Künstler im Landkreis Forchheim ließen in Ateliers blicken

14.5.2018, 18:00 Uhr
Künstler im Landkreis Forchheim ließen in Ateliers blicken

© Foto: Udo Güldner

Das ganze Anwesen in Bräuningshof ist ein einziges Atelier. Im Dachgeschoss fällt das Licht durch große Glasflächen direkt in einen Raum, der ganz der Malerei gewidmet ist. An den Wänden sieht man ausdrucksstarke Porträts einer brasilianischen Schönheit namens Roxana. Die hat Ursula Frischengruber (79) in Buenos Aires kennengelernt, wohin ihr Ehemann beruflich für über ein Jahrzehnt versetzt worden war. In Argentinien hat die Keramikerin mit rheinländischen Wurzeln ihr Handwerk gelernt und es zur Kunst fortentwickelt.

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© Foto: Udo Güldner

Im Erdgeschoss sind Wohnung und Galerie eine geniale Symbiose eingegangen. Im Keller hat sie ihre Werkstatt. Dort rückt sie den Tonbergen mit dem Holzscheit zu Leibe. Während des Offenen Ateliers allerdings wartet das Material unter einer vor Austrocknung schützenden Plastikfolie auf den nächsten Schlag. Nur eine Drehscheibe sucht man vergeblich, und Glasuren vermeidet Frischengruber. Damit es nicht den Charme des Einzigartigen einbüße. Nebenan musste Ehemann Kurt sogar seinen Billardtisch opfern, damit all die kleinen Plastiken Platz finden. Die Geduld und die Kraft für große Werke finde sie nicht mehr.

Das Glanzstück ist jedoch der Garten, der voller Plastiken steckt, die ihre antiken Wurzeln nicht verbergen wollen. Eine Daphne, die sich gerade in einen Lorbeerbaum verwandelt, um den Nachstellungen Apollons zu entgehen. Eine der Hesperiden, die trotz der magischen Äpfel, die ewige Jugend verhießen, inzwischen durch die Witterung gealtert ist. Einige Nymphen, die zum Quak-Konzert eines Frosches von nebenan durch das Gras tanzen. Schon früh hat sich Frischengruber mit dem Tode befasst. Davon zeugen nicht nur die Totenmasken im Blumenbeet, sondern auch eine Totemfigur aus roten Ton, die hinter sich den Blick auf Schloss Atzelsberg freigibt und eine Verbindung zwischen Natur und Kunst andeutet.

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© Foto: Rolf Riedel

Es ist ein großer, lichter Raum mit einem atemberaubenden Ausblick. Vom Atelier Karin Dörrs (67) am Rande Großenbuchs kann man über schier endlose Wiesen hinweg nicht nur Neunkirchen sehen, sondern auch Hetzles. Der Blick der Malerin geht allerdings viel weiter. Das zeigen die Acrylbilder an den Wänden. Da erzählt eine Serie von wimmelnden Unterwasserwelten, eine andere von der planetarischen Einsamkeit, wieder eine andere wüster Einöde.

Und doch herrscht auf allen Leinwänden eine gespenstische Ruhe. Vielleicht, weil die Malerin sich mit der Mal- und Wachskreide in menschenleere Gefilde geflüchtet hat. Es ist diese Beruhigung, die Dörr beim Umgang mit Pinsel und Farbe sucht. Nach Jahrzehnten im Schuldienst als Werk-, Kunst- und Sportlehrerin an Haupt- und Mittelschulen, die für die gebürtige Westfälin alles andere als erholsam, entspannend, beruhigend waren. Erst mit der Pensionierung griff sie ihren Kindheitstraum wieder auf, sich selbst im Bilde wiederzufinden.

Vor ihr auf dem Arbeitstisch liegt ihre neueste Komposition. Es ist, wie die Künstlerin erzählt, eine Collage, die bei der letzten Jordanien-Reise in ihrem Kopf entstanden ist. Die geometrischen Formen deuten auf die sagenhafte Felsenstadt Petra hin, wo ihr Ehemann für die Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg archäologische Ausgrabungen durchführt.

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© Foto: Rolf Riedel

Im Igensdorfer Ortsteil Oberrüsselbach liegt das Atelier der freischaffenden Künstlerein Kerstin Kassel. Nachdem sie ihre Neigungen und Fähigkeiten erkannt hatte, besuchte sie einige Jahre die Accademia di Belle Arti in Florenz und bildete sich als akademische Künstlerin in Meisterkursen fort. Kerstin Kassel sieht die vorgeschichtlichen Höhlenzeichnungen als einfachste Bilddarstellung der Geschichte des Menschen. Sie sieht das Archaische, das pure unverfälschte Leben und gewinnt daraus den Einfall und die Kraft, dies bildlich darzustellen. Dafür spricht ihre neueste Serie von fünf Zeichnungen, die auf eindrucksvolle Art das Leben in der Wechselbeziehung von Tier und der Menschlichkeit überzeugend darstellen.

Nur einige Meter weiter hat der Objektkünstler und Galerist Tilman Oehler sein Atelier. Der ehemalige Kunsterzieher hat sich einem künstlerischen Stil verschrieben, der sich der festgelegten Definition und meist auch der historischen oder ästhetischen Regelhaftigkeit entzieht.

Für den einen sind seine Objekte höchste Bewährung und Summe der Kunst, doch der nächste mag den gleichen Wert in der Farbgebung oder der plastischen Form erkennen. Tilman Oehler hat zusammen mit Menschen mit Behinderung Essgefäße aus Steingut geschaffen, die sich ganz individuell in Form, Größe und Farbe unterscheiden. Alle sind sie nach dem gleichen Muster und den Vorgaben händisch gestaltet.

In Gräfenberg, in der Bahnhofstraße 30 hat der Maler und Kunsterzieher Wolfgang Mages im Jahr 2011 sein lichtdurchflutetes Atelier eröffnet. Dort zeigt der in Kelheim geborene Künstler seine von Formen losgelösten Ölgemälde. Bei Mages sind keine graphischen Elemente zu erwarten. Flächige Farbelemente ohne jegliche Kontur wechseln sich ab und verbinden sich zu räumlicher Wirkung. Inzwischen hat er seine Liebe zum Siebdruck entdeckt. Derzeit präsentiert er in seinem Atelier neue Landschaftssiebdrucke, die kräftige Farben in transparenten Schichten zum Leuchten bringen.

 

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