Defekter Aufzug und Co.

Posse um Forchheims Pannen-Bahnhof geht weiter

22.8.2018, 06:00 Uhr
Ein Schildbürgerstreiche der besonders Bahn’schen Sorte: Die Warnung am Gleis 7/8, dass die Durchfahrt zum Aufzug zu eng für Rollstuhlfahrer sei.

© Philipp Rothenbacher Ein Schildbürgerstreiche der besonders Bahn’schen Sorte: Die Warnung am Gleis 7/8, dass die Durchfahrt zum Aufzug zu eng für Rollstuhlfahrer sei.

Auf der Ostseite des Bahnhofes, genauer am Bahnsteig der Gleise 7/8, hing bis Dienstagnachmittag (21. August) ein Schild, angebracht an einem der Stützpfeiler der Überdachung. Pendler, die gerade die Treppen der Unterführung hochgelaufen sind, sahen es, wenn sie sich rechts umdrehten und gen Aufzug blickten. Das Schild verkündete: „Verengter Fahrbahnbereich. Hier kein Aufenthalt!“ Und weiter: „Durchfahrt für Rollstuhlfahrer nicht geeignet.“

Wenige Meter hinter dieser „Durchfahrt“ befindet sich der Aufzug. Insofern weist das (Warn-)Schild auf einen wichtigen Umstand hin. Es stellt sich nur logischerweise die Frage: Warum baut die Bahn einen Bahnsteig, dessen Zugang zum Aufzug für Rollstuhlfahrer offenbar zu eng beziehungsweise „nicht geeignet“ ist?

Und: Wenn Rollstuhlfahrer gar nicht erst zum Lift gelangen können — was für einen Sinn hat es dann, überhaupt noch von einem barrierefreien Bahnhof zu sprechen?

Laut dem zuständigen DB-Projektabschnittsleiter Alfons Plenter handelt es sich offenbar um einen Schildbürgerstreich: Die Breite des Durchgangsbereichs zwischen dem Warnleitstreifen (also dem weiß markierten beziehungsweise geriffelten Abschnitt vor der Bahnsteigkante) und den Hindernissen betrage „rund 90 Zentimeter“ und sei somit „hinreichend“, erklärt Plenter. Er fügt hinzu: „Wir wissen nicht, wer dieses Schild da aufgehängt hat, wir versuchen es gerade rauszukriegen.“

Gerade einmal 70 Zentimeter sind es zwischen dem Stützpfeiler und Warnleitstreifen an der Bahnsteigkante.

Gerade einmal 70 Zentimeter sind es zwischen dem Stützpfeiler und Warnleitstreifen an der Bahnsteigkante. © Sebastian Körber

Stadtrat Sebastian Körber kann die Aussage Plenters alles andere als bestätigen. Der Architekt und städtische Beauftragte für Barrierefreiheit in Forchheim hat mit dem Meterstab selbst vor Ort Maß genommen. Seine Ergebnisse: Zwischen Fahrstuhl und Warnleitstreifen sind es 80 Zentimeter, zwischen Stützpfeiler und Warnleitstreifen gar nur 70 Zentimeter.

„Es zeigt sich einmal wieder, dass die DB ein Staat im Staate ist und sich einfach über vorhandene DIN–Vorschriften hinwegsetzt“, sagt Körber. Aktuell sei die Barrierefreiheit am Bahnhof Forchheim sogar schlechter, als vor dem Umbau. „Ein Stück aus dem Tollhaus!“, ärgert sich der FDP-Politiker. „Die Bahn muss hier sofort handeln und tätig werden, um diese Missstände zu beheben!“

Der Schildbürgerstreich ist jedenfalls ein neuer unrühmlicher Akt in einem bisweilen zur Posse verkommenden Drama um einen Bahnhofsneubau, dessen versprochene Barrierefreiheit dem Bauherrn einfach nicht gelingen will: Während die Fahrstühle im Fußgängertunnel inzwischen fahren – wenn sie nicht gerade „gewartet“ werden müssen – stehen die Aufzüge zum Tunnel auf beiden Bahnhofsseiten weiterhin still.

Der Lift an der Bayreuther Straße, den die Stadt baut, wartet laut Tiefbaumamt noch auf seine Tüv-Abnahme. Und beim Aufzug am Bahnhofsplatz schiebt die DB für die monatelangen Verzögerungen dem Hersteller den Schwarzen Peter zu. Die Bahn liegt mit der Berliner Firma wegen eklatanter Montagemängel im Clinch. Eine vor zwei Wochen gestellte Anfrage der Nordbayerischen Nachrichten bei dem Fahrstuhlbauer blieb bisher unbeantwortet.

Anmerkung der Redaktion: Die Bahn hat das Warnschild nach unserer Berichterstattung am 21. August 2018, um 15.15 Uhr, entfernt.

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