Michael Hofmann hat die Lust am Angriff nicht verloren

13.7.2014, 18:55 Uhr
Michael Hofmann  hat die Lust am Angriff nicht verloren

© Manuel Kugler

„Schauen wir doch mal nach“, sagt Michael Hofmann und zieht das Handy aus der Anzugtasche. Er tut sich schwer, im NN-Interview am Rande der Besuchsfahrt gleich eine Antwort auf die Frage zu finden, wie viele Anrufe ihn stündlich erreichen. 20 Minuten sind in dem Gespräch vergangen, das Display zeigt zwei Anrufe. Alle zehn Minuten, alle viertel Stunde ein Anruf, das komme schon hin. Sie alle abzuarbeiten, kostet Zeit.

Zeit ist für Michael Hofmann, wie für jeden anderen Abgeordneten, die wertvollste Ressource. Zeit will er sich an diesem Tag nehmen – für die rund 50 Bürger aus dem Landkreis, die sich zur ersten Besuchsfahrt des neuen Abgeordneten zusammengefunden haben.

Hofmann führt seine Gäste ins Plenum des Maximilianeums, zeigt ihnen, wo er die Sitzungen verfolgt: auf Platz 168, in der hintersten Reihe der Fraktionsbänke. Als Neuling sei es ganz normal, hinten zu sitzen, erklärt der 40-Jährige. Dank seiner prominenten Platznachbarin Barbara Stamm hat er immerhin einen Vorteil: Als Landtagspräsidentin sitzt sie meistens vorne auf dem Podium – so hat Hofmann Platz für Akten und Unterlagen.

Spitze gegen die FDP

Familiär scheint es zuzugehen in der CSU-Fraktion, Hofmann spricht von einem schönen Miteinander. „Wir sind alle per Du“, erzählt er, um sogleich einen Angriff gegen die politische Konkurrenz zu reiten, in diesem Fall gegen die FDP: „Es gab Fraktionen, die mittlerweile nicht mehr im Landtag vertreten sind, bei denen die Mitglieder bis zum Ende per Sie waren.“

Hofmann ist einer, der Streit sucht in der Politik. Streit aber nicht um des Streits willen, sondern um der besseren Lösung willen, sagt er selbst. Hofmann spricht von einem „Kampf ums bessere Argument“, der oft fehlinterpretiert werde, als ob da einer persönlich etwas gegen den anderen hätte.

Wer geglaubt hat, Hofmann würde seine forsche Art, für die er im Landkreis bekannt ist, auf der größeren Bühne des Landtags ablegen, wurde eines besseren belehrt. Spätestens am 5. Februar dieses Jahres, dem Tag seiner ersten Rede im Parlament. „Ich bin gleich in die Vollen gegangen“, erzählt Hofmann seinen Gästen.

Der SPD wirft er in seiner Rede vor, mit einem Wahlkampfmanöver Stimmen gewinnen zu wollen: „Nur darum geht’s Ihnen, weil Sie nämlich auf dem absteigenden Ast sind“, sagt Hofmann an die Adresse der Sozialdemokraten. Deren Chef Markus Rinderspacher habe daraufhin versucht, ihn vorzuführen, blickt Hofmann zurück, indem er die genaue Zahl der Lehrerstellen forderte, die in der Zukunft gestrichen würden. „Er wollte sehen, wie der junge Hüpfer drauf reagiert.“

Daumen hoch von Seehofer

Der junge Hüpfer reagiert mit einem Gegenschlag, der sich gewaschen hat: „Wenn Sie mir sagen können, wie viele Menschen aus SPD-geführten Ländern in den nächsten Jahren nach Bayern ziehen, weil Sie keine Perspektive haben, und ihre Kinder mit hierher bringen, wenn Sie mir das alles erzählen können, dann kann ich Ihnen sagen, wie viele Stellen wir brauchen“, schießt Hofmann gegen Rinderspacher. Und legt nach: „Das ist genau der Punkt, warum die Leute draußen die Schnauze voll haben. Weil Sie Dinge verlangen, die schlicht und ergreifend nicht möglich sind.“ Als Hofmann am Tag der Rede zurück auf seinem Platz ist, stupst ihn ein Fraktionskollege an und deutet auf Horst Seehofer, der Hofmann in diesem Moment direkt in die Augen sieht. Der Daumen des Ministerpräsidenten zeigt nach oben.

Michael Hofmann  hat die Lust am Angriff nicht verloren

© Manuel Kugler

Hofmann weiß, dass er diesen Kampf der Argumente nur dann gewinnt, wenn er selbst weiß, wovon er spricht, wenn er besser vorbereitet ist, sich besser auskennt als die Konkurrenz. Akribisch und detailversessen kniet er sich deshalb in die Themen hinein. Das merken seine Besucher auch an diesem Tag, als er am Beispiel des Gymnasiums Fränkische Schweiz mit Verweis auf Eingangsklassen und Zweige erklärt, warum die von den Freien Wählern geforderte Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 für viele Schulen nicht umsetzbar sei.

Von Dienstag bis Donnerstag ist Michael Hofmann in der Regel in München. Die Tage sind durchgetaktet. Beispiel Mittwoch: 8.30 Uhr Arbeitskreis Petitionen, 9.15 Uhr Petitionsausschuss, 12.15 Uhr Arbeitskreis Bildung, 14 Uhr Fraktionssitzung. Nach deren Ende, gegen 16.30 Uhr, bleibe dann eine halbe Stunde Zeit, um Anrufe zu machen und E-Mails zu beantworten. Danach folgen Arbeitsgruppensitzungen und meistens ein Parlamentarischer Abend. Der geht oft bis 22 Uhr.

In der Max-Planck-Straße, drei Minuten vom Landtag entfernt, hat Hofmann ein Büro gemietet, das gleichzeitig seine Schlafgelegenheit ist. Der 40-Jährige nennt die 26-Quadratmeter-Wohnung mit Klappbett seine „Studentenbude“.

Zu Hause im Wahlkreis wartet neben seinen beiden Mitarbeitern Renate Reichelt und Mathias Erlwein auch die eigene Familie – und Vater Walter Hofmann. Der frühere Landtagsabgeordnete, dessen Gestik Michael Hofmann übernommen hat, unterstützt seinen Sohn noch heute mit Ratschlägen – nicht von sich aus allerdings. „Ich muss ihn schon fragen“, sagt der Sohn.

„Vielleicht unromantisch“

Dass für seine Frau und die beiden Töchter wenig Zeit bleibt, ist für Michael Hofmann keine neue Erfahrung. „Meine Frau kennt mich nur als politischen Menschen.“ Er sei als Landtagsabgeordneter nicht länger von zu Hause weg als vorher schon, „nur der Ort hat sich verändert“. Tage, die man gemeinsam verbringen wolle, müsse man vorher planen, auch wenn das vielleicht unromantisch klinge. Dass der Vater nicht oft zu Hause ist, diese Erfahrung machen nicht nur Michael Hofmanns Töchter. Diese Erfahrung hat er selbst mit seinem Vater gemacht. „Ich wusste aber, ich erreiche ihn zu jeder Zeit.“ So hält es Michael Hofmann auch mit seinen Kindern. Rufen sie an, sei er jederzeit für sie da. „Ich habe keinen Bock, dass meine Kinder irgendwann sagen: Was willst du denn? Du hast eh keine Zeit.“

Michael Hofmann will sich Zeit nehmen für die, die sich Zeit für ihn nehmen, wie die Besuchergruppe, die den Weg von Forchheim nach München angetreten hat, um ihn zu treffen. Er begleitet sie einen halben Tag lang durch den Landtag. Doch die zeitlichen Grenzen, die ihm als Abgeordneten gesetzt sind, kann auch Hofmann nicht ganz abschütteln. Gerne wäre er noch einmal zu seinen Besuchern gestoßen, als die am Abend auf dem Nockherberg das Viertelfinalspiel Deutschland gegen Frankreich anschauen.

Daraus wird nichts. Gespräche mit Ministerien stehen noch an, „natürlich grenzwertig am Freitagnachmittag und kurz vor dem Viertelfinale“, das weiß Hofmann selbst. Er hat also keine Zeit zu verlieren. Nach dem Abschied vor dem Landtag entschwindet er sogleich in den nah gelegenen Park, das Handy am Ohr.

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