Hilfe in Peru: Den Lebenssinn bei den Ärmsten gefunden

21.1.2015, 17:43 Uhr
Hilfe in Peru: Den Lebenssinn bei den Ärmsten gefunden

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Hilfe in Peru: Den Lebenssinn bei den Ärmsten gefunden

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Ein paar Hütten im peruanischen Urwald. Wasser und Strom gibt es nicht, auch keine Straße, keine Schulen, keine Infrastruktur. Die Männer verdienen sich ein klägliches Gehalt als Tagelöhner auf Kaffeeplantagen, es reicht gerade für das Allernötigste. Vor fünf Jahren haben die Familien – sie gehören zu den Asháninkas, einem der ursprünglichen Völker Perus – Juan Yalico und seinen Verein Beit Shalom um Hilfe gebeten. Sie wollten eine Straße. „Doch der peruanische Staat baut nur eine Straße, wenn es ein Dorf gibt“, erzählt Petra Thümmler. Es gab aber nur vereinzelte Gehöfte. „Also musste Beit Shalom ein Dorf schaffen.“

Dafür brauchte es zunächst Grundlagen: Eine Trinkwasserquelle musste gefunden, Leitungen verlegt werden, ein erster, befestigter Weg entstand, eine Brücke wurde gebaut. „Fünf Jahre harte Arbeit mit den Leuten, die erst einmal lernen mussten, sich selbst zu helfen, für ihre Rechte zu kämpfen und ihre Pflichten wahrzunehmen“, sagt die Forchheimerin. Mit vereinten Kräften entstand eine Siedlung, organisiert und finanziert vom Hilfsverein. Inzwischen leben zehn Familien hier. „Damit ist es ganz offiziell ein Dorf, es bekommt eine Straße und Strom.“

Die Familien beginnen, Bananen anzubauen, weil auf der Straße jetzt einmal am Tag ein Auto zu dem Dorf fahren kann, um die Früchte mitzunehmen. Unter der Anleitung von Juan Yalico forsten sie Bambus auf. Die Stämme wachsen schnell und sind ein begehrter Baustoff im Land. „Sie haben jetzt eine Perspektive, jetzt können wir uns ausklinken“, erklärt Petra Thümmler. „Beit Shalom war ihr Zubringer, ihre Brücke, jetzt können sie allein weiter machen.“

Sie, ihr Mann und all die Mitstreiter, die in den vergangenen 25 Jahren mit ihnen zusammengearbeitet haben, müssen in ihrer Hilfsarbeit oft bei Null anfangen. Sie tun es im Vertrauen auf Gott und mit der Hilfe ihrer Freunde, hauptsächlich Menschen aus dem Landkreis Forchheim, die den Verein mit Spenden unterstützen.

Dass sich alles einmal so entwickelt, hatten sie nicht geplant und nicht geahnt. „Eines hat sich aus dem anderen ergeben “, sagt Petra Thümmler. Nach der Schule hatte sie Zoofachfrau gelernt. „Soll es das gewesen sein? Warum lebe ich?“ Diese Fragen stellte sie sich mit 21 Jahren – und entschied sich zur Ausbildung als Krankenschwester. Wenige Jahre später lernte sie den jungen peruanischen Bibelschullehrer und Doktor der Theologie Juan kennen. Sie heirateten und entschieden, nach Peru zu gehen – als Missionare und Helfer. „Wir wurden von niemand ausgesandt“, sagt die heute 54-Jährige.

Das Paar startete 1988 in einem kleinen Dorf im peruanischen Urwald. Petra Thümmler begann mit der Behandlung von Patienten. Gleichzeitig bauten sie ihre „Casa de paz“ – ihre Friedenshütte. Zwei Jahre später wurde das der Name für ihren Verein. „Beit Shalom ist hebräisch und heißt Haus des Friedens“.

Flucht vor den Terroristen

Anfang der 1990er sind Teile von Peru von Terroristen besetzt. Auch das Missionarspaar muss in die Hauptstadt Lima flüchten. Hier beginnen sie mit der Arbeit in den Slums der Metropole. Sie bauen einen Kindergarten mit auf, zementieren eine Fläche für Fußballspiele, helfen Straßenkindern, versorgen die Opfer von Bandenkriegen.

Einige Zeit später wird Juan Yalico von der evangelischen Kirche Perus gefragt, ob Beit Shalom ein Ausbildungsprogramm für junge Theologen anbieten kann. Er sagt zu. Zehn Jahre bildet er Pfarrer aus. Das Besondere: Die Ausbildung findet in Dörfern statt. Dorthin bringen die Studenten nicht nur ihren Glauben mit, sondern auch ihre Arbeitskraft.

Petra Thümmler bleibt in Lima, kümmert sich um ihre drei Kinder, die in die deutsche Schule gehen. Immer wieder nimmt sie Kranke auf. Auch junge Menschen, deren Ausbildung Beit Shalom finanziert, leben bei ihr. „Wenn unsere Kinder das nicht alles so selbstverständlich mitgemacht hätten, hätten wir so nicht arbeiten können“, sagt sie. Inzwischen lebt nur noch die jüngste Tochter, die 17-jährige Avnielah, bei ihr.

Sohn Yoshua arbeitet als Koch auf Borkum, Tochter Hannah studiert Kommunikationsdesign. Avnielah will nach ihrem Abitur im nächsten Jahr eine Ausbildung zur Krankenschwester machen – am liebsten in Forchheim. Dass bis jetzt keines ihrer Kinder in ihre Fußstapfen treten will, macht der Mutter nichts aus. „Sie hatten den Freiraum, in beiden Kulturen aufzuwachsen und sich später zu entscheiden“, sagt sie.

Mit Mitte 50 wollen ihr Mann und sie aber auch noch nicht aufhören. „Es gibt noch so viel Elend um uns herum und solange wir gesund sind, die Kraft haben und unsere Freunde zu uns stehen, machen wir weiter“, sagt sie. Mit welchem Projekt, das weiß sie jetzt noch nicht. „Es wird sich fügen und entwickeln – wie immer.“

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