Prinz Harry jubelt für einbeinigen Radler aus Effeltrich

5.10.2017, 18:00 Uhr
Prinz Harry jubelt für einbeinigen Radler aus Effeltrich

© Chris Donovan/The Canadian Press/dpa

Der mittlerweile in der Nähe von Köln wohnhafte Franke, zur Jugendzeit als Fußballer bei der DJK Weingarts aktiv, entdeckte beim Bundeswehrdienst seine Leidenschaft für den Ausdauersport. Mit 30 Jahren wurde er durch die Diagnose Knochenkrebs aus der Bahn geworfen. Vorboten der Krankheit hatten sich über ein Dreiviertel Jahr zuvor durch Funktionsausfälle der Muskeln oder Gelenke bemerkbar gemacht, der Tumor aber blieb unentdeckt. Mit allerletzter Kraft beendete der bei der LG Erlangen trainierende Athlet im September 2003 noch den Fränkische-Schweiz-Marathon in 2:31 Stunden als Zweiter, ehe ihm förmlich der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.

Die Hüfte und ein Teil des Beckens mussten entfernt werden, das linke Bein blieb verkürzt und ohne Funktion zurück. Es dauerte knapp zwei Jahre und intensive auch mentale Betreuung, aber dann gewannen Kampfgeist und sportlicher Ehrgeiz wieder die Oberhand. Dem sportlichen Comeback 2005 folgte die psychisch größte Herausforderung, die ihn "einen anderen Menschen" werden ließ. 2010 kam der Krebs zurück, hatte Lunge und Rippen angegriffen. Erneut durchlief der gebürtige Effeltricher den Spießrutenlauf aus Bestrahlung und Reha. Welch entscheidende Stütze dabei Lebensgefährtin Mona war, lässt sich für Stuber kaum in Worte fassen.

Private Medaillen-Zeremonie

Für weitere Motivation sorgte der Arbeitgeber. Ein 2012 vom Verteidigungsministerium aufgesetztes Programm am sportmedizinischen Bundeswehr-Zentrum Warndorf bot Stuber die Möglichkeit, wieder leistungsorientiert und für kleinere Veranstaltungen zu trainieren. Die Nachfrage war durch Einsatzschädigungen in Balkankrieg und Afghanistan-Mission spürbar angestiegen. Im Mai dieses Jahres erhielt der Franke überraschend einen Platz in der 21-köpfigen deutschen Delegation für den bedeutendsten Wettbewerb versehrter Soldaten, den vom englischen Prinz Harry 2014 in London erstmals ins Leben gerufenen  "Invictus Games".

Mit seiner Leistung verdiente sich der Deutsche den höchsten, ja sogar königlichen Respekt. Vor Platz 7 im 30-minütigen Handbike-Rennen und mittleren Resultaten im Indoor-Rudern galt die Konzentration dem Paradestück Einzelzeitfahren. In dem Stuber das verkürzte Bein nach hinten fixiert, tritt er nur einbeinig die Pedale. Bei 30 Grad Celsius absolvierte er die 5 km mit einem Schnitt von über 30 km/h in 9:06 Minuten so schnell, dass er die paralympischen Bewertungskriterien sprengte. "Zuerst wurde ich als Achter geführt, allerdings unter denen mit zwei gesunden Beinen. Im Vergleich der anderen war ich Dritter."

Das deutsche Team meldete die ungünstige Klassifizierung, wolle jedoch auf die Zurückstufung eines anderen Athleten verzichten. So kam es, dass ausgerechnet der Schirmherr Prinz Harry Thomas Stuber zu einer gesonderten Zeremonie empfing, den Daumen vor so viel Sportgeist in die Höhe streckte und die Krücken hielt, während der Deutsche mit einer zweiten Bronzemedaille um den Hals für Schnappschüsse posierte. "Was für ein Erlebnis. Das werde ich nie vergessen. Es ist bewundernswert, wie die anderen, denen es noch schlimmer geht, mit ihrer Situation umgehen", sagt er.

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