Noch fehlt die „zündende Idee“

10.12.2010, 18:05 Uhr
Noch fehlt die „zündende Idee“

© Irene Lenk

Am unteren Dorfplatz thront das mächtige zweistöckige gelbe Haus, dessen über 1,20 Meter dicken Grundmauern schon rund 250 Jahre alt sind. Einst fuhren an der Poststation die Kutschen durch ein großes Tor direkt in den Gewölbekeller. Und lange Zeit war es belebter Mittelpunkt des Ortes. Noch bis Mitte der 1990er Jahre war „Sterns Posthotel“ als gehobene Gastronomie weithin bekannt.

Doch das ist längst vorbei. Heute blättert außen der Putz ab, innen ist die Zeit stehen geblieben — irgendwo zwischen 1970 und 1990. Im noch immer bestuhlten Saal des Gasthauses wölbt sich der Holzboden. In der riesigen, zum Teil noch funktionsfähigen Küche stehen ein paar Tassen und ein Kännchen, als wäre erst gestern Kaffee daraus getrunken worden. Im Gastraum müsste man nur Staub wischen, die toten Fliegen aufsaugen, den Zapfhahn aktivieren und schon könnte wieder der Gerstensaft fließen.



In den oberen zwei Etagen führen lange Flure zu den über 30 Hotelzimmern: Dort stehen noch die Betten, hängen die Lampen. Die Ausstattung entspricht freilich nicht mehr dem heute gewünschten Standard. Hier und dort zeugt eine feuchte Ecke, eine aufgeschlagene Wand davon, dass Renovierungsbedarf herrscht.

Ein Herz für alte Häuser

Bis etwa 1995 war das Gasthaus mit über 100 Sitzplätzen in Betrieb, wurden die über 30 Hotelzimmer vermietet. Dann irgendwann begann der Niedergang. Das Gasthaus wurde geschlossen und ein neuer Eigentümer für den riesigen Gebäudekomplex auf dem 3000 Quadratmeter großen Grundstück gesucht.

Hier kommt Alfred Betz ins Spiel. Der Bauunternehmer aus Schlammersdorf hat ein großes Herz für alte Häuser. Er erwarb 2007 das ehemalige Hotel in Streitberg. „Der Kauf hat sich so ergeben“, erzählt er. Der gelernte Betonbaumeister und Estrichlegermeister hat dann erst einmal das Gebäude von Müll und Unrat befreit, die Leitungen entleert, damit im Winter nichts einfriert — und jetzt?

„Ja, das ist das Problem. Was macht man jetzt damit?“, denkt er laut nach. Er würde das imposante Gasthaus gerne sanieren, „weil man die alten Gebäude doch nicht einfach wegreißen darf. Das ist doch altes Kulturgut, das man erhalten muss“, findet der 57- Jährige. Doch ohne ein gutes Konzept, eine zündende Idee, wie man das Haus wieder beleben kann, wagt er sich nicht an die teure Sanierung.

„Es wäre ein Schmuckstück“

„Mindestens eine Million Euro müsste man schon reinstecken“, schätzt der Fachmann. Alles müsste erneuert werden: Heizung, Elektrik, Wasserleitungen, Fenster, Dach, Böden, die Mauern trockenlegen, die Wände dämmen — eben eine rundum Sanierung. „Es wäre ein Schmuckstück, wenn es hergerichtet wäre“, da ist sich Alfred Betz sicher. Er weiß das genau, schließlich hat er schon die alte Wedenmühle in Streitberg renoviert (wie berichtet) — und das denkmalgeschützte Ensemble ist heute ein wahres Schmuckstück.

Was könnte man aus dem ehemaligen Gasthaus machen? Wieder eine Gastronomie mit Hotel? Oder lieber Eigentumswohnungen oder ein kleines Gewerbezentrum mit Arztpraxen, Geschäften und Betrieben? Aber trägt sich das im kleinen Streitberg? All diese Fragen wälzen Alfred Betz und seine Frau Hildegard derzeit hin und her. Doch der Bauunternehmer wartet lieber noch auf die richtige Idee. Denn eines ist sicher: „Entweder ich mach es gescheit oder gar nicht.“