Hallmann und die jungen Wilden glänzen

20.10.2014, 07:00 Uhr
Hallmann und die jungen Wilden glänzen

© Foto: Roland Huber

Die Hallenuhr zeigt 59:18 Minuten an, Spielstand 31:31. Das Publikum ist elektrisiert, für manch älteren Fan ist es sogar ein wenig zu viel Spannung. 42 Sekunden vor der Schlusssirene nimmt HC-Trainer Dirk Samel nochmal eine Auszeit. „Ich habe den Jungs gesagt, dass sie unseren letzten Angriff komplett ausspielen, höchstens fünf Sekunden vor Ende noch einen Wurf wagen sollen“, verrät er ein paar Minuten später.

Die Mannschaft hört auf ihren Trainer und inszeniert über den auffälligen Matthias Ochs einen letzten Spielzug, der in jeden sportlichen Filmepos aus Hollywood gepasst hätte. In jedem dieser Streifen braucht es freilich einen Helden, und dieser war auf Forchheimer Seite Tobias Hallmann, der erfahrenste Spieler im jungen HC-Team. Nervenstark hatte Hallmann im Spielverlauf zehn von elf Siebenmeter verwandelt und fünf Treffer aus dem Rückraum erzielt, mit einem Hüftwurf überwindet er den verdutzten Herzogenauracher Keeper drei Sekunden vor Schluss zum umjubelten 32:31-Sieg des HC. „Unsere große Stärke ist derzeit, dass jeder für den Anderen da ist“, gibt der Siegtorschütze die Komplimente an seine Mitspieler weiter.

Wolf gegen Ex-Verein motiviert

Dass die Hausherren überhaupt so lange mithalten würde, hatte im Vorfeld keiner erwartet. Mit dem Forchheimer Brüderpaar Philipp und Markus Wolf in seinen Reihen, stellt der TS Herzogenaurach vom Papier her die beste Mannschaft der Liga und hat sich selbst zum Aufstiegsanwärter ernannt. Nach der Niederlage im Derby gegen Niederlindach rechnete niemand damit, dass der Topfavorit so schnell noch einmal patzen würde. Ihre individuelle Klasse ließen die Mannen um Spielertrainer Ingo Kundmüller, dem früheren Bayernliga-Akteur, immer wieder aufblitzen, leisteten sich aber auch einige Konzentrationsschwächen.

4:1 lagen unbekümmert aufspielende Forchheimer nach fünf Minuten bereits in Front, ehe die Gäste richtig im Spiel angekommen waren und mit aggressiverer Gangart die wendige HC-Offensive ohne ihren verreisten Rückraum-Hünen Dominic Hecht besser auszubremsen vermochten. Es war der unheimlich motivierte Ex-HCler Philipp Wolf, der die Turnerschaft in der 10. Minute zum ersten Mal in Führung brachte (6:5) und den aus Brasilien zurückgekehrten Kilian Kiesel mehrfach narrte.

Bis zur Pause (17:18) entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, in dem sich der Titelanwärter maximal mit drei Toren absetzen konnte. Mit einer erstaunlichen Energieleistung bot der junge HC dem TS auch im zweiten Durchgang Paroli. Unermüdliche Antreiber waren Jakob Sekolec und Ochs, die immer wieder zum Kreis zogen und die Siebenmeter für Routinier Hallmann herausholten. Doch das schien nicht auszureichen, beim Stand von 21:25 (42.) lag Herzogenaurach auf Kurs. „Die Jungs haben aber nie aufgegeben“, erklärt Trainer Dirk Samel.

Der sah in der 43. Minute, wie Torhüter Marcel Elsner gleich zweifach in höchster Not per Fußabwehr klärte und so noch einmal ein Signal an seine Vorderleute sendete. Forchheim gelang der 23:25-Anschluss (45.) und in der 53. Minute gar der 28:28-Ausgleich. Herzogenaurach zeigte Nerven und scheiterte mit vielen Einzelaktionen an der nun wieder frühzeitig eingreifenden Defensive der Gastgeber. Mit einem Alleingang hätte Julius Sitzmann zum 32:30 drei Minuten vor dem Ende die Vorentscheidung herbeiführen können, doch er vergab. Kurz danach schwang sich Tobias Hallmann zum Helden auf.

„Nach diesem Erfolg haben wir so richtig Bock auf die Saison“, freute sich Coach Samel, „die Jungs setzen den Tempohandball so um, wie ich mir das vorstelle.“ In der vergangenen Spielzeit hatten es die Eigengewächse aus der HC-Talentschmiede nicht einfach, sie mussten aufgrund von Personalsorgen in einer schwierigen Situation in die Bresche springen. Nun ist die neue Generation in die Führungspositionen, die die alten Leitfiguren wie Tobias Radina und Bernd Zuber (beide stehen noch auf Abruf zur Verfügung) im Sommer freimachten, hineingewachsen. Setzt sich der Lernprozess in diesem rasanten Tempo fort, wird der „HC 2.0“ seinen Fans in dieser Spielzeit noch viel Freude bereiten.

HC Forchheim: Elsner, Schmitt; Engel, Sitzmann (1), Schulz (3), Mückusch, Sekolec (4), Kiesel (2), Hallmann (16/10), Ladwig, Ochs (6), Fürch.

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