Hellers helfen in Kenia

10.1.2015, 06:00 Uhr
Hellers helfen in Kenia
Hellers helfen in Kenia

© Fotos: privat

„Wir hatten uns immer gesagt, wir wollten etwas Sinnvolles tun, sobald die Kinder erwachsen und aus dem Haus sind und wir mehr Zeit haben.“ Vor zwei Jahren besuchte das Arzt-Ehepaar den 79-jährigen Maristenbruder Hans Seubert, der mitten im Victoriasee auf der Insel Mfangano eine Handwerkerschule betreibt (wir berichteten).

„Bruder Hans stammt aus Wimmelbach, lebt aber bereits 28 Jahre in Kenia und wird vom Klinikum Forchheim unterstützt.“Was für den Kindinger und die Fürtherin als Besuch am Äquator begann, entwickelte sich schnell zu einer Hilfsaktion. Denn für die rund 33 000 Einwohner auf dem Eiland gibt es keinen einzigen Arzt. „Wer krank wird, der muss mit der Fähre und über schlimme Lehmpisten in das rund 80 Kilometer oder 18 Stunden entfernte St.-Camillus-Krankenhaus in Karungu.“ Vor Ort gibt es nur eine Basic-Health-Station, „ein einfaches Haus am Ende der Welt, in dem Krankenschwestern sich um die leichteren Fälle kümmern“.

Erfahrung ist gefragt

Im vergangenen Jahr waren die Hellers deshalb als Mediziner in Karungu im Einsatz, allerdings nicht ohne ein Vorbereitungsseminar bei den „German Doctors“. Das Hospital, ein knapp 20 Jahre alter Bau italienischer Architekten, verfügt über ausreichend technisches Gerät, eine Stromversorgung über Photovoltaik und Generator und sogar über eine Trinkwasseraufbereitungsanlage. „Allerdings mangelt es besonders an Verbrauchsmaterial wie Verbänden, Fäden, Spritzen oder Schnelltests für Zucker oder Urin.“ Auch bei den Instrumenten gebe es keine große Auswahl, „aber was da war, das hat für einen erfahrenen Operateur stets gereicht.“

Bei nur einem Beatmungsgerät dürfe man „das deutsche Sicherheitsdenken allerdings getrost vergessen“. In 120 Betten liegen Kenianer auf vier verschiedenen Stationen: Chirurgie, Innere, Kinder- und Frauenheilkunde. „Außerdem gibt es eine Ambulanz für HIV-Infizierte, die sich therapieren lassen wollen.“

Schutz vor HIV wichtig

Für Dr. Franz Heller, der bereits als Oberarzt in den Frauenkliniken in Schwäbisch Hall und Erlangen operiert hat, eine echte Herausforderung. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend kümmert er sich nicht nur um Geburtshilfe oder die Entfernung kilogrammschwerer Gebärmutter-Myome, sondern auch um Unfallverletzte oder Blinddarmentzündungen, „wenn sonst kein anderer Mediziner da ist“.

Da über die Hälfte der Patienten HIV-positiv ist, meist in einer Metzgerschürze, mit Gummistiefeln unter dem sterilen OP-Kittel und Schutzbrille, um den infektiösen Körperflüssigkeiten zu entgehen.

„Das war das erste Mal, dass wir gemeinsam operiert haben“, freut sich die Allgemeinärztin. Eine neue Erfahrung war für die Hellers auch die Tatsache, dass die Patienten mit ihren Angehörigen auf den Zimmern wohnen und sich die Familie selbst um die Pflege kümmert. „Die schlafen sogar im selben Bett.“ Auch die Visite, bei der von der Stammessprache der Luo ins Kisuaheli und weiter ins Englische und wieder zurück übersetzt werden musste, bleiben in Erinnerung.

Am meisten leiden die Einheimischen unter Infektionskrankheiten wie Typhus, Malaria oder Tuberkulose, aber auch an Gehirnhaut- oder Lungenentzündung“, weiß Dr. Stefanie Heller, die besonders in diesem Bereich arbeitet. Das seien oft Folgen des durch HIV geschwächten Immunsystems. „Rund 40 Prozent aller Einwohner haben den Virus in sich, alleine 4000 Aids-Waisenkinder gibt es in der direkten Umgebung.“

Da müsste man als Chirurg besonders vorsichtig arbeiten, um sich nicht selbst zu verletzen. Vielen hätte geholfen werden können, vermutet Dr. Stefanie Heller, aber der Weg ins Krankenhaus sei einfach zu weit. „Einer kam zu uns mit einer schweren Daumenverletzung, aber nach vier Tagen, da war nichts mehr zu machen.“

Zudem gebe es das Problem, dass „die Kenianer in den Tag hineinleben, nicht an morgen denken, und deswegen auch nichts sparen“, so der Frauenarzt, der aus dem oberbayerischen Kinding stammt. Da sei es schon mehrfach vorgekommen, dass Patienten sich erst das Geld für die Fahrt und die Behandlung zusammenleihen mussten, bevor sie ins Krankenhaus gingen. „Obwohl das St.-Camillus-Krankenhaus, getragen vom katholischen Camillianer-Orden, Operationen wie einen Kaiserschnitt für 30 Euro durchführt, die an kostendeckend arbeitenden privaten Krankenhäusern schon einmal über 2000 Euro kosten können.“

Dennoch sei das für die meisten sehr viel Geld. In der Zukunft möchten die beiden die Fortbildung der einheimischen Mediziner vorantreiben. „Die Clinical Officers haben nur eine verkürzte medizinische Ausbildung, sind vor allem für die Diagnose zuständig und legen die Therapie fest, die von den zwei examinierten Ärzten im Haus bei der Visite kontrolliert werden.“ Da gebe es noch viel zu tun. Die ersten Vorbereitungen laufen bereits.

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