Pointäcker Süd in Kersbach: Die Mischung macht’s

25.5.2017, 12:00 Uhr
Pointäcker Süd in Kersbach: Die Mischung macht’s

© Foto: Ulrich Graser

Ludwig Preusch (FW) aus Kersbach gab nach eigenen Worten Volkes Stimme wieder: "Das sieht ja aus wie ein Gefängnis, wie Alcatraz". So werde in Kersbach über den ersten, kürzlich von einem Architekten vorgelegten Entwurf für die Pointäcker Süd an der Baiersdorfer Straße geredet. Erwin Held (FW) sagte, der Plan sehe aus "wie ein Nebenstadtteil, der einfach angehängt wird".

Thomas Werner (CSU) fand die Planung "relativ lustlos". Albert Dorn (SPD) warnte davor, aus Kersbach "eine Trabantenstadt" zu machen, für Ulrich Schürr (CSU/JB) fehlt die "Verhältnismäßigkeit" und Manfred Hümmer (FW) raunte: "In Kersbach regt sich bereits erster Widerstand."

Was war passiert? Eigentlich nichts, fand Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD). Der Stadtrat sollte nur beschließen, für die Pointäcker Süd einen Bebauungsplan aufzustellen. Der Investor hatte dafür einen Vorentwurf vorgelegt, den der Planungs- und Umweltausschuss einstimmig angenommen hatte (wir berichteten).

Wo ist die Mischung?

Nicht so der Stadtrat. Kritik wurde an der Vielzahl der Wohneinheiten (357) auf relativ kleiner Fläche (4,7 Hektar) geübt. Erstmals wurde ausdrücklich auf den vor Jahresfrist verabschiedeten "Fachplan Wohnen" verwiesen. Er empfiehlt für künftige Wohngebiete als Richtwert die "Forchheimer Mischung". Das heißt: Etwa 40 Prozent der Fläche sollen mit Geschosswohnungsbau (Mehrfamilienhäusern) beplant werden. Damit soll Forchheim schneller an sein für 2035 angestrebtes Ziel kommen: 35 000 Einwohner. Allein mit Einfamilienhäusern geht das nicht.

"Kersbach hat das größte Flächenpotenzial", sagte Thomas Werner. Manfred Hümmer zählte auf: Pointäcker Süd und Nord, Stampfäcker, Schleifwegäcker. Wenn diese Flächen alle gleichzeitig in den nächsten Jahren entwickelt und besiedelt werden würden, entstünde ein ganz neuer Ort. Doch das ist nicht der Plan. Im Beschluss von Ausschuss und Stadtrat wurde festgehalten: "Nach Verwirklichung des Baugebietes Pointäcker Süd soll die Baulandentwicklung erst in anderen Ortsteilen weiterverfolgt werden, um Kersbach nach all den Bautätigkeiten zur Ruhe kommen zu lassen."

Der Vorentwurf für die Pointäcker Süd sieht 47 Prozent für Geschosswohnungsbau vor. Laut Bauamtsleiter René Franz, der "in engem Kontakt" mit dem Investor steht, sind die riegelförmigen Mehrfamilienhäuser im Westen (zu Autobahn und Bahnlinie) sowie im Süden (zur Baiersdorfer Straße) aus Gründen des Lärmschutzes notwendig: "Dahinter können dann die Reihen- und Einfamilienhäuser gebaut werden." Der Investor habe die ersten Rufe nach Reduzierung der Wohnungs- und damit Neubürgerzahlen erhört und einige Zweizimmer- in Drei- und Vierzimmerwohnungen umgewandelt, so Franz. Weitere Änderungen: nicht ausgeschlossen.

"Bedenkenträger kleingeistigster Art"

Sebastian Körber (FDP) ließ seinem Ärger freien Lauf. Er habe "ausnahmslos Bedenkenträger kleingeistigster Art" gehört. Kersbach sei "ein Stadtteil mit S-Bahn-Anschluss, nicht ein Dorf irgendwo". Forchheim brauche mehr Wohnungen, es müsse bereit sein, "Dichte zuzulassen". Die höhere Dichte "puffert den Lärm weg". Je mehr Wohnungen, desto günstiger die Mietpreise: "Das ist auch sozialer."

Der Diskussion zuzuhören sei "entsetzlich" gewesen. Er empfahl den Kollegen, "nach Hirschaid oder Herzogenaurach" zu fahren. Dort werde noch viel größer und höher gebaut: "Dass sich die Infrastruktur mit Kita und Schule der Entwicklung anpassen muss, ist doch logisch", rief Körber in Richtung derjenigen, die auf die Folgen massiven Zuzugs für die Versorgung mit Dienstleistungen hinwiesen.

Otzelberger empört über Wortwahl

Reinhold Otzelberger (SPD) verbat sich "in diesem Hause" solche Ausdrücke wie "kleingeistig": "So können wir nicht miteinander reden." Die Stadtplanung hat laut René Franz zwischen Pointäcker Süd und Nord bereits eine Fläche für eine mögliche neue Kita und eine Schule reserviert. Auch wurden in den letzten Jahren bereits über zwei Millionen Euro für die Erschließung der Pointäcker sowie den Lärmschutz an der Bahntrasse ausgegeben. Auch der Hochwasserschutz soll noch dieses Jahr angegangen werden.

Oberbürgermeister Kirschstein sprach von einem Zeitraum von sieben bis acht Jahren von der Planungsidee bis zum endgültigen Bezug des Baugebietes. Demnach wäre jetzt ungefähr die Hälfte der Zeit vergangen. Bedenken zu den Details versuchte er zu begegnen mit dem Hinweis: "Über die Art und Weise der Planung entscheidet dieses Haus." Doch noch gibt es ja keinen fertigen Plan, nur einen Entwurf.

Auf Vorschlag der Verwaltung wurde beschlossen, den Planungsentwurf zunächst den Kersbacher Bürgern vorzustellen und erst danach wieder dem Stadtrat vorzulegen. Diese Bürgerbeteiligung soll Ende Juni stattfinden.

Auf Wunsch der meisten Stadträte wird der Investor aufgefordert, in seinem Plan "die Forchheimer Mischung und den Fachplan Wohnen in ihren angedachten strukturellen Prozentzahlen abzubilden". Fünf Nein-Stimmen kamen von CSU, Rep und FW.

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