Roberto Hilbert spricht über seine Karriere-Renaissance

22.5.2015, 17:00 Uhr
Roberto Hilbert spricht über seine Karriere-Renaissance

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Herr Hilbert, unser letztes Telefonat war vor knapp zwei Jahren. Ihre sportliche Zukunft bei Besiktas Istanbul war noch offen, die Bundesliga ein ferner Hintergedanke.

Roberto Hilbert (lacht): Wenn es Glück bringt, vielleicht sollten wir dann jetzt wieder ein bisschen träumen.

Im Ernst. Der Wechsel war schon überraschend. Wie kam’s dazu?

Roberto Hilbert: Das war eine nervenaufreibende Geschichte. Fast zwei Monate hatte ich frei und noch keine Planungssicherheit. Die Verhandlungen mit Besiktas waren gescheitert und die Gespräche mit den Interessenten haben sich hingezogen. Dann kam Bayer Leverkusen und plötzlich ging alles doch ganz schnell. Zwischen Anfrage und Vertragsunterschrift waren gerade einmal 24 Stunden. Ich musste auch nicht lange überlegen, Leverkusen war und ist eine Top-Adresse im deutschen Fußball.

Nach langer Anlaufphase blühen Sie in der zweiten Saison mächtig auf. Warum hat es gedauert, bis der Knoten geplatzt ist?

Roberto Hilbert: Mein Ziel war es, mich in Leverkusen zu etablieren. Und das habe ich mir jetzt erkämpft. Der neue Vertrag ist das Ergebnis meiner Arbeit. Es ist ein schönes Gefühl, wenn jemand auf dich setzt. Dass ich mich anfangs schwer getan habe, lag nicht so sehr an der Umstellung auf die Bundesliga.

Von der spielerischen Qualität und der Intensität her ist das natürlich ein höheres Niveau als in der türkischen Süper Lig, aber ich bin wie ein Kamel und passe mich normalerweise schnell an. Nur hatte ich nicht die nötige Fitness. Ich lebe mit meiner Spielweise von der Physis und konnte die eben nach der langen ungewissen Sommerpause nicht einbringen. Dann kam eine Verletzung. Als ich mich erholt hatte, sind wir in der Rückrunde als Mannschaft in der Leistung eingebrochen. Eine unheimliche Serie an von mir verschuldeten Elfmetern hat die Situation auch nicht gerade leicht gemacht.

Oft wird der persönliche Aufwärtstrend des Spielers Roberto Hilbert in einem Satz mit dem Trainer Roger Schmidt genannt.

Roberto Hilbert: Er ist vor der Saison mit einem komplett neuen Konzept gekommen. Unsere Spielweise wurde noch intensiver und schneller. Körperliches Topniveau ist die Grundvoraussetzung. Mit der Zeit können wir das als Mannschaft auch konstant abrufen. Über die Qualifikation wollen wir wieder in der Champions-League dabei sein.

In der Bayer vor ein paar Wochen in einem dramatischen Elfmeterkrimi ausgeschieden ist. Welche Gedanken gehen einem da bei der Erinnerung durch den Kopf?

Roberto Hilbert: Die Enttäuschung im ersten Moment war groß. Aber wir haben gezeigt, dass wir mit einer der Top-Teams in Europa mehr als mithalten können. Das muss uns stolz machen, dass wir bei diesen Spielen gegen Klubs wie Atletico Madrid dabei sind. Ich fand die Istanbuler Derbys vor den extrem emotionalen Fans immer besonders, aber mit der Champions-League ist das rein sportlich trotzdem kaum ein Vergleich. Positiv stimmt mich, dass wir eine junge Truppe haben und mit unserer Entwicklung noch gar nicht am Ende sind.

Das klingt nicht nach einem 30-Jährigen, dem das Ganze bald zu viel Action ist.

Roberto Hilbert: Diese Frage höre ich oft. Aber ganz im Gegenteil: Ich fühle mich frischer als so mancher 20-Jährige und will so lange es möglich ist in der Bundesliga spielen und kann auch immer noch etwas dazulernen. Zum jetzigen Zeitpunkt glaube ich nicht, dass mir die zwei Jahre, die mit Leverkusen vereinbart sind, schon reichen.

Beim letzten Mal hatten wir schon über Pläne für nach der aktiven Laufbahn gesprochen.

Roberto Hilbert: Das war ja nichts Konkretes. Nur, dass ich dem Fußball in irgendeiner Form erhalten bleiben will.

Franken sind in der Bundesliga rar gesät. In Forchheim könnten sie bei der Nachwuchsförderung prominente Anschubhilfe sicher gebrauchen.

Roberto Hilbert: Mal schauen. Persönlich kenne ich außer Stefan Kießling und Heiko Westermann wohl tatsächlich keinen anderen Franken.

Am Samstag steht das letzte Spiel in Frankfurt an. Freut sich ein Profi eigentlich auf das Saisonende?

Roberto Hilbert: Auf jeden Fall. Die Saison war lang und wir haben mit den englischen Wochen viele Spiele gemacht. Es war aufregend. Eine Pause im Urlaub tut dem Körper jetzt trotzdem gut. Die meiste Aufmerksamkeit werden meine Kinder bekommen, die sonst nicht viel vom Papa haben.

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