Lehrstück in Sachen Depression

11.10.2015, 15:17 Uhr
Lehrstück in Sachen Depression

© Foto: Udo Güldner

Auf der Bühne herrscht schwarz-weiße Tristesse. Kein heiterer Blick, kein scheues Lächeln, kein aufmunterndes Wort. Stattdessen leere Blicke, starre Mimik, harte Sätze. „Schlaf und Tod sind mir das Erstrebenswerteste,“ klingt der schneidende Monolog, der den Auftakt zu sieben szenischen Bildern schafft. Dazu kontrastreich heiter-mozärtliche Rokoko-Klänge.

Im Mittelpunkt nicht nur einfach traurige, sondern depressive Menschen. Die um sich selbst kreisen und in sich selbst festsitzen. Die sich nach menschlicher Nähe sehnen und zugleich jede Annäherung abwehren.

So wie ein 29-Jähriger, der noch auf dem Bauernhof der Eltern lebt, der sich ständig beobachtet fühlt und dem alles zuviel wird. „Jetzt strengt alles nur noch an.“ Menschen, die im Strudel von Stress und Krankheit, von Burnout und Mobbing, von Suizidgedanken und Geldgier in den Abgrund gesogen werden. Oder die hypochondrische Badeaufsicht, die sich ein stinknormales Leben wünscht. Ein Waschzwang und die Furcht vor Krankheitserregern erregen das Gemüt der jungen Frau, deren ärgste Feinde Rost, Polio und Zecken sind.

„Mir wird alles zuviel. Es frisst mich auf. Es geht nicht - und es geht immer weniger,“ so das trostlose Fazit, das zwischen Gefühl- und Hoffnungslosigkeit schwankt. Es nimmt eine Intensität an, dass ein normales Leben nicht mehr möglich ist. Es zeigt, dass alt und jung, frau und man davon betroffen sind. So wie der 74-Jährige, der von privaten, beruflichen und gesundheitlichen Schicksalsschlägen getroffen, sich in den Alkohol flüchtet, um „der diffusen, richtungslosen Angst vor dem Leben“ und dem Alter zu entkommen.

Punktgenaue Texte

Obwohl sich die Protagonisten in einem selbstgespannten Netz verfangen, erleben die Zuschauer doch keinen faden Abend. Das liegt zum einen an den punktgenauen Texten, die einen Einblick in psychische Ausnahmezustände gewähren. Zum anderen liegt es aber auch und vor allem am konzentrierten, den Ton treffenden Auftritt Florian Elschkers und seines aus Argentinien stammenden Vis-à-vis Heidy de Blum.

 

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