Region Forchheim steht unter Wasser

20.7.2011, 09:38 Uhr
Region Forchheim steht unter Wasser

© Maria Däumler

"Das Wetter dreht sich über dem Landkreis Forchheim," sagte Kreisbrandrat Reinhardt Polster heute Mittag. Und tatsächlich: Am Nachmittag entluden sich erneut schwere Regenwolken über Stadt und Landkreis. Doch an der Lage änderte das nichts.

Bis dato ist folgendes bekannt:

Bei Wiesenthau musste die Bahnstrecke gesperrt werden, weil die Gleise überflutet sind. Die Betreiberfirma Agilis hat einen Busnotverkehr eingerichtet. Der besteht allerdings sowieso, denn Agilis hat aufgrund von Krankheitsfällen derzeit zu wenige Lokführer.

In Kersbach schluckt der Schwolgraben momentan noch die Wassermassen. Hier hinter der Pfarrgartenstraße ist der neuralgische Punkt im Hochwasserschutz. Am Nachmittag, da der Regen wieder eingesetzt hat, erreicht der Schwolgraben seine Kapazitätsgrenze. Der Sportplatz steht komplett unter Wasser, wie Anwohner den NN berichten.

Das Landratsamt meldete folgende Lage: Besonders betroffen von starken Regenfällen sind Igensdorf, Gosberg, Weingarts, Wiesenthau, Pretzfeld und der Raum Eggolsheim. Etliche Keller sind vollgelaufen, vereinzelt droht Heizöl auszulaufen. Am Nachmittag entspannte sich die Lage wie an den meisten anderen Orten auch.

Im Landkreis waren außerdem zahlreiche Straßen gesperrt: die Autobahn in Richtung Bamberg, von Forchheim-Nord bis Hirschaid; in Richtung Erlangen war die Standspur von Pkw noch befahrbar, der Schwerlastverkehr wurde ab Bamberg-Süd umgeleitet.

Nicht befahrbar waren zeitweise folgende Straßen: Kunreuth - Dobenreuth, Gosberg - Wiesenthau, Walkersbrunn - Weingarts, Ermreuth - Dachstadt, Eggolsheim - Weigelshofen, Eggolsheim - Bammersdorf, Kersbach - Baiersdorf.

41 Feuerwehren mit über 400 Helfern waren laut Landratsamt im Einsatz, dazu das THW auf Forchheim und aus Kirchehrenbach sowie aus Erlangen.

Die Schwabach entwickelte sich in Igensdorf zu einem reißenden Fluss. Das evangelische Gemeindehaus und die umliegenden Häuser standen unter Wasser und waren nicht mehr erreichbar. Bereits seit Mitternacht waren die Freiwilligen Feuerwehren bis aus Sollenberg im Einsatz um die Keller auszupumpen.

Um 7.15 Uhr konnte gerade noch der letzte Schulbus das Schulgebäude erreichen, die Schüler wurden aber sofort von den schon anwesenden Lehrerinnen zurückgeschickt. Alle anderen anwesenden Kinder waren durch eine Ringtelefonaktion von ihren Müttern und Vätern wieder abgeholt worden. Die Schulleiterin und ihre Stellvertreterin konnten das Schulgebäude nicht mehr erreichen.

Auch der Übergang von der B2 nach Stöckach (Bahnhof Rüsselbach) war von der Feuerwehr gesperrt worden, auch hier ging über die Brücke über die Schwabach rein gar nichts mehr. Eine Zufahrt nach Stöckach war nur noch über Frohnhof und Affalterbach möglich. Die Schwabach schwoll zunehmend an, ein Ende war nicht abzusehen. Die Frohnhofer Mühle ist überschwemmt. Gertraud Switalski, Bewohnerin der Mühle, sagte den NN: "Das ist das schlimmste Hochwasser, das wir jemals erlebt haben."

Der Keller der Mühle stand unter Wasser, die Turbinenräume waren komplett geflutet. Die Feuerwehr versuchte, das Wasser herauszupumpen.

Frau fiel in den Bach

In Kirchehrenbach, so NN-Redakteurin Maria Däumler, die im Landkreis unterwegs war, "ging gar nichts mehr". Der Ortskern steht unter Wasser. Am Morgen schwappte das Wasser fast bis in die Läden. "So schlimm war es noch nie", sagen die Kirchehrenbacher. Eine Frau ist  früh in den Bach gefallen, wurde unter zwei Brücken durchgespült und konnte zum Glück von Passanten unverletzt gerettet werden.

In der Bahnhofstraße musste aus Sicherheitsgründen der Strom abgestellt werden, weil etliche Keller vollgelaufen sind.

Durch Gosberg war kein Durchkommen. Die Brücke in Richtung Pinzberg war gesperrt wegen Einsturzgefahr. Auf der Straße stand das Wasser einen halben Meter hoch.

Dobenreuth, so ist von der Feuerwehr zu hören, kämpfte ebenfalls mit den Wassermassen.

Nach Angaben der Feuerwehr Forchheim ist erneut Wasser in das BRK-Altenheim in der Hainbrunnenstraße eingedrungen. Der benachbarte Weiher fasst den Regen nicht mehr. Die Feuerwehr und das THW pumpten.

Übergelaufen sind auch die Karnbaumweiher unterhalb des Kellerwaldes. Die Straße stand laut Feuerwehr rund 50 Zentimeter unter Wasser. Hier war kein Durchkommen mehr.

Unterweilersbach stand unter Wasser, die Feuerwehr stapelte Sandsäcke. Die Ausfahrt von Weilersbach auf die B 470 war gesperrt. In Richtung Forchheim behinderten zwei "Seen" auf der Straße das Weiterkommen.

Region Forchheim steht unter Wasser

© Ulrich Graser

Bei Cornelia Güntner und ihrem Mann Winfried im Burker Sudetenweg wurden furchtbare Erinnerungen an jene Nacht vom 21. Juli 2007 wach. Zitternd steht sie am Morgen in Regenjacke und Gummistiefel vor dem Haus und hofft, dass die Einsatzkräfte der Feuerwehr den Kampf gegen die Wassermassen gewinnen: "Wir haben viel Geld ausgegeben und den Keller gerade wieder neu eingerichtet." Vor vier Jahren war der Keller bis zur Decke vollgelaufen und hatte alle dort gelagerte persönliche Habe vernichtet.

Kurz nach 9 Uhr warten die beiden händeringend auf Sandsäcke. Die Burker Feuerwehr hat inzwischen im Keller eine Pumpe installiert. Der unmittelbar am Grundstück vorbeiführende Bach ist kurz nach 8 Uhr übergelaufen. Die braunen Fluten breiten sich jetzt auf dem Büttnerschen Grundstück aus und steigen unaufhörlich.

Vergebens: Gegen halb zehn ist der Keller bei Güntners erneut vollgelaufen. Die Straße ins Hintere Schlehental wurde gesperrt, das Wasser stand auf der Straße.