Marco Schorz kämpft sich zurück ins Leben

25.9.2016, 08:00 Uhr
Marco Schorz kämpft sich zurück ins Leben

© Foto: Udo Güldner

„Ich wachte auf und konnte mich überhaupt nicht mehr bewegen, auch konnte ich kein einziges Wort mehr sprechen. Ich war total geschockt und voller Angst.“ Was nach dem schaurigen Beginn aus Franz Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“ klingt, widerfuhr Marco Schorz vor neun Jahren. Damals war der 30-jährige Forchheimer Installateur und Dachdecker bei Thomas Schuster in Reuth. Von einem Tag auf den anderen fand er sich in einem Alptraum wieder. „Ich lag morgens auf dem Bett und war in meinem Körper gefangen – denken konnte ich nach wie vor einwandfrei.“ Zwei Tage dauerte dieser ungewisse Zustand. Dann kam seine sich sorgende Mutter vorbei. Nach einer Odyssee durch die Hände mehrerer Fachärzte, die einen Schlaganfall vermuteten, kam die seltene Diagnose: Kleinhirn-Entzündung. Als Schwerstpflegefall landete der junge Mann in Pflegeheim St. Vitus in Hirschaid und fand sich unter lauter Senioren wieder, die seine Großeltern hätten sein können. Erst lag er, dann saß er im Rollstuhl, dann hielt er sich am Rollator fest, schließlich lief er wieder ohne Hilfsmittel. Was in einem Satz Platz findet, dauerte über sechs Jahre und hunderte kleiner Schritte.

„Ich gab nie auf“

„Es war ein herrliches Gefühl, wieder aufrecht stehen zu können.“ Beim Sprechen musste er auch ganz von vorne beginnen. „Aber ich gab nie auf.“ Auch beruflich. Marco Schorz ist nicht der erste Lebenshilfe-Praktikant, dem Bernd Burkard (41) eine Chance gegeben hat. Der Kaufmann betreibt seit fünf Jahren im Süden Forchheims einen Edeka-Markt. „Viele halten nicht durch. Auf Marco kann ich mich aber absolut verlassen. Man merkt, dass er auf eigenen Beinen stehen will.“ Inzwischen sei er es, der die Schülerpraktikanten anleite, Kunden berate und demnächst in eine unbefristete Festanstellung übernommen werde. Seit zwei Jahren lebt Marco Schorz nach kurzem Intermezzo in einer dreiköpfigen Wohngruppe wieder selbstständig in einer eigenen Wohnung.

Hinter der Erfolgsgeschichte steht ein zweiter Pate: Der Diplom-Sozialpädagoge Karlheinz „Kalle“ Reger (51). Der Leiter des „Ambulant unterstützten Wohnens“ (AUW) kümmerte sich mit seinen Kollegen Wolfgang Badura (Lebenshilfe Werkstätten) und Gerhard Streit (Integra-Projekt) um die Wiedereingliederung.

Über sein Schicksal, und wie er es gemeistert hat, spricht Marco Schorz ganz offen. Es sei schon eine sehr große Umstellung gewesen, ohne Vorerfahrungen im Einzelhandel zu beginnen. Er sei aber glücklich, sich überhaupt wieder normal bewegen und einigermaßen wieder sprechen zu können. „Es wird nie mehr wie vor der Krankheit, aber ich kann damit leben.“

Wer Marco Schorz beobachtet, mit welchem Einsatz und welcher Genauigkeit er sich um den Bereich sorgt, der auf Grund seiner Größe anderswo als eigenständiger Getränkemarkt durchginge, kann sich erklären, warum er sagt: „Ich bin so froh über diesen Beruf.“ Inzwischen brauche Marco Schorz nurmehr zwei Stunden Hilfe in der Woche, so Kalle Reger. „In zwei Jahren hoffe ich, dass er ganz alleine zurecht kommt.“

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