Region um Forchheim verzeichnet 124.000 Notrufe im Jahr

11.2.2019, 08:00 Uhr
Region um Forchheim verzeichnet 124.000 Notrufe im Jahr

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Im Notfall (wie auch im Zweifelsfall) kann sie lebenswichtig sein: Sei es bei einem Unfall, einem gesundheitlichen Problem, einem Feuer – sobald es lebensbedrohlich wird, ist die Ziffernfolge 112 unabkömmlich. Wer im Landkreis diese Nummer wählt, landet automatisch bei der Integrierte Leitstelle (ILS) Bamberg-Forchheim. In ihren Zuständigkeitsbereich fallen fast 340.000 Einwohner, die innerhalb der 1865 Quadratkilometer zwischen Zapfendorf im Norden, Neunkirchen im Süden, Gößweinstein im Osten und Schlüsselfeld im Westen leben.

22 Disponenten arbeiten in der Bamberger Schaltzentrale, im 24-Stunden-Schichtbetrieb, 365 Tage im Jahr. „Die Mindestbesetzung beträgt drei Personen, tagsüber ist noch ein vierter Mitarbeiter da“, sagt Christine Feldbauer. Sie ist Geschäftsführerin des für den Betrieb der ILS zuständigen Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF).

Die Mitarbeiter erfüllen fest zugewiesene Aufgaben: „Zwei Kollegen bearbeiten die Einsätze des Rettungsdienstes, einer kümmert sich um die Feuerwehralarmierung und hat Leitungsaufgaben und dann gibt es noch den Telefonisten“, erklärt Feldbauer. Alle arbeiten mit einer bayernweit einheitlichen Einsatzleitsoftware, mit der sie Rettungsdienst, Notarzt, Feuerwehr, Polizei, THW, Berg- oder Wasserwacht alarmieren können.

Grenzwertige Ereignisse

Rund 124.000 Notrufe gingen allein 2018 bei der ILS ein – das sind im Schnitt über 10.300 Anrufe pro Monat (oder durchschnittlich 340 Anrufe pro Tag). Und die Zahl steigt stetig. „Deshalb“, so die ZRF-Geschäftsführerin, „kommen wir zum Beispiel bei einem extremen Wetterereignis schnell an unsere Grenzen und müssen dann zügig nachbesetzen“. Auch psychisch wird die Arbeit der ILS-Mitarbeiter am Telefon bisweilen grenzwertig – „wenn beispielsweise ein einsamer Mensch am Rande seiner psychischen Belastbarkeit unsere Hilfe sucht“, erzählt Feldbauer.

Hinzu kommt der Ärger durch vermeintliche Notfälle, die sich schnell als Nichtigkeiten, Versehen oder schlichter Missbrauch des Notrufes erweisen: „Wir haben alleine zirka 1000 Anrufe im Monat, bei denen das Handy in der Tasche den Notruf auslöst, sich jemand verwählt hat oder es lustig findet, zum Spaß anzurufen. Auch gibt es immer noch Menschen, die glauben, wir vermitteln ihnen einen Schlüsseldienst oder den Notservice des Klempners.“

Wenn die ILS als „allgemeine Servicestelle“ angerufen werde, die Auskunft darüber geben soll, wo denn die nächste Tankstelle ist oder wer auf die Schnelle den Hausmeister ersetzen kann – „dann nimmt das Zeit und Leitungskapazität in Anspruch, die eventuell dringend anderweitig gebraucht wird“, ärgert sich Feldbauer. „Da fällt es gelegentlich schwer, den Humor zu behalten.“

Geburtshilfe via Telefon

Bei den ILS-Disponenten ist medizinisches Fachwissen gefordert. Und neben der fallabhängigen Alarmierung der Einsatzkräfte auch häufig Improvisationstalent: „Wenn zum Beispiel bei einer telefonisch angeleiteten Sturzgeburt kein anderes Material zur Verfügung steht, dann dient schon mal ein Paar Schnürsenkel zum Abbinden der Nabelschnur“, erzählt Feldbauer.

Wer sich angesichts solcher Notfälle mit der 112 einen schlechten Scherz erlaubt, den Notruf also missbraucht, um vorsätzlich Falschmeldungen in die Welt zu setzen oder den Disponenten ins Bockhorn zu jagen, kommt nicht immer ungeschoren davon: Laut Polizeipräsidium Oberfranken wurden 2018 im Bezirk gut 100 Ermittlungsverfahren wegen Missbrauchs von Notrufen eingeleitet. Im Falle einer Verurteilung drohen dem „Scherzkeks“ eine Geldstrafe oder gar bis zu einem Jahr Gefängnis.

Region um Forchheim verzeichnet 124.000 Notrufe im Jahr

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Wie Präsidiumssprecher Jürgen Stadter erläutert, gibt es zwischen der Einsatzzentrale der Polizei und den oberfränkischen Integrierten Leitstellen „eine Schnittstelle“. Das heißt, dass auch der Anrufer, der einen Brand über den Polizeinotruf 110 meldet, nicht auflegen muss, um dann wiederum bei der 112 anzurufen. „Die Informationen werden von der Polizei an die ILS weitergeleitet“, so Stadter.

Seine Kollegen haben in der Einsatzzentrale gleichfalls Unmengen an Telefonarbeit zu leisten: über 100.000 Notrufe wurden 2018 bearbeitet, im Schnitt 280 pro Tag. Auch hier ist nicht jeder "Notfall" ein Notfall. Stadter fällt dabei ein (erheblich alkoholisierter) Herr ein, der es schaffte, innerhalb einer halben Stunde 14 Mal den Notruf zu tätigen – um durchweg belangloses Gebrabbel loszuwerden.

Skurril auch die Mitteilung einer „betagten Frau“, die den Beamten erklärte, „dass sie ständig von außerhalb der Wohnung fotografiert wird. Es stellt sich heraus, dass zu dieser Zeit ein Unwetter vorübergezogen war – das vermeintliche Foto-Blitzlichtgewitter erwies sich als ein natürliches. Dann und wann können die Polizisten auch ihrem guten Ruf als Freund und Helfer mehr als gerecht werden: Stadter erzählt, dass eine Rentnerin einmal die 110 anrief, weil sie Probleme mit ihrem Fernseher hatte. „Der Kollege half der Dame, indem er die Betriebsanleitung des Geräts im Internet recherchierte.“

Apps und Hausnotruf

Und gerade in den heutigen digitalen Zeiten gibt es auch Alternativen zum „herkömmlichen“ Notruf via Telefon: vom Notrufsystem im Auto, über Notrufarm- oder -halsbänder, dem Handy mit großem Notruf-Knopf – bis hin zum Hausnotruf für ältere Mitbürger, die alleine oder betreut wohnen.
Einen solchen bieten unter anderem gemeinnützige Organisationen wie BRK, Caritas, ASB und Johanniter an. Senioren oder kranke Menschen tragen dabei üblicherweise den mobilen Hausnotruf-Sender immer am Körper, zum Beispiel als Armband. Im Falle des Falles genügt dann ein Knopfdruck, um mit der Notrufzentrale des jeweiligen Anbieters verbunden zu werden. Das geschieht über Freisprechanlage, der Weg zum Telefon muss nicht gemacht werden.

Doch auch die jüngere Generation kann sich mit modernen Mitteln absichern: Notfall-Begleit-Apps fürs Smartphone gibt es unzählige – und sind gerade deshalb mit Vorsicht zu genießen, meint Christine Feldbauer: „Manche Apps decken nicht einmal die Angaben aus den fünf W-Fragen.“ Die ILS bevorzuge deshalb das persönliche Gespräch, „bei dem wir Rückfragen stellen können.“ Allerdings gibt es Überlegungen für eine bundesweit standardisierte Notruf-App. „Wenn die erst mal abgeschlossen sind, kann eine App dabei herauskommen, die die notwendigen Vorgaben erfüllt und auch für uns verwertbar ist.“

Die wichtigsten Nummern in der Not

Unter der Telefonnummer 112 erreicht man die ILS und damit den Rettungsdienst und die Feuerwehr. Diese Nummer ist für Unfälle, Brände und vor allem akute und lebensbedrohliche Notfälle reserviert. Auch wenn die Notfallsituationen unklar ist, sollte die 112 gewählt werden. Die 112 gilt EU-weit. Darüber hinaus ist sie in fast allen übrigen Ländern Europas und sogar einigen außereuropäischen Staaten als Notrufnummer verfügbar.

Die 110 steht als bundesweit einheitliche Rufnummer der Polizei zur Verfügung. Schon der Verdacht einer Straftat genügt, um die 110 zu wählen und mit der Polizeieinsatzzentrale verbunden zu werden.

Den Ärztlicher Bereitschaftsdienst erreicht man unter der Nummer 116117 – für dringende, aber nicht lebensbedrohlichen Krankheitsfälle. Mit der 116117 erreicht man bundesweit die Anrufzentrale des ärztlichen Bereitschaftsdienstes, der dann an Bereitschaftsdienstpraxen in der Nähe verweist. Wenn ein Unfall in den eigenen vier Wänden oder der Gesundheitszustand einer Person einen Praxisbesuch allerdings unmöglich macht, sind auch Hausbesuche des Bereitschaftsdienstes möglich. Der ärztliche Bereitschaftsdienst versorgt Kassen- und Privatpatienten, die Kosten werden in der Regel übernommen.

Den Giftnotruf – im Falle oder beim konkreten Verdacht einer Vergiftung – erreicht man bundesweit nicht einheitlich. In Bayern hat er die Nummer 089 19240. Allerdings kann in solchen Fällen auch die 112 gewählt werden.

Und egal, welche Telefonnummer gewählt wird, vom Anrufer sind immer die „W-Fragen“ zu nennen: Wo ist etwas geschehen? Was genau ist geschehen? Wie viele Personen sind betroffen? Welche Art von Notfall/Verletzung liegt vor?

 

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