Rothenbachers (bewegliches) Jahr mit der Bahn

31.12.2017, 22:00 Uhr
Rothenbachers (bewegliches) Jahr mit der Bahn

© Foto: Berny Meyer

Diese Bahn. Von Anfang an ist sie in Forchheim meine Begleiterin gewesen und inzwischen auch meine Beförderin. Den Ausbau der ICE-Trasse habe ich in – Moooment, kurzer Blick ins Archiv – 21 Artikeln, Reportagen, Kurzmeldungen und gefühlt sechsmal so vielen Fotos, Videos und Online-Posts dokumentiert. Begonnen hatte ich damit bereits im Juli 2016, noch als Volontär. Damals, als Archäologen für die Wissenschaft zwischen Baiersdorf und Forchheim nach Hinterlassenschaften der alten Kelten gruben – bevor die Bagger für die Bahn graben durften.

Ich war Anfang August 2016 dabei, als die provisorische Metallbrücke Fußgänger von der Ostseite über die Gleise zum Bahnsteig bringen sollte. Auch als sie Anfang September in "zwei bis drei Wochen" stehen sollte. Selbst als sie Anfang Oktober zwar stand, aber wegen der fehlenden Bau-Dokumentation (mich hat die Bahn ja nicht gefragt) geschlossen blieb. Wobei ich dieses amüsante Kapitel ihres Behelfs-Schicksals von Nürnberg aus verfolgte, meiner zwischenzeitlichen Volontärsstation.

Und als die Brücke Mitte November schließlich tatsächlich begehbar war, vergoss ich in Nürnberg eine Freudenträne. Nun hatte ich aber in der Forchheimer Redaktion ziemlich Eindruck geschunden. Er reichte jedenfalls, meine Ausbildung rabiat zu verkürzen und ich wurde vorzeitig im April 2017 zum Redakteur geschlagen. Pünktlich zum Ende der Bahnbau-Winterpause.

Die Maschinen rückten an, die Kräne wurden hochgefahren und erst mal mussten die Fahrräder vom Bahnhofsplatz weg – ein paar herrenlose Relikte altern bis heute in wettergegerbter Würde hinter der kleinen Holzhüttenkneipe.

An Ostern: Großkampftage rund um den Forchheimer Bahnhof. Überall dröhnte und ratterte und planierte es, der Boden bebte, ganze Bahnsteige verschwanden, alte Gleise wurden herausgerissen, neue verlegt, Bohrgeräte fraßen sich in die Erde, Helikopter donnerten über unsere Köpfe hinweg, flogen Signalanlagen ein, Bagger hoben gewaltige Löcher für den neuen Fußgängertunnel aus und wir hetzten von einem Übergangs-Bahnübergang zum nächsten. Alles war in Bewegung, ich inklusive.

Zum Sommer hin nahm der östliche Teil der Trasse sichtbar Gestalt an, frisch polierte Schienen in – Achtung, Bahnsprech! – "Endlage" glänzten in der Sonne. Doch auf den Gleisen herrschte plötzlich Stillstand, dank des legendären – Achtung, Bahnsprech! – "Schienenersatzverkehrs". Oh, ein schönes Wort. Man kann es einfach immer wieder hören. Man kann viel über das Wort nachdenken während man auf den Bus wartet, der nicht kommt. Oder der irgendwann schon dahertuckert – so überfüllt, dass nur ein pulsierendes, nach Atemluft ringendes, gegen die Fensterscheiben gepresstes Knäuel aus Gliedmaßen und Gesichtern zu sehen ist.

Obwohl als Pendler persönlich davon betroffen, war ich beruflich angehalten, diese unschönen Szenen unparteiisch zu dokumentieren. (Warte-)Zeit hatte ich ja genug. Die pünktliche Eröffnung der neuen Fußgängerunterführung Mitte Dezember war dann der versöhnliche Jahresabschluss. Versöhnlich auch, weil ich nicht mit der Gräfenbergbahn fahren musste. Keine Störungen oder Ausfälle, alles nach Fahrplan – so lief dieses 2017 für mich beruflich: Erst Azubi, dann befristeter und kurze Zeit später fester Redakteur. Wow! Richtiger Journalist, wer hätte das gedacht? Nicht übel. Und so fühlt sich also fünf Tage die Woche Erwachsensein an. Lässt sich aushalten.

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