Hier finden Obdachlose in Forchheim einen Schlafplatz

17.12.2018, 06:00 Uhr
Hier finden Obdachlose in Forchheim einen Schlafplatz

© Foto: Horst Linke

Sie leben am Rande der Gesellschaft und am Rande der Stadt: Die Zahl der Obdachlosen nimmt deutschlandweit zu (siehe gelber Kasten). Auch Forchheim macht dabei keine Ausnahme.

"Eine hohe Zahl an Obdachlosen" beziffert auch Antje Kahnt, die sich als Sozialpädagogin der Awo vor allem um die Obdachlosen im Haus der "Nicht-Mietfähigen" im Eggolsheimer Weg kümmert. Rund 50 Leute haben hier Platz, momentan, so Kahnt "sind wir bis auf drei oder vier Betten voll". Einzelpersonen ab 18 Jahre und Paare kommen hier unter. Der Großteil, der im Eggolsheimer Weg lebt, sind Männer. Die Stadt Forchheim hat das Haus im Jahr 2011 für 2,5 Millionen Euro in nächster Nähe zur Polizeiinspektion errichten lassen. Rund 1,4 Millionen Euro flossen aus Fördermitteln des Städtebaus.

Doch Obdachlose, das machte GWS-Geschäftsführer Alexander Dworschak vor den Stadträten des Planungs- und Umweltausschusses klar, "das sind nicht immer Nicht-Mietfähige". Verlust des Arbeitsplatzes, Kündigung der Wohnung, private Krisen; ganz schnell, so Dworschak, sei man in einer Abwärtsspirale auf dem Weg nach ganz unten. Der Weg zurück in die Gesellschaft sei indes umso schwerer. Und genau hier will die GWS ansetzen: Weil die Gebäude in der Bammersdorfer Straße im Norden der Stadt "in einem Zustand sind, wo wir handeln müssen", werde dort umgebaut und saniert. Mit dem Ziel, in Forchheim und Umgebung "ein Modellprojekt anzustoßen". Die Lücke zwischen Obdachlosigkeit und Wiedereingliederung in normale Mietverhältnisse will das neue Modellprojekt schließen.

Wohnungen will man anbieten und verschiedene Zimmer, wo Obdachlose Schritt für Schritt den Weg zurück in die Normalität finden sollen. Dazu sei auch geplant, so Dworschak, "die Awo als Subunternehmer mit ins Boot zu holen". "Hilfe zur Selbsthilfe" will man geben und "unterstützend", eingreifen, und zum Beispiel dabei helfen, Anträge selbst auszufüllen, um "selber gut allein klar zu kommen", sagt Antje Kahnt. Das Ziel sei ganz klar definiert, nämlich, "dass die Menschen in normalem Wohnraum unterkommen und den auch dauerhaft behalten". Die Stadträte des jüngsten Planungsausschusses begrüßten das Projekt einstimmig. Rund 40 000 Euro sind für die Umgestaltung der Bammersdorfer Straße 45-51 veranschlagt. Die Kosten sind zu rund 60 Prozent förderfähig. Nun soll ein gemeinsames Konzept erarbeitet werden.

Rund 120 Wohnungsnotfälle gibt es in Forchheim, berichteten die Nordbayerischen Nachrichten im Jahr 2016. "An diesen Zahlen hat sich nichts geändert", so Kahnt. Denn eine genaue Erfassung ist schwierig. Da gibt es zum einen Unterkünfte vor allem im Stadtnorden in der Jean-Paul-Straße, in der Bammersdorfer Straße und Bügstraße, aber auch an der Käsröthe. Unterscheiden müsse man ganz klar zwischen Obdachlosen, die allerdings nicht mehr als obdachlos gelten, sobald sie in einer Wohnung untergebracht sind, und Wohnungsnotfällen. Menschen, die Hals über Kopf ihre Wohnung verlassen müssen, etwa weil die Wohnung zwangsversteigert wird. "Die brauchen dann ganz spontan, quasi auf Zuruf, eine neue Bleibe", so Britta Kurth, Pressesprecherin der Stadt.

Und dann gibt es noch den klassischen Obdachlosen, der auf der Durchreise in Forchheim strandet. Im städtischen Übernachtungsheim in der Kasernstaße findet er ein Obdach. "Unter 0 Grad ab 16 Uhr geöffnet", steht auf dem Schild neben der Eingangstüre. Geöffnet ist von November bis März täglich von 18 bis 21 Uhr, ab April ist samstags geschlossen.

"Herbergsmutter" ist dort seit 13 Jahren Daniela Lindner, die auch die Schicksale ihrer "Pensionsgäste" oftmals hautnah mitbekommt. Etwa dann, wenn Jugendliche nachts einen Schlafplatz suchen, weil die Eltern sie zuhause rausgeworfen haben. Oder aber die Polizei mit einer Frau und deren Kindern klingelt, weil die Kleinen zu groß fürs Frauenhaus sind.

Im dritten Stock, unter dem Dach des ehemaligen Waisenhauses, gibt es ein abschließbares Zimmer mit einem Doppelbett, eine lila Gardine im Fenster verströmt ein wenig Behaglichkeit. Im größeren Raum nebenan haben sieben Betten Platz. Die Bettwäsche ist freundlich in gelb-orange Tönen, drei Kleiderbügel baumeln an der Garderobe. Ein Wäscheständer ist groß genug, um nasse Klamotten aufzuhängen. Ein paar Türen weiter gibt es Toiletten und Duschen.

Einzige Bedingung: Die Unterkunft darf vom "Pensionsgast" maximal an drei Nächten im Monat zum Schlafen und Duschen genutzt werden. Viele "Stammgäste" habe sie, so Lindner, die auf ihrer Tour auch immer wieder in Forchheim Station machen. "Die meisten sind froh, wenn sie ihre Ruhe haben und kommen nur zum Schlafen." Doch manchmal, "da muss ich auch resolut sein", erzählt die 45-Jährige. Etwa dann, wenn ein Schlafgast nachts gegen drei Uhr noch durchs Treppenhaus poltert. Denn Lindner wohnt mit ihrer Familie im selben Haus, eine Etage unter dem Übernachtungsheim. Bis neun Uhr des nächsten Tages müssen die Gäste das Haus wieder verlassen haben. Frühstück oder Verpflegung gibt es nicht. Gerade in den Sommermonaten, so Lindner, seien aber viele bereits ab sechs Uhr in der Früh wieder auf Tour, "abmelden müssen sie sich nicht". Wohl aber anmelden, und zwar mit Namen und Geburtsdatum und einem Blick auf die Hausordnung, die auch im großen Schlafraum hängt. Genauso wie der Hinweis, dass der Hausmeister auch Duschgel für die Gäste hat. "Dann schaut die ganze Sache und der Kerl sauberer aus und die Mitmenschen danken es."

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