Nach Anbieterwechsel: Telekom verklagt Kunden

27.10.2017, 17:18 Uhr
Thomas Tauschek bekam weiterhin Rechnungen von der Telekom, obwohl ihm im Kundenservice geraten wurde, den Vertrag zu kündigen.

© Federico Gambarini (dpa) Thomas Tauschek bekam weiterhin Rechnungen von der Telekom, obwohl ihm im Kundenservice geraten wurde, den Vertrag zu kündigen.

Im August 2014 ist Thomas Tauschek gerade dabei, alles für seinen Umzug von Ebermannstadt nach Unterleinleiter vorzubereiten. Der gelernte Werkzeugmacher hat sich dort ein Haus gekauft. Deshalb ruft er bei der Telekom-Hotline an, um nachzufragen, ob er denn im neuen Domizil weiterhin seine bisherige Telefonnummer behalten könne. Zudem geht es ihm darum, das schnelle Internet, auf das er als Vertriebsleiter für Nordbayern, Hessen und Thüringen angewiesen ist, auch weiterhin für sein Home Office zu nutzen.

"Mein Arbeitsplatz ist zu Hause. Da brauche ich eine ordentliche Internetverbindung." Am Telefon sagt man ihm, dass die Telekom kein DSL 16.000 in dem kleinen Ort im Leinleitertal anbiete. Er solle doch von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen, da man den bisherigen Vertrag nicht erfüllen könne. "Den Ratschlag, zu einem anderen Anbieter zu wechseln, hat man mir gegeben, und das habe ich dann auch getan. Damit begann das Unheil." Denn obwohl er seinen alten Anschluss gekündigt hatte, buchte die Telekom weiterhin die Call- und Surf-Gebühren ab und behauptete, der Vertrag liefe regulär bis Ende 2016 weiter.

Ständig in der Warteschleife

Thomas Tauschek reagierte mit Lastschriftrückbuchungen, mehreren Anrufen und etlichen Schreiben. "Es ging ständig hin und her. Immer mit anderen Ansprechpartnern. Ständig in der Warteschleife." Er habe bei dem zermürbenden Versuch, Licht ins Dunkel zu bringen, den Eindruck gewonnen, "dass da im Customer Care schon lange keiner mehr durchblickt. Die ganze Kundenbetreuung ist ein Witz." Er sei sich vorgekommen wie Karl Valentins legendärer Buchbinder Wanninger. Dann flatterten dem Angestellten die Mahnungen ins Haus, schließlich drohte ein großes Hamburger Inkasso-Unternehmen, auch ein Schufa-Eintrag folgte.

Amtsrichter Philipp Förtsch, vor dem sonst straffällige Jugendliche sitzen, ist sichtlich bemüht, die beiden anfangs unversöhnlichen Parteien zu einer gütlichen Einigung zu bringen. Denn anders als im Strafverfahren fällt der Jurist kein Urteil, sondern vermittelt zwischen den Positionen. Das scheint allerdings gar nicht so einfach. Denn die Heidelberger Kanzlei "Seiler und Kollegen", welche die Telekom vertritt, bestreitet erst einmal alles: Nicht nur, dass Tauschek überhaupt bei der Service-Hotline angerufen habe; auch dass man an seinem neuen Wohnort die DSL-Leitung 16.000 nicht habe anbieten können; und zuletzt sogar, dass er überhaupt umgezogen sei. "Es wird mit allen Haken und Ösen gekämpft", bestätigt Amtsrichter Förtsch. Vorsorglich hat der Beklagte eine Melderegisterauskunft mitgebracht.

Immer Notizen machen

Leider hat er nicht daran gedacht, sich Notizen zu machen, wann er mit wem genau gesprochen hat. Und dann ist da noch die Frage, wie man beweisen kann, ob es im Herbst 2014 tatsächlich kein DSL 16.000 in Unterleinleiter gab. Reichen da Nachbarn, die in der gleichen Lage waren wie Tauschek, braucht es einen sachkundigen Zeugen aus den Reihen der Telekom oder gar einen mehrere tausend Euro teuren Gutachter?
"Die Beweislast liegt jedenfalls bei Herrn Tauschek", so die bevollmächtigte Rechtsanwältin Dötzer. Nur um kurz darauf eine Halbe-Halbe-Regelung anzubieten, um "die Sache für alle Seiten vom Tisch zu bekommen".

Für Tauschek unannehmbar, der seinerseits einen symbolischen Euro bietet. Dabei geht es nicht um riesige Summen, sondern "nur" um 440,84 Euro - und ums Prinzip. Dabei ist Tauschek keiner dieser notorischen Quengler, die der Justiz mit allerlei Verfahren das Leben schwer machen. Für ihn ist es das erste Mal, dass er im Gerichtssaal sitzt. Er hat nicht einmal eine Rechtsschutzversicherung - und einen Anwalt braucht er auch nicht. "Aber Recht muss Recht bleiben." Dafür zeigt sich Amtsrichter Förtsch dem juristischen Laien gegenüber sehr hilfsbereit.

Nach einer knappen Stunde haben beide Seiten einen Vergleich geschlossen. Tauschek zahlt 200 Euro und hat nur seine eigenen Auslagen zu bezahlen. Alle anderen, seit Oktober 2014 angefallenen Kosten für das Mahnverfahren, die Zinsen, die Inkasso-Gebühren und das Gerichtsverfahren, rund 300 Euro, bleiben an der klagenden Telekom hängen. Trotz des Kompromisses ärgert sich Thomas Tauschek, wie die Telekom mit ihren Kunden umgeht. "Mit meinem neuen Anbieter M-Net gibt es hingegen überhaupt keine Schwierigkeiten."

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