Regen macht Angst

19.7.2012, 23:00 Uhr
Regen macht Angst

© Mark Johnston

Wenn dunkle Wolken am Himmel stehen und der Regen draußen heftig prasselt, so wie letzte Woche, dann wird Inge Maltenberger aus Kirchehrenbach sehr unruhig. Kürzlich ist sie sogar zum Ehrenbach vorgelaufen und hat nach dem Wasserstand geschaut. Zum Glück war er nicht so hoch.

Das Hochwasser vom 20. Juli 2011 steckt ihr immer noch in den Knochen. Damals ist der sonst so kleine Ehrenbach enorm angeschwollen und seine Wassermassen haben das Haus der Familie Maltenberger und viele weitere Häuser in der Bahnhofstraße regelrecht überrollt. Der Keller war bis zur Decke geflutet, in den Garagen, den Anbauten, der Scheune stand das Wasser kniehoch.

„Alles war hin, die Heizung im Keller, die erst zwei Jahre alt war, die Rasenmäher, die Kühltruhe, die Waschmaschine, der Trockner, zwei Nähmaschinen, die Pumpe des Swimmingpools“, zählt Inge Maltenberger auf. Insgesamt rund 30000 Euro Schaden, schätzen sie und ihr Mann Georg Maltenberger, der Dritter Bürgermeister von Kirchehrenbach ist.

Eine Elementarversicherung hatte die Familie nicht abgeschlossen, denn zuvor war Wasser nie ein Problem gewesen. Also sind sie auf dem Schaden sitzengeblieben. „Keinen Cent haben wir bekommen“, sagt Inge Maltenberger.

Monatelang liefen Trockner im Keller, um das Gemäuer wieder trocken zu bekommen. Erst jetzt kann Georg Maltenberger den Keller wieder streichen, doch einen Partyraum, wie vor dem Hochwasser, wird er nicht mehr einbauen. Zu unsicher ist die Lage. „Wir leben ständig mit der Angst“, schildert Georg Maltenberger. „Wenn es stark regnet, denkt man immer dran. Das ist einfach schlimm“, sagt seine Frau. „Wir hoffen immer, dass so was nie mehr kommt.“

Kampf gegen Wassermassen

So wie Familie Maltenberger geht es vielen Menschen im Landkreis Forchheim, die Opfer des verheerenden Hochwassers vom 20. Juli 2011 geworden sind. Von den Fluten betroffen waren damals zahlreiche Orte – neben Kirchehrenbach kämpften unter anderem Gosberg, Weilersbach, Dobenreuth, Mittelehrenbach, Wiesenthau, Pretzfeld, Weingarts, Weigelshofen, aber auch Forchheim-Burk gegen die Wassermassen.

„Im Ort ist dieser Tag jedem bewusst, das hat sich eingeprägt, jeder ist seither sensibilisiert“, weiß Kirchehrenbachs Bürgermeisterin Anja Gebhardt. Man habe im Gemeinderat ausgiebig diskutiert, was man gegen Hochwasser tun könne. Das was leicht möglich war, sei gemacht worden: Der Ehrenbach ist gereinigt, die Ufer gesäubert, von Hecken befreit und ein altes Wehr ist entfernt worden, damit das Wasser im Falle eines Falles leichter ablaufen kann.



Überlegt werde, ob zusätzliche Röhren durch den Bahndamm, der beim jüngsten Hochwasser wie eine Staumauer gewirkt hat, gebaut werden sollen, wie Anwohner der Bahnhofstraße gefordert haben. Doch die Bürgermeisterin zögert: Man müsse erst überlegen, wohin die Röhren sollen und gleichzeitig gewährleisten, dass dann durch diese Durchlässe nicht das Wiesentwasser rüber in den Ort laufe, gibt sie zu bedenken. Denn alles habe zwei Seiten. Mache man da was, habe das woanders womöglich Folgen.

Schwachstellen aufzeigen

Gemeinsam mit der Nachbargemeinde Leutenbach soll ein Gewässerentwicklungsplan erarbeitet werden. Auch das Wasserwirtschaftsamt Kronach sei mit im Boot, sagt Gebhardt. Dieser Plan sei zwar kein Hochwasserschutz, aber er könne zumindest die Schwachstellen und potenziellen Gefahrenzonen an den Bachläufen rund um den Ort aufzeigen.

„Ein kompletter Hochwasserschutz ist nicht möglich ist“, stellt die Bürgermeisterin klar. Um so ein Starkregenereignis wie 2011 abzufangen, müssten im Prinzip alle Häuser rechts und links vom Bach weg. Und andere bauliche Maßnahmen, wie Staumauern oder riesige Regenauffangbecken, seien finanziell nicht zu schultern.

Das findet auch Frank Hafner vom Wasserwirtschaftsamt Kronach, der zusammen mit Kollegen seit dem Hochwasser in vielen Gemeinden im Landkreis Forchheim unterwegs war. Die Experten beraten, weisen auf Gefahren hin und geben Tipps zu Planungen. Ob die dann umgesetzt werden, steht auf einem anderen Blatt. „Ich hab die Hoffnung, dass die Kommunen sensibler werden, zum Beispiel bei der Ausweisung von neuen Baugebieten“, sagt der Bauoberrat.

Er rät dringend, dass sich die Kommunen zusammentun, um gemeinsam Lösungen zu suchen, wie man die Wasserfluten eindämmen könne. Doch gleichzeitig weiß er auch, dass das im Alltag schwierig ist. Solche Versuche gebe es zwar immer wieder. Doch erst kürzlich ist ein Zweckverband im Raum Forchheim-Baiersdorf gescheitert, der im Gefolge der Flutkatastrophe vom 21. Juli 2007 gegründet werden sollte. Nun wird Forchheim für den damals ebenfalls schwer heimgesuchten Stadtteil Kersbach eine Einzellösung suchen.

Was also kann man tun? Frank Hafner rät ganz pragmatisch: „Die Leute sollen unbedingt eine Elementarversicherung abschließen.“ Über diesen Vorschlag kann Georg Maltenberger allerdings nur müde lächeln: „Das würd ich ja gern machen, aber ich hab noch keine Versicherung gefunden, die mich zu bezahlbaren Beiträgen nimmt.“ Also bleibt nur eines: „Wir hoffen inständig, dass so ein Unglück nicht mehr kommt.“

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