"In Forchheim fehlt ein Kümmerer"

15.2.2018, 06:00 Uhr

© Fotos: Anestis Aslanidis

Eine erfolgreiche, zukunftsfähige Gemeinde braucht Arbeitsplätze, eine gute Verkehrsanbindung, einen soliden Haushalt, ein gutes Image und . .. . ach ja, junge Menschen. Am besten solche, die sich engagieren, die aktiv sind, die am Gemeindeleben teilnehmen und es mitgestalten. Doch dafür braucht es Angebote und Kanäle, die die Jugendlichen nutzen können, um genau das zu tun. Jugendarbeit ist folglich ein wichtiger Standortfaktor.

Einer, der in Forchheim aber seit einiger Zeit aus dem politischen Blickfeld rutscht, bedauert der Kreisjungendring. "Leider wird die Jugendphase derzeit zunehmend vernachlässigt", beschreibt Ursula Albuschkat, Geschäftsführerin des Kreisjungendrings. Für die jüngeren Altersgruppen, etwa Krippen- oder Kindergartenkinder, würde in der Stadt viel passieren.

Für die Teenager treffe das aber nicht im gleichen Maße zu. "Es gibt den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Einen Anspruch auf einen Jugendtreff gibt es nicht", versucht sie die Situation zu beschreiben. "Es fehlt ein Kümmerer."

Dieser könnte in Gestalt eines Jugendpflegers antreten. Er oder sie würde eine Schnittstellenfunktion übernehmen und die Jugendlichen, die Stadtpolitik, Eltern, Schulen und Vereine vernetzen.

Er oder sie müsste analysieren, wo welcher Bedarf vorhanden ist, wohin Forchheim langfristig mit der Jugendarbeit will und bei Problemen vermitteln. Auch wichtig: Den Jugendlichen zur Seite stehen und gleichzeitig ihr Engagement wachhalten.

"Wir plädieren seit Jahren dafür", sagt Albuschkat. Auch die Jugendhilfe würde einen Jugendpfleger befürworten. Passiert ist in den vergangenen Jahren jedoch nicht viel. Zwar schrieb die Stadt 2011 eine entsprechende Stelle aus. Nach kurzer Zeit jedoch schmiss der eingestellte Jugendpfleger wieder hin.

2013 kam für ihn Josef Lypp, der lange Zeit das Jugendhaus geleitet hatte. Als er wegen Krankheit ausfiel, sprang der KJR mit einer halben Stelle ein. Fragt man bei der Stadt nach, verweist sie bei dem Thema auf die Einrichtungen, die "gute Arbeit" leisten, darunter das Jugendhaus, die Offene Jugendarbeit Forchheim Nord und den Kreisjugendring.

Und es gebe den Jugendbeauftragten im Stadtrat: Josua Flierl. Er ist Ansprechpartner für die Jugendlichen, trägt ihre Belange in den Stadtrat, stößt Projekte an und geht an die Öffentlichkeit. Doch er ist ehrenamtlich tätig, sein Aufgabenprofil deckt sich nicht mit dem eines Jugendpflegers.

Wäre ihm so ein Kollege oder eine Kollegin hilfreich? "Derzeit vermisse ich keinen", sagt er. "Die Jugendarbeit in Forchheim läuft gut." Grundsätzlich könne mehr Personal nicht schaden. Aber: "Die Verbände und Vereine in Forchheim decken ein breites Portfolio für die Jugendlichen ab."

Ein Argument, dass Ursula Albuschkat und Kolleginnen und Kollegen der Jugendverbände schon oft gehört haben. Sie vermissen jedoch ein Gesamtkonzept, eine Strategie, die die Zukunft der Jugendarbeit vorgibt und klare Ziele steckt.

OB Uwe Kirschstein (SPD) zeigte sich in der Vergangenheit zwar offen, eine solche Position zu schaffen — "ohne Jungendpfleger schläft das Engagement ein", sagte er in einem NN-Gespräch im Jahr 2016. Auf die Frage, warum in den knapp zwei Jahren noch nichts passiert sei, hieß es aus dem Rathaus lediglich, es sei "kein neuer Sachstand eingetreten".

Liegt es womöglich am Geld? Damit sich auch klamme Gemeinden einen Jugendpfleger leisten können, gibt generell der Landkreis Hilfestellung und stemmt auf Dauer 25 Prozent der Personalkosten.

Auch das Amt für Jugend, Familie, Soziales und Senioren am Landratsamt fände einen Jugendpfleger in Forchheim sinnvoll — will der Stadt aber nicht reinreden: "Das ist Sache der Gemeinde", heißt es.

Forchheims kleinere Nachbarn haben schon vor Jahren Jugendpfleger beziehungsweise -pflegerinnen eingestellt: Eggolsheim, Neunkirchen, Gräfenberg und Weißenohe teilen sich einen, und jüngst auch Gößweinstein. Im Markt Eggolsheim hat man damit gute Erfahrungen gemacht. Acht Jugendtreffs gibt es dort insgesamt. Schon 2004 wurde das Amt eingeführt.

Das Ziel: die Jugendarbeit zu koordinieren, eine Strategie dafür zu entwickeln, das Engagement der jungen Leute und die Kommunikation mit Rathaus, Eltern, Schulen und Vereinen zu fördern.

"Der Jugendpfleger ist dazu da, ein Netzwerk aufzubauen", erklärt Teresa Borek. Seit vier Jahren übt sie das Amt aus. Als sie vor vier Jahren anfing, erarbeitete sie zuerst einmal ein Konzept mit kurzfristigen und langfristigen Zielen. "Es ist wichtig, vor Ort den Bedarf zu ermitteln", sagt sie.

Wie wichtig das ist, zeigt auch das Beispiel Neunkirchen. Im vergangenen Jahr wurde hier der vormals marode und dann ausgelagerte Jugendtreff neu eröffnet. Rund 170 000 Euro hat die Marktgemeinde in den Umbau und die Modernisierung investiert.

Und: Jugendpflegerin Vanessa Nadler entwickelte zudem ein neues Betriebskonzept. Es gibt mittlerweile ein Jugendforum, Mädelsabende, offenes Krafttraining an der Mittelschule und der örtliche Automobilclub 1. ACN bietet "Schrauberkurse" zum Aufmöbeln alter Zweiräder an.

In Forchheim hingegen schloss 2013 der Treff Mosum — wegen Baufälligkeit, aber auch wegen fehlendem Engagement: Es gab keine Jugendlichen, die ihn am Laufen hielten.

Auch der Treff in Reuth schlief irgendwann ein. Dabei ist Forchheim ein Ballungsraum, die Bevölkerung wächst, es ziehen viele zu.

"Es braucht jemanden, der die jungen Leute bei der Stange hält", sagt Kreisjugendpflegerin Albuschkat. Dieser jemand fehlt aber noch in Forchheim.

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