Hallenbad Kirchehrenbach: Nicht jeder glaubt den Zahlen

29.4.2018, 14:00 Uhr
Die Zeit nagt an dem Gebäudekomplex in der Pfarrstraße. Unter einem Dach untergebracht ist die Schwimm- und Turnhalle.

© Hubert Bösl Die Zeit nagt an dem Gebäudekomplex in der Pfarrstraße. Unter einem Dach untergebracht ist die Schwimm- und Turnhalle.

Er hat sich die Zahlen noch einmal ganz genau angeschaut: Manfred Wörner, Mitglied der Freien Wähler Gruppierung (FWG) in Kirchehrenbach und bis zum Schluss Technischer Leiter des Hallenbades. Nicht zum ersten Mal sei an den Zahlen gedreht worden, um die Entscheidung über die Zukunft des Bades und des Gebäudes zu beeinflussen, so Wörners Vorwurf.

Seit dem letzten Badetag im Sommer 2012 ist das Bad in einen Dornröschenschlaf gefallen. Ein Argument, das für die Schließung sprach, waren die jährlichen Betriebskosten. Von jährlich rund 100000 Euro war die Rede. Außerdem hätte eine Sanierung des über 40 Jahre alten Baus zwischen 800000 und 1,5 Millionen Euro verschlungen.

In die Betriebskosten sei vieles hineingeflossen, „was nicht hinein gehört hat“, sagt Wörner im Gespräch mit den NN. Dazu zählt für ihn „die viele Arbeit“, die der Bauhof in das Gebäude investiert habe. Wörners Vorwurf: „Man wollte die Betriebskosten höher setzen, um eine Argumentation für den Abriss zu haben.“

Für Bürgermeisterin Anja Gebhardt (SPD) ist das eine „leichtfertige Äußerung, denn auch die Arbeit des Bauhofs muss bezahlt, und wie bei allen anderen Kostenstellen auch, einberechnet werden. Wieso wir das beim Hallenbad nicht hätten machen sollen, verstehe ich nicht.“
Darüber hinaus habe der Bedarf an rund 70000 Litern Heizöl pro Jahr die Kosten für den Betrieb in die Höhe getrieben.

In einem Flyer der Freien Wähler, der derzeit auf vielen Tischen in Kirchehrenbacher Haushalten liegt und für Gesprächsstoff sorgt, schlägt die Wählergruppierung vor, den Bau zunächst zu untersuchen. Auch eine „fundierte Kostenrechnung“ für beide Varianten — Abriss und Erhalt des Gebäudes — ist darin angemahnt.

Hinter dem Wort „fundiert“ verstecken sich die Zweifel an den Kosten, die für den Abriss im Gemeinderat diskutiert wurden. Wörner verweist auf ein Angebot des Ingenieurbüros Eis aus Bamberg. Dieses kalkuliert pauschal mit 224000 Euro für den Abriss. Ein Angebot des Forchheimer Architekturbüros Amtmann beziffert die Kosten auf 413000 Euro. Ein Unterschied von knapp 200000 Euro, der die Entscheidung des Gemeinderates beeinflussen könnte.

Deshalb haben die Freien Wähler für die Gemeinderatssitzung am 7. Mai beantragt, die Entscheidung über Sanierung oder Abriss zurückzustellen und eine zweite Kostenanalyse und Meinung durch ein Ingenieurbüro einzuholen. „Bei gravierenden Unterschieden ist zweifelhaft, ob bei dieser äußerst groben Kostenschätzung eine Entscheidung über eine derartig weitgreifende Investition getroffen werden kann“, heißt es im Antrag der FWG-Fraktion wörtlich.

In der Bürgerversammlung im April habe Wörner die Bürgermeisterin auf die unterschiedlichen Zahlen angesprochen. „Sie hat das als Schätzung abgetan.“ Auf NN-Nachfrage bestätigt das Gebhardt. „Es handelt sich ausdrücklich um grobe Kostenschätzungen“, sagt sie. „Das entspricht keinen genauen Zahlen.“ Die 413000 Euro-Schätzung stammt aus dem Jahr 2016, so Gebhardt und beinhaltet auch Baunebenkosten. Letztere seien im 225000 Euro-Angebot der Ingenieure Eis nicht mit eingerechnet worden. „Das sind nur die Kosten für die reinen Abbrucharbeiten.“ Beide Zahlen habe sie bei der Bürgerversammlung auch vorgestellt und die Hintergründe erklärt.

Die Zukunft des Hallenbadgebäudes ist ein heißes Thema in der Gemeindepolitik. Gebhard hat die Gemeinderatsfraktionen am Donnerstagabend zu einer nicht-öffentlichen Klausurtagung eingeladen, um die politischen Vorstellungen und Anregungen aus der Bürgerversammlung zu beraten. Mit dem Ergebnis will die Bürgermeisterin dann in die Gemeinderatssitzung am 7. Mai gehen.

Millionenschweres Projekt

Gebhardt plädiert dafür, das Gebäude mit darüberliegender Einfachturnhalle abzureisen. Dass die Halle nicht mehr den Anforderungen an den Schulbetrieb genügt, ist im Gemeinderat unumstritten. Auf der dann freiwerdenden Fläche könnte eine neue Doppelturnhalle entstehen.
Die Kosten für den Neubau einer Doppelturnhalle — damit soll parallel Sportunterricht stattfinden können — werden auf 4,4 Millionen Euro geschätzt. Mit Außenanlagen (450000 Euro), Abriss (225000 Euro) und weiteren Baunebenkosten kommt Gebhardt am Ende auf eine Gesamtsumme von 5,9 Millionen Euro. Noch prüft die Gemeinde, wie viel Fördermittel fließen könnten. Von rund einer Million Euro ist die Rede. Das entspricht der Höhe der Förderung für eine Einfachturnhalle. Doppelturnhallen seien nicht förderfähig.

Hinzu kommt parallel das Projekt zur Sanierung der Mittelschule — für weitere 5,2 Millionen Euro. Nach Zuschüssen bleiben 2,2 Millionen Euro übrig, die sich Kirchehrenbach mit den Gemeinden im Schulverband teilt. Die Förderung könnte allerdings noch höher ausfallen, sagt Gebhardt.
Zusammen mit der Doppelturnhalle — wenn sie denn kommt — investiert Kirchehrenbach nach dem aktuellen Stand auf die nächsten Jahre verteilt sechs Millionen Euro. Einen möglichen Abriss sieht die Bürgermeisterin in den Jahren 2020/21.

Angesichts der Gesamtsumme schlagen die Freien Wähler deshalb vor, eine Sanierung des Hallenbadgebäudes zu prüfen. Die Kosten, um die bestehende Turnhalle mit einer Grundfläche von knapp 650 Quadratmeter zu sanieren, schätzt die FWG auf 1,7 Millionen Euro. Nach Abzug von einer Million Euro Fördermittel blieben für die Gemeinde 700000 Euro übrig. Zudem könnte die 600 Quadratmeter große Schwimmhalle nach einer Sanierung — die FWG kalkulieren mit zirka 800000 Euro Kosten — für Kinderturnen, Yoga, Tischtennis oder als Wahllokal genutzt werden. Im Ergebnis kommen sie auf eine zusammengerechnete Nutzfläche von über 1200 Quadratmetern und Gesamtkosten von 1,5 Millionen Euro für die Sanierungsvariante.

Gebhardt blickt skeptisch auf diese Zahlen der Alternativrechnung: „Wenn ich nicht konkret weiß, was in das ehemalige Hallenbad soll, kann ich auch keine konkrete Berechnung für die Sanierungskosten anstellen.“ Ohne genaues Konzept, keine genauen Zahlen.
Die CSU in Kirchehrenbach schließt keine der beiden Varianten (Sanierung oder Abriss) aus und plädiert für eine weitere Bürgerversammlung. Auch die CSU hat einen Antrag für die Maisitzung des Gemeinderates gestellt, der im Kern die gleichen Forderungen stellt, wie sie die Freien Wähler vorbringen.

Die CSU könnte sich vorstellen, den Keller im ehemaligen Hallenbad als Vorratsraum für Pellets zu nutzen. Außerdem solle die Dachsubstanz für eine energetische Sanierung geprüft werden.

Was von den Anträgen in der Maisitzung des Gemeinderates übrig bleibt, ist vom Ausgang der Diskussion bei der Klausurtagung abhängig, so Gebhardt. Der Bürgermeisterin ist bewusst, dass sich mancher eine Wiedereröffnung des Bades wünscht. Einige Kirchehrenbacher hat das Betriebsende im Sommer 2012 mitgenommen. Wörner sagt: „Für das Dorf und den Fremdenverkehr ist eine Wiedereröffnung interessant, aber ich scheue mich vor den Personalkosten.“ Als das Bad in Betrieb war, hatte die Interessengruppe diese ehrenamtlich abgefangen.

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