Protokoll verschwand

23.11.2015, 20:00 Uhr
Protokoll verschwand

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Er hatte einen Bekannten in einer Vernehmung in der Polizeiinspektion Uttenreuth im August 2014 beschuldigt, ihn mit Cannabis versorgt zu haben. Daraufhin wurde gegen den Bekannten ermittelt, im Hauptverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde der im Juni 2015 jedoch freigesprochen. Auch weil Sven K. als Zeuge im Gerichtssaal plötzlich abstritt, die Droge von ihm erhalten zu haben.

Nur zufällig war einigen Streifenpolizisten bei einer nächtlichen Verkehrskontrolle in Igensdorf der Wagen Sven K.s ins Netz gegangen. „Eigentlich hatten wir wegen eines Laserpointer-Vorfalls nach Verdächtigen gesucht“, so ein Polizist im Zeugenstand. Es stellte sich heraus, dass die drei Fahrzeuginsassen auf einem Schotterweg am Waldrand einige Joints geraucht hatten.

Die Durchsuchung des Autos erbrachte ein Plastiktütchen mit Cannabis, das zwischen Fahrersitz und Mittelkonsole versteckt worden war. Doch woher kam es? Sven K. nannte einen der Beifahrer als Quelle, der daraufhin Ärger mit Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendgericht bekam. Er wisse nicht mehr, warum er seinen Bekannten beschuldigt habe. „Ich wollte niemanden reinreiten.“

Als Heranwachsender, der kein Jugendlicher mehr, aber auch noch kein Erwachsener ist, sah Sven K. sich nun nicht nur Jugendrichter Philipp Förtsch gegenüber. Sondern auch der Jugendgerichtshilfe, die dafür plädierte, ihn nicht strafrechtlich zu sanktionieren, sondern „erzieherisch auf ihn einzuwirken“. Um die Verurteilung kam der junge Mann nur herum, weil ein Vernehmungsprotokoll nicht auffindbar war. In diesem, es handelte sich um eine zweite Aussage vor der Polizei in Ebermannstadt, hätte Sven K. bereits richtiggestellt, dass nicht sein Bekannter ihm die Drogen gegeben hätte, sondern ein ganz Anderer.

„Das ist keine ganz unwichtige Kleinigkeit“, so Jugendrichter Philipp Förtsch. Die Tat sei zwar abgeschlossen, aber die Strafhöhe hänge maßgeblich davon ab, ob Sven K. noch vor dem Gerichtsverfahren gegen seinen Bekannten seine Falschaussage eingeräumt habe. Also begann in den Akten die Suche nach der zweiten Aussage Sven K.s, die allerdings nirgends auftauchte. Die fehlende Möglichkeit zur Akteneinsicht ließ den Verteidiger Rechtsanwalt Michael Stern (Nürnberg) eine vorläufige Einstellung des Verfahrens anregen. Dem verschlossen sich Staatsanwaltschaft und Jugendrichter Philipp Förtsch nicht.

Sven K. muss nun bis Februar 2016 insgesamt 500 Euro als Geldauflage an die Arbeiterwohlfahrt Forchheim zahlen und wurde angewiesen, drei Gesprächstermine zur Suchtberatung wahrzunehmen. „Es wird zwar eine Eintragung ins Bundeszentral- und ins Erziehungsregister geben. Es zählt aber nicht als Vorstrafe“, stellte Jugendrichter Förtsch klar. UDO GÜLDNER

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