Renan Demirkan: "Es geht um die Akzeptanz des anderen"

16.11.2016, 09:59 Uhr
Renan Demirkan:

© Udo Güldner

Es war in Nürnberg, genauer an den Kammerspielen, wo ihre Karriere als Schauspielerin „in vielen schönen großen und kleinen Rollen“ begann. Anfang der 1980er Jahre war es, und schon damals war Renan Demirkan mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit konfrontiert. „Das sind Fragen, die sich immer wieder stellen.“

Da werde sie auch nicht müde, dieselben Worte immer und immer wieder zu sagen. „Solange es auf der Welt Ungleichheit gibt, werden sich die Menschen auf den Weg machen. Selbst eine Mauer bis zu den Wolken wird sie nicht aufhalten können. Denn es geht um ihr Überleben.“

„Abgrenzung keine Lösung“

Abschottung und Abgrenzung sind für die kämpferische Humanistin, die von den Moslems die Liebe, von den Christen das Handeln und von den Juden das Denken gelernt hat, keine Lösung. „Nur für die Schwachmaten von der AfD.“

All das habe die Menschheit bereits mehrfach ins Elend gleiten lassen, habe Tod und Vernichtung gebracht. Stattdessen plädierte sie für ein Miteinander statt eines Nebeneinanders. „Da kann jeder Einzelne etwas tun. Es geht um Akzeptanz des anderen und gegenseitigen Respekt.“ Denn Toleranz reiche schon lange nicht mehr.

Sie sei „Tyrannei in Häppchen“ und eine Idee von „Herrendenkern“. Goethes Maxime kommt einem in den Sinn: „Toleranz sollte nur eine vorübergehende Gesinnung sein: sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“ Mit den Mitteln der Künstlerin kämpft Renan Demirkan wortreich um offene Grenzen und offene Herzen. „Zuwanderer brauchen keine Integration, sondern Teilhabe.“

„Wir müssen sie aufnehmen“

Sie verstehe sowieso nicht, warum man diese motivierten, ehrgeizigen und optimistischen Menschen nicht besser aufnehme. „Wir müssen sie wahrnehmen, aufnehmen und umarmen.“ Kein Mensch fühle sich von sich aus als Ausländer, wenn er von anderen nicht dazu gemacht werde.

Heute heißt es „christlich-jüdisches Abendland“, was den Islam ausklammere. Die Folge dieser Art von Misstrauen, Ausgrenzung und Demütigung sei ein umso stärkerer Zusammenhalt der Ausgegrenzten, die sich in kulturellen Ghettos verschanzten. Und das Signal an die Rechtsextremen und Islamhasser, dass ihr Gedankengut hoffähig geworden sei. „Wen wundert da noch Pegida? Wen der rassistische Mob, der Menschen angreift.“

Der Schlüssel zu einem besseren Leben für alle sei eine Abschaffung der „Agenda 2010“ mit ihren asozialen Hartz-IV-Bestimmungen. „Die Flexibiliät ist der größte Fluch der Moderne. Ein Heer von Tagelöhnern mit Dumpinglöhnen kann die eigene Zukunft nicht mehr planen.“ Eine ständige Unruhe habe sich vieler verunsicherter Menschen bemächtigt. Denn nur wer keine Angst vor der Zukunft habe, kapsele sich nicht ab, werde nicht von der Wut erfasst, könne solidarisch handeln.

Selbst Bildung schütze die bislang gesicherte Mittelschicht heute nicht mehr vor Armut. Das bedrohe den Zusammenhalt, den „kulturellen Kitt“ der Gesellschaft, die sich immer mehr vereinzele. „Deutschland schafft sich nicht ab, es löst sich auf.“ Dagegen gelte es zu diskutieren und zu kämpfen. „Denn all das ist kein Naturgesetz, sondern Folge politischen Handelns.“

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