Im Königsbad sind die Wasserrohre inkontinent

21.7.2017, 06:00 Uhr
Jörg Mann (li.) und Christian Lenkl vom Königsbad zeigen die notdürftig kaschierten Mängel in einer Dusche.

© Roland-Gilbert Huber-Altjohann Jörg Mann (li.) und Christian Lenkl vom Königsbad zeigen die notdürftig kaschierten Mängel in einer Dusche.

Rechtsanwalt Klaus Waldmann aus Nürnberg, spezialisiert auf Baurecht, trug den Stadträten einen Teil der aktuellen Rechtsstreitigkeiten vor, welche er für die Stadt mit Architekten, Handwerkern und Versicherungen derzeit ausficht. Gute Nachrichten waren nicht dabei.
Besucher des Königsbades haben sich vielleicht über blaue Folien gewundert, die mit Klebestreifen auf die Fliesen gepappt sind. Sie fragten sich eventuell, warum immer wieder Löcher in die Wände geschlagen sind, warum der Putz bröckelt oder warum die Wände feucht sind wie Schwämme.

Die schlimmsten Probleme machen seit geraumer Zeit die Wasserrohre im ganzen Haus: in Wänden, Decken und Böden. Das Problem ist: Das in ihnen transportierte Wasser wird permanent zur Desinfektion mit Chlordioxid versetzt. Diese Kombination ließ die Rohre über die Jahre porös werden: Sie können buchstäblich das Wasser nicht mehr halten.

Noch mehr Ungereimtheiten: Es existiert eine zweite Desinfektion, eine thermische. Das ist, so Waldmann, wie „ein Hosenträger zum Gürtel“, also unnötig. Warum diese zwei Anlagen überhaupt parallel eingebaut wurden, könne ihm aber niemand sagen. Wer hat Schuld? Das ist die Gretchenfrage. Und alles andere als einfach zu beantworten. Waldmann sagte, die Handwerker könnten nicht belangt werden, selbst wenn ihnen schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden könnte. Denn: Die Haftungsfrist ist verjährt.

Stadt will nicht zahlen

Nicht verjährt ist die Architektenleistung. Nur: Um einen Planer für einzelne Mängel haftbar machen zu können, muss ihm die Stadt nachweisen, dass er einen vermeidbaren Fehler gemacht hat. Deswegen werden zwar im Königsbad seit geraumer Zeit alle möglichen Mängel dokumentiert, aber nicht gleich beseitigt. Das ist das so genannte Beweissicherungsverfahren. Würden die Mängel gleich behoben, stellte sich unter anderem sofort die Frage, wer dafür aufkommt. Die Stadt will natürlich nichts zahlen für einen Schaden, den sie nicht zu verantworten hat.

Deswegen sei in Sachen Rohre die große, noch nicht per Gutachten beantwortete Frage: Konnte der Planer bei der Ausschreibung der Gewerke wissen, dass die verwendeten Rohre der permanenten „Beaufschlagung“ des Wassers mit Chlordioxid auf Dauer nicht standhalten würden? Der Rechtsanwalt meint: Ja, es habe derartige Hinweise in Fachzeitschriften gegeben. Der Handwerker, der die Rohre verlegte, hätte darauf aufmerksam gemacht werden müssen. Wahrscheinlich hätte auch der Handwerker selbst den Planer darauf hinweisen müssen.

Die Rohre würden auch in anderen Bädern benutzt. Nur werde dort nicht „permanent“ Chlordioxid beigesetzt, sondern nur in bestimmten Abständen. Um Abhilfe zu schaffen sollen die alten Rohre in den Wänden bleiben, aber abgeklemmt, und die neuen Rohrleitungen sollen im Auf-Putz-System offen verlegt werden. Das Bad muss dafür mehrere Wochen geschlossen bleiben. Das heißt: Ausfall von Einnahmen und Pacht, aber fortlaufende Gehaltszahlungen.

Das ist aber nicht der einzige Rechtsstreit, bei dem es im Übrigen um eine Summe im Bereich von mehr als einer Million Euro geht. Im Eingangsbereich wurde seinerzeit ein Wasseranschlussrohr zum WC erst vergessen und dann nicht sachgerecht verlegt. Es platzte beim Verdichten des Estrichs und wurde notdürftig repariert. Die Frage ist, ob die Stadt das Rohr unsachgemäß verlegt behalten und damit möglicherweise ein Risiko eingehen will, oder ob sie darauf besteht, das Rohr korrekt zu verlegen. Das erfordert dann eine größere Baumaßnahme.

Die städtische Hochbauexpertin Sigrun Wagner legte Wert auf die Feststellung, das städtische Bauamt sei mit dem Bau des Königsbades „nicht beschäftigt“ gewesen, „erst, als es zu den Mängeln kam“. Von denen auch hier noch nicht einmal alle aufgezählt sind. Die Stadträte waren geplättet.

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