"Laufer Mühle" expandiert wohl nach Ebs und Forchheim

8.10.2018, 10:45 Uhr

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Der Diplom-Sozialpädagoge Thiem gründete das Unternehmen vor nahezu 30 Jahren zusammen mit drei Gleichgesinnten. Mittlerweile ist die Laufer Mühle nicht nur als soziotherapeutische Einrichtung in der ganzen Metropolregion bekannt, sondern mit ihren 17 Betriebsstätten auch ein wichtiges Ausbildungs- und Qualifizierungsunternehmen.

Eine weitere Expansion ist auch im Landkreis vorgesehen: In Ebermannstadt und auch in Forchheim sollen Sozialkaufhäuser entstehen. In Ebs sind entsprechende Gespräche mit der Stadtverwaltung bereits am Laufen. Zudem plant die Laufer Mühle, die Beratungsfunktion der Caritas, die sich zurückzieht, in Forchheim zu übernehmen.

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Thiem beschönigte nichts, als er von seiner nicht unbedingt alltäglichen Biographie erzählte. „Ich bin trockener Alkoholiker und seit 35 Jahren suchtfrei. Dazu stehe ich.“ Was er seit der Zeit, in der er den Absprung geschafft hat, geleistet hat, ist außergewöhnlich. Zusammen mit drei Kollegen gründete er die Laufer Mühle, um Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind, in der er war, zu helfen. Beim Sozialversicherungsträger, der Regierung von Mittelfranken, stieß er mit seinem Anliegen auf offene Ohren.

In der Anfangszeit konnte die Laufer Mühle 28 Therapieplätze bieten, hatte fünf Mitarbeiter an einem Standort und wies 400.000 Euro an Umsatz aus. 2018 stehen 145 Therapieplätze zur Verfügung, 170 Mitarbeiter kümmern sich in den Strukturen von fünf Therapieprozessen um die Bewohner, an zehn Standorten sind 200 Beschäftigungsplätze entstanden, der Umsatz beläuft sich auf 8,5 Millionen Euro.

Früher Einstieg

Warum wird jemand suchtkrank, ab wann ist jemand gefährdet? Thiem ging ausführlich auf diese Fragen ein. „Der Einstieg erfolgt heute teilweise schon im Alter von acht Jahren“, wusste er zur Überraschung der zahlreichen Zuhörer zu berichten. „Da muss man dann im Alter von 14 Jahren von Abhängigkeit sprechen. Sucht ist die Suche nach etwas, was ich nie bekommen habe. Das sind Dinge wie Liebe und Zuneigung. Es wird niemand aus Jux und Tollerei süchtig.“

Ausführlich ging er auf die tägliche Arbeit mit den 150 Bewohnern in der soziotherapeutischen Einrichtung ein, in der nicht nur Suchtkranke, sondern auch Menschen mit psychischen Erkrankungen und Langzeitarbeitslose betreut werden. Mit den Betroffenen werden individuelle Zielvereinbarungen getroffen, die Behandlung dauert im Regelfall etwa ein Jahr. In einem bundesweiten Ranking in Bezug auf die Rückfallquote belegt die Laufer Mühle im positiven Sinne einen vorderen Platz.

Wenn absehbar ist, dass die Betroffenen in ihrem früheren beruflichen Umfeld nicht mehr zurechtkommen, haben sie die Möglichkeit einer Beschäftigung in einer der sozialen Betriebe der Laufer Mühle. Die Firmen sind in den Bereichen Produktion, Handel, Handwerk und Dienstleistungen in den verschiedensten Branchen tätig. So gibt es neben fünf Kaufhäusern, drei Cafés und verschiedenen Handwerksbetrieben – sowie auch das Verlagswesen mit fünf verschiedenen Publikationen.

„Mode macht Mut“ lautet das Motto eines Sonderprojektes, bei dem in der Bamberger Innenstadt ein Modegeschäft eröffnet worden ist.
118 Mitarbeiter kümmern sich in den Betrieben, „die sich alle selbst tragen müssen“ um die Wiedereinsteiger, die einen Betreuungsplatz innehaben. „Wie lange halten die Mitarbeiter den Druck bei der Arbeit mit den Suchtkranken aus?“, wollte Stadtrat Erwin Horn in der anschließenden Fragestunde wissen. „Im Regelfall sehr lange“ konnte Thiem antworten, „aber es gibt auch welche, die nach kurzer Zeit sagen, dass sie das nicht aushalten“.

Immer schwieriger gestalte sich zudem die Gewinnung von neuen Mitarbeitern. „Wenn wir früher einen Job in der Therapie ausgeschrieben hatten, bekamen wir 50 Bewerbungen, heute sind es zwei bis drei.“ Zur Frage der Finanzierung erklärte Thiem, dass hier der Sozialversicherungsträger und auch Wohlfahrtsverbände bereitstünden.
Ältere Menschen, denen der Sprung zurück in ein unabhängiges Leben schwerfallen würde, können in den Räumlichkeiten der Laufer Mühle in Adelsdorf im Rahmen des Konzeptes „Lebensgemeinschaft“ in einer kleinen Gruppe von zehn bis 15 Personen auf Dauer leben. Die Alternative wäre ein Altenheim, „doch dort sind die Mitarbeiter mit suchtkranken Menschen überfordert“ sagt Thiem, der für seinen Vortrag lange anhaltenden Applaus erntete.

 

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