Grüße aus aller Welt

1.9.2015, 10:00 Uhr
Grüße aus aller Welt

Für andere sind die unscheinbaren Briefumschläge nur „Altpapier“. Für Karl-Heinz Gottstein (74) erzählen die Papierstücke die ganz große Weltgeschichte – und die Schicksale ganz einfacher Menschen. „Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges konnte die Deutsche Lufthansa nicht mehr nach Südamerika fliegen. Also suchte man einen Ersatz für die Beförderung der Luftpost.“ Fündig wurde man beim Waffenbruder Italien, der vom Dezember 1939 an mit seiner staatseigenen „Linee Aeree Transcontinentali Italiane“ (L.A.T.I.) den Sprung über den Atlantik fortsetzte.

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© Fotos: Udo Güldner

Die italienische Luftfahrtgesellschaft transportierte private und geschäftliche Korrespondenz aus dem Deutschen Reich und dem besetzten Europa Richtung Brasilien. Man merkt dem Sammler, der seit zehn Jahren Luftpost-Raritäten der Lufthansa in China (1931—1941) und in Russland (1922—1936) sucht, und der 14 Jahre lang der Philatelisten-Chef war, den „Spaß an der Freude“ deutlich an. „Mich interessiert nicht die Wertsteigerung. Mich fasziniert die Geschichte hinter dem Papier.“

Fünf Gramm Normalgewicht

Besonders stolz auf seine erst in diesem Jahr zusammengetragene Sammlung ist Karl-Heinz Gottstein auch wegen der „Interniertenpost“. Das sind Briefe der Offiziere und Matrosen des Panzerschiffes „Admiral Graf Spee“, die sich 1939 vor Montevideo selbst versenkt hatte. Aus der Kriegsgefangenschaft in Uruguay schickten die Soldaten Nachrichten mit Propellermaschinen übers Meer.

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Auch innerhalb Südamerikas war die Deutsche Lufthansa mit der Luftpost befasst. „Es gab da eigene Tochtergesellschaften wie die „Condor“ oder die „Lufthansa Peru“. Wer günstigere Porti suchte, wurde in der US-Luftpost fündig.

Erst ab 1944 Postleitzahlen

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© Foto: Udo Güldner

Für viele war das trotz des Kostenvorteils also keine echte Alternative. „Immerhin war der Luftpost-Zuschlag ungefähr das Sechsfache der üblichen Gebühr.“ Karl-Heinz Gottstein verweist auf Korrespondenz, die nach Kolumbien, Argentinien und Peru versandt wurde. „Das war gar nicht so einfach, denn Postleitzahlen gab es im Briefbereich noch nicht. Im Deutschen Reich etwa wurden sie erst Ende 1944 eingeführt. Es bedurfte also findiger Postbeamter.“

Im Dezember 1941 ist die interkontinentale Verbindung am Ende. Mit dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg muss die L.A.T.I. ihren Betrieb einstellen. Karl-Heinz Gottstein hat eine der letzten Sendungen, die den Atlantik überquert haben. „So etwas sind immer Zufallsfunde. Etwas Glück gehört auch dazu.“

 

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