Kein Hitlergruß am Bahnhofsplatz

25.10.2010, 18:05 Uhr

So ganz und gar nicht passt die Persönlichkeit des Industriekaufmannes zu einem Hitlergruß und einem „Sieg-heil“-Ruf auf dem Bahnhofsplatz. Dass jedenfalls sollen Schriftstücke belegen, die sein Verteidiger Jugendrichter Philipp Förtsch vorlegt. Der Vorwurf: Verwendung von Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen. Empfehlungsschreiben vom Ortsvorsteher seiner Heimatstadt, seiner vielen Vereine und seines Parteivorstandes waren mitgebracht worden.

Trotzdem steht die Aussage eines Forchheimer Polizisten im Raum, der am 1. Mai diesen Jahres Dienst hatte und zum Bahnhof in Forchheim gerufen wurde: Eine Gruppe schwarzgekleideter Rechter soll mit dem Zug angekommen und fahnenschwingend in die Innenstadt unterwegs sein.

Diese Truppe gab es tatsächlich. Sie hatte den Bahnhof beim Eintreffen der Polizei aber bereits verlassen. Stattdessen war dort der Tauberbischofsheimer mit seinen Freunden in schwarzen T-Shirts angekommen, um nach einem Junggesellenabschied auf den Kellern den Heimweg anzutreten.

Gerade als der Polizeiwagen die Truppe passierte, soll der Angeklagte den Arm zum Hitlergruß ausgestreckt haben. Auch ein „Heil“ will der Beamte durch das offene Fenster gehört haben, konnte es dem Angeklagten jedoch nicht genau zuordnen. Bei der Armbewegung ist er sich jedoch sicher, auch wenn sein Kollege neben ihm nichts mitbekommen hat.

Der Angeklagte bestreitet vehement. Gestenreich schildert er, welch Schock die seiner Meinung nach rüde Behandlung durch die Polizei und die falsche Verdächtigung war.

Aus dem Lebenslauf des engagierten Gemeindemitglieds schließt Richter Förtsch, keinen Neonazi vor sich zu haben und stellt das Verfahren ein. In seinem Schlusssatz versucht er den Angeklagten noch zu beruhigen: Die Polizei habe mit schwierigen Rahmenbedingungen zu kämpfen. Die Anklage solle er sich nicht zu Herzen nehmen.STEFAN BERGAUER