Lämmerhirt hat seine aufmerksam lauschende Herde im Griff

29.11.2015, 18:27 Uhr
Lämmerhirt hat seine aufmerksam lauschende Herde im Griff

© Foto: Udo Güldner

Wenn Lämmerhirt von Sehnsucht singt, wirkt er erschöpft, und das Atmen fällt ihm schwer. Zumindest lautet so der Text eines seiner Lieder, die der Liebe zu anderen Menschen und zum Meer gewidmet ist. Freundschaft und Freiheit durchziehen wie eine rote Saite die Klangwelt des Mannes, der seit über 40 Jahren auf der Bühne steht, und der noch immer mit seiner rauchigen, unverwechselbaren Stimme begeistert.

„Den trockenen Hals bekomme ich, sobald ich beim Auftritt nervös werde.“ Mit seinem Instrument erreicht Werner Lämmerhirt eine schier orchestrale Klangfülle, einen tief von unten kommenden Groove, der sich unmerklich festsetzt und eine rhythmische Vielfalt, die Walzer und Boogie Woogie einander umarmend tanzen lässt. Mit drei verschieden gestimmten Gitarren, Stahl ummantelten Fingerkuppen und dem Gespür für die Macht der Melodie schlägt er in „Wie der Hase so läuft“ einen Haken nach dem anderen, bis die Zuhörer von der glänzenden Technik und der musikalischen Kennerschaft ganz lange Ohren bekommen.

Eine langjährige musikalische Beziehung verbindet Lämmerhirt mit Robert Allen Zimmerman, der sich später Bob Dylan nannte. Dessen auf drei Akkorde aufgebaute Songs seien genial einfach und doch irgendwie mystisch gewesen. Bei ihm habe er „ganze Strophen geklaut“ und sich in allerlei Anspielungen versucht.

Gelingen ihm die Titel, die er im Gegensatz zu früheren Jahren einzig in deutscher Sprache intoniert, dann huscht ein Lächeln über Lämmerhirts sonst sehr ernstes Gesicht. Natürlich ist er nicht mehr der junge, wilde Rebell. „Große Schnauze, meist zu laut.“ Auch die langen Haare sind dem Liedermacher ausgegangen. Nicht aber die Ideen, die aus dem Revolutionär mit Klampfanfall einen altersweisen Grübler gemacht haben, dem die Stürme des Lebens und die Ironie nicht fremd sind. So hat er inzwischen ein „Rentner-Picking“ erfunden, mit dem er bis ins hohe Alter auftreten will. „Es ist nicht so schnell und nicht so schwer. Ein Titel kurz vor dem Einschlafen.“ Schließlich komme er so langsam in die Jahre . . .

Das Konzert im Kulturkeller wird auch eine humorvolle Hommage an seine großen Vorbilder, an Django Reinhardt und dessen Gipsy Swing, an Don Ross und seine Mischung aus Jazz und Rock, und an seinen vor vier Jahren verstorbenen Gitarrenbauer Knut Welsch aus Erlangen. Über zwei Stunden hat der Spaziergang durch Blues, Folk und Jazz an der sanften Hand Werner Lämmerhirts gedauert. Jeder Schritt war ein Erlebnis, musikalisch und menschlich. „Jeder Ärger hat mal ein Ende. Und jeder Blues ist mal vorbei.“

Keine Kommentare