir Putin: „Ich kann dieses Zwergerl nicht ausstehen, wenn die Merkel sich ein wenig aufplustert, dann kann sie den quer einsaugen.“ Schnell kommt er aber immer wieder zu seinem Lieblingsthema, der bayerischen Landespolitik zurück. Da wird Seehofer — „er macht mich wahnsinnig“ — ebenso durch den Kakao gezogen wie seine Vorgänger. Seehofers misslungene Wende in der Energiepolitik wird mit einem Auftritt des Übervaters Franz Josef Strauß vor 35 Jahren in praller Mittagssonne begründet: „Er bekam damals einen roten Schädel, seither ist die CSU gegen Sonnenenergie, denn davon bekommen die Schwarzen rote Schädel.“

Der Bayerischen Staatsregierung empfiehlt er zur Beschleunigung der Energiewende einen „St.-Windradl-Tag“ als katholischen Feiertag — mit traditionellen Liedern und Brauchtum. Die Ilse Aigner könne man dann ans Windrad binden und der Seehofer könnt ins Mikro rufen: „Ogstromt is.“

Auch die Gesellschaft nimmt er bissig und direkt aufs Korn. Als Beispiel für die bayerische Spießigkeit dient die Fahrt zum Beate-Uhse-Laden in Hannover, „weil dahoam, da könnt’ ma ja dabei g’sehen werden“. Dann ist die Bundeswehr im Fokus. Hier wird es nachdenklich. Nicht nur, dass Auslandseinsätze offiziell Ertüchtigungsinitiativen heißen, der „Akrobat des Wortes“ fragt sich, warum die Bundeswehr nicht besser in Dortmund-Nord einmarschieren würde als in Mali, denn dort gäbe es mehr gefährliche Islamisten. Die Antwort hat er gleich parat: „Das ist zu gefährlich.“ Die Reise durch die Fettnäpfchen von Politikgrößen, Wirtschaftsbossen und anderen VIPs dauert knapp zwei Stunden, dann wird es ernst.

Dann stellt Springer seinen Verein „Orienthilfe“ vor, der Flüchtlinge vor Ort im Nahen Osten unterstützt. Derzeit sind 14 bis 15 Millionen Syrer auf der Flucht, 80 Prozent davon Frauen und Kinder. Springer ist selbst mehrere Male im Jahr im Libanon, wo 1,5 Millionen Menschen in Lagern leben. Seine bewegenden Erzählungen führen zu betroffenem Schweigen. Seiner Bitte zu einer kleinen Spende kamen viele Besucher nach.

In einem Gespräch mit den NN sagte Springer, dass er heute einen Brief an Seehofer persönlich in der Staatskanzlei abgeben werde. Darin fordere er zu mehr Sachlichkeit in der Diskussion rund um das Flüchtlingsthema auf. Alle Seiten müssten den Leuten die Angst nehmen anstatt sie zu schüren. Geld sei genug da.

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