Holocaust-Überlebender und Spitzenforscher

30.9.2016, 05:59 Uhr
Holocaust-Überlebender und Spitzenforscher

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Professor Roald Hoffmann von der Cornell University in Ithaca im US-Bundesstaat New York (inzwischen emeritiert) wurde 1981 zusammen mit dem Japaner Kenichi Fukui für seine Leistungen im Fach Chemie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Doch der Naturwissenschaftler Hoffmann hat auch eine ganz andere, eine literarisch-dramatische Seite: Hoffmann schreibt Theaterstücke, auch Lyrik. Dabei verarbeitet er immer wieder seine eigene, äußerst dramatische Lebensgeschichte.

Das Ensemble des Fränkischen Theatersommers unter der Regie von Jan Burdinski führt Hoffmanns Stück „Was euch gehört“ (Originaltitel: „Something that belongs to you“) nicht zum ersten Mal auf. Schon vor zwei Jahren stand es auf dem Programm, 2015 noch einmal. Zum ersten Mal kommt es in Forchheim auf die Bühne, wie Jan Burdinski unserer Redaktion sagte. Der Kontakt zu Roald Hoffmann kam über einen Bayreuther Kollegen des Professors zustande, Hartmut Frank, der das Stück auch ins Deutsche übersetzte.

Alltägliche Szenerie

Die Szenerie, so Burdinski, „ist ganz alltäglich: eine Auseinandersetzung am Familientisch“. Drei Generationen treten auf, wobei die 81-jährige Großmutter stellvertretend für die Mutter des Autors Hoffmann und ihre Alters- und Leidensgenossen steht.

Hoffmann wurde 1937 als Roald Safran in eine jüdische Familie im damals polnischen Galizien hineingeboren. Bis 1918 hatte es zu Österreich-Ungarn gehört. Im Zweiten Weltkrieg vernichteten die deutschen Besatzer systematisch, und so auch in Hoffmanns Heimatstadt Złoczów bei Lemberg, die jüdische Bevölkerung. Hilfe erhielten sie hier von ukrainischen Nationalisten. Später fiel Ost-Galizien an die siegreiche Sowjetunion und wurde der ukrainischen Sowjetrepublik zugeschlagen. Heute gehört es zur unabhängigen Ukraine, die Stadt heißt nun Solotschiw.

Roald und seine Mutter überlebten die Pogrome. Die meisten Verwandten dagegen wurden ermordet, auch der Vater. Er konnte gerade noch dafür sorgen, dass Sohn und Ehefrau auf dem Dachboden einer Schule versteckt wurden. Eineinhalb Jahre harrten sie dort aus. Danach noch ein halbes Jahr im Keller. Nach dem Krieg, 1946, flohen sie vor den neuen Herren in den Westen, gelangten über München in die USA.

Das Stück „Was Euch gehört“ thematisiert aber eigentlich nicht die Täter, so Burdinski. Es stellt vielmehr die Auseinandersetzung in den Familien der Überlebenden in den Mittelpunkt, die es oftmals nicht schafften, ihre Geschichte gegenüber den eigenen Nachkommen aufzuarbeiten. Das Vergessen, Erinnern und Vergeben treten in den Vordergrund.

Immer wieder sind in der Rückblende Szenen von jenem Dachboden zu erleben, hier spielen sich die Alpträume der Großmutter ab. Die nächste und die übernächste Generation tun sich schwer, mit Omas Dämonen fertig zu werden: „Wie gehen die Nachgeborenen damit um“, sagt Jan Burdinski, diese Frage thematisiert Hoffmanns Stück.

Burdinski weist aber auch auf einen anderen Punkt hin, das die Aufführung so aktuell macht: Das Drama spielt in der Ukraine, einem europäischen Krisenherd; es geht um Nationalismus und Rassismus, um Russen, Polen, Ukrainer, Deutsche, um die Verfolgung religiöser Minderheiten — nichts davon ist uns Heutigen fremd.

Vorstellungsbeginn ist um 10 Uhr. Die Forchheimer Gymnasien wurden speziell eingeladen. Doch ist die Vorstellung offen für jedermann. Karten zu 15 Euro können bei der Buchhandlung Streit in Forchheim erworben werden. Roald Hoffmann wird vor Beginn Fragen des Publikums beantworten, sagt Jan Burdinski, möglicherweise auch im Anschluss. Um 12.30 Uhr ist der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt vorgesehen.

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