Magische Handballnacht für Forchheim

15.1.2015, 09:30 Uhr
Magische Handballnacht für Forchheim

© Archivfoto: Roland Huber

Provinzklub trifft Bundesligist. Diese einfache Formel hat – obwohl mitunter inflationär verwendet – über die Jahre nichts an ihrer Faszination eingebüßt. Meistens geht es dann um eine Paarung im DFB-Pokal der Fußballer, umso geschichtsträchtiger war daher jenes Handball-Duell, das im Oktober 2003 in der Forchheimer Ehrenbürghalle ausgetragen wurde.

Es sollte das allererste Spiel einer Sportmannschaft aus der Königsstadt gegen einen Bundesligisten werden. Mit einem 33:13-Kantersieg in der 1. Hauptrunde über Zweitligaabsteiger Saarbrücken sicherten sich die Regionalliga-Männer des VfB ein Traumlos gegen die SG Wallau-Massenheim, den mehrfachen deutschen Meister der 90er Jahre und Europapokalsieger von 1992 aus Hessen.

„Das war natürlich eine riesengroße Angelegenheit und sicher der sportliche Höhepunkt der Neuzeit“, sagt Heinz Endres. Schon die Vorbereitung auf das Ereignis war eine Aufgabe, die alles bisher gekannte in den Schatten stellte, erinnert sich der damalige Abteilungsleiter. „Wir hatten nur knapp vier Wochen Zeit und jede Menge zu organisieren.“ Ordner, Sanitäter und Polizei mussten bereitstehen, Anfragen für Karten-Reservierungen von Vereinen aus Mittel- und Unterfranken beantwortet werden. Die Partie in eine größere Halle zu verlegen — Massenheim trug seine Spiele im 30 Kilometer entfernten Frankfurt aus —, war bei den Forchheimer Planern nie eine Überlegung, erklärt Endres: „Das Spiel war eine große Leistung unserer vielen Ehrenamtlichen.“ Mit der dreifachen Besetzung eines regulären Ligaspiels stemmte die VfB-Helfermannschaft schließlich auch die Logistik für den Getränke- und Brötchenverkauf. Zählten die Forchheimer im Schnitt etwa 350 Besucher und bei attraktiven Gegnern oder Spitzenspielen maximal 600, übertraf der Publikumsandrang am 8. Oktober 2003, einem Wochentag, alle Erwartungen.

Wohl knapp 1000 Zuschauer sorgten für eine beeindruckende Kulisse und verliehen den Hausherren Flügel. „In der Regionalliga lief die Vorrunde bis dahin durchwachsen. Die Mannschaft ist über sich hinausgewachsen“, berichtet Heinz Endres. Vom Zwei-Klassen-Unterschied war nichts zu sehen, als Kreisläufer Ben Ljevar den VfB Anfang der zweiten Halbzeit mit 17:16 in Führung brachte. Richtig zu toben begann die Halle zehn Minuten vor dem Ende. Dank der Paraden von Torwart Carsten Henrici konnte sich Forchheim nach einem Zwischensprint des Favoriten wieder auf 22:24 herankämpfen. Mit 29:25 behielt der David am Ende die Oberhand über Goliath, musste aber mächtig zittern, wie der angespannte Gesichtsausdruck von Gästetrainer Martin Schwalb, 2013 Champions-League-Gewinner mit dem Hamburger SV, verriet.

„Wir haben uns sehr gut aus der Affäre gezogen“, erklärte hinterher Forchheims Coach Mathias Bracher mit Blick auf den hochkarätig besetzten Gegner, der mehrere Nationalspieler aufbot. „Bei manchen Gegenstößen drehst du dich gerade um und die sind schon am Abschließen“, staunte Linksaußen Ali Salihu. Bei den Hausherren durfte dagegen in der Schlussphase der unerfahrene Youngster Michael Rascher aufs Parkett. Der damals 20-Jährige krönte seinen ersten Einsatz mit einem Treffer und fand: „Das ist schon geil, was hier ablief.“

Martin Schwalb, der mit der Massenheimer Delegation vor dem Spiel nur zur kurzen Hallenbesichtigung vorbeischaute und anschließend ohne Festbankett die Rückreise antrat, verabschiedete sich mit einem großen Lob für den Außenseiter: „Die Jungs machen richtig Spaß. Da kann ich nur ein Riesenkompliment aussprechen. Wenn die immer so spielen würden, stünden sie in der Regionalliga anders da.“ Zwei Jahre später leuchtet der VfB-Stern tatsächlich greller als je zuvor. Forchheim gewinnt das Nachbarschaftsderby gegen den neugegründeten HC Erlangen und hat die 2. Bundesliga im Blick. Die goldene Ära geht jedoch abrupt zu Ende, als Mäzen Wilhelm Schelsky in den Verdacht der Steuerhinterziehung gerät und 2008 verurteilt wird. Während die Handball-Erben mittlerweile als HC Forchheim vor allem Wert auf die Nachwuchsarbeit legen, sind von den alten Zeiten nur noch Erinnerungen geblieben wie die an eine großartige Pokalnacht im Jahr 2003.

 

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