Kraft durch Luft

2.12.2014, 10:00 Uhr
Kraft durch Luft

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„Der Kiai ist eine Art Urschrei, vergleichbar mit dem Löwengebrüll. Es geht aber nicht nur um Einschüchterung. Im Karate beispielsweise unterstützt der Kiai die Technik, um noch viel mehr Kraft auf einen Punkt zu bringen. Im Aikido wird er benutzt, um den Gegner kurzfristig zu verwirren. Bei perfekter Ausführung wird die in Tiefenatmung gesammelte Energie auf einem Punkt konzentriert. Der Gegner ist einen Moment lang überrascht und tatsächlich körperlich starr, selbst erhält man die Gelegenheit, eine Technik auszuführen.

Tiefenatmung heißt in diesem Fall: Der Atemstoß kommt aus dem Hara, dem Bauch. Kiai bedeutet wörtlich ,Einheit der Energie‘ oder ,Ansammlung der Kraft‘, womit eben nicht nur die körperliche, sondern auch die Atemkraft und somit geistige Kraft gemeint ist. Dass im Atem Kraft steckt, weiß man schon lange. 500 Jahre vor Christus gab es in China schon Atemübungen bei den Vorläufer-Bewegungen des heutigen Tai Chi, um Kraft, Gleichgewicht und Ausdauer zu verbessern. Eine Lehre daraus ist, auch im Alltag grundsätzlich bei Belastung auszuatmen. So kann man viel mehr Kraft entwickeln, Pressatmung erhöht nur den Blutdruck.

Auch im Aikido machen wir diese Atemübungen — unter anderem, um den Körper zu reinigen. Man atmet unter Einsatz der Bauch- und Rumpfmuskulatur tief in den Bauch. Damit wird mehr Lungenvolumen genutzt und der Stoffwechsel angeregt. Weil wir mehr Sauerstoff aufnehmen, steht uns auch mehr Energie zur Verfügung. Der Kreislauf beruhigt sich, und die Pulsfrequenz nimmt ab. Ein Beispiel: Vor 30, 40 Jahren hatte ich beim Schwimmen immer Probleme mit dem Tauchen und hatte nur Luft für sechs oder acht Meter. Heute, nach vielen Jahren des Übens der Tiefenatmung, komme ich mit einem Atemholen 20 Meter weit, obwohl ich kein spezielles Tauchtraining absolviert habe.“

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