2014: Die Stadt, die Kultur und die Kreativen

28.12.2014, 19:20 Uhr
2014: Die Stadt, die Kultur und die Kreativen

© Archivf.: Roland Huber

Am 7. Juli kamen im Jungen Theater (JTF) viele Kulturschaffende aus Forchheim und Umgebung zusammen, um der Frage auf den Grund zu gehen, wohin die kulturelle Reise der Stadt geht. Auf dem Podium saßen heimische und externe Fachleute, im Publikum Politiker/innen und Praktiker/innen des lokalen Kulturbetriebs. Dem Veranstalterteam des JTF ging es bei diesem Termin vor allem darum, die eigenen Vorstellungen von einem künftigen Kulturzentrum zu diskutieren. So wie die Dinge liegen, wird wohl das Kolpinghaus diese Rolle zugewiesen bekommen, und wenn sich die StadthallenVerfechter der SPD auf den Kopf stellen.

Im Hinterzimmer

Erst jüngst, Mitte Dezember, wurden im Hinterzimmer des Rathauses, das es laut OB gar nicht gibt (was auch als Erkenntnis des Jahres bezeichnet werden kann), am Runden Tisch Kultur wieder Weichen gestellt.

Die Aktiven des JTF warteten bei ihrer Podiumsdiskussion im Juli sogar mit einem relativ detaillierten Konzept für die Örtlichkeit Kolpinghaus auf. Doch aus meiner Sicht drehte sich die Diskussion eher in eine andere Richtung.

2014: Die Stadt, die Kultur und die Kreativen

© Roland Huber

Und das lag an Jürgen Enninger, seinerzeit Leiter des Regionalbüros Bayern des Kompetenzzentrums für Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes. Inzwischen leitet er eine solche Stelle in der Stadt München. Enninger weitete den Blick der Anwesenden und warnte davor, die eigene Perspektive auf ein städtisches Kulturzentrum zu verengen. Nicht als „Bittsteller“ oder „willkommene Pausenclowns“ dürften die Kreativen auftreten, sagte er, sondern: „Ihr müsst klar formulieren, was ihr braucht und nicht, was die Stadt braucht.”

Ein großes Wort, gelassen ausgesprochen. In Forchheim wird alle Nase lang nach „der Stadt“ gerufen, auch wenn sie gar nicht zuständig ist. Kein Aufzug am Bahnsteig? Da muss „die Stadt“ doch was machen. Kein „H & M“ in der Hauptstraße? Na klar, weil „die Stadt“ sich nicht kümmert. Die Delegationen der Partnerstädte wurden nicht angemessen empfangen? Daran kann nur „die Stadt“ schuld sein.

„Die Stadt“ in Gestalt des Oberbürgermeisters tut selbst viel für den Nimbus der All-Zuständigkeit. Das rührt schon allein daher, dass Franz Stumpf in vielen wichtigen (und nicht mehr so wichtigen) Vereinen und Verbänden an der Spitze steht. Manchmal weiß er selbst nicht mehr, in welcher Funktion er gerade spricht. Mir hat er mal folgendes am Telefon gesagt: „Als Kreisvorsitzender des Roten Kreuzes halte ich den Standort Kloster St. Anton für ein Altenheim gut. Als Oberbürgermeister bin ich dagegen.“

So nimmt es auch nicht wunder, wenn die Forchheimer an sich der Meinung sind: „Hab’ ich ein Problem, dann geh’ ich halt zum Franz damit, der wird mir schon helfen.“

Dialog mit Stadtspitze

Und das gilt auch für viele Kulturschaffende der Stadt. Freilich ist es nicht verkehrt, den Dialog mit der Stadt(spitze) zu suchen. Vor allem bei strukturell und finanziell so weitreichenden Entscheidungen wie einem Kulturzentrum. Aber nach dem besagten Juli-Abend im Jungen Theater frage ich mich: Wird mit der Fixierung auf die eierlegende Wollmilchsau in Gestalt eines „Kulturzentrums“ wirklich die richtige Richtung eingeschlagen?

Kultur in Forchheim ist mehr als Rockbands und Kabarettbühne. Zu den Kreativen zählen auch die vielen Gesangsensembles, ob frei oder als Vereine verfasst. Dazu zählen bildende Künstler wie Christine Frick, die mit ihren internationalen Verbindungen in diesem Jahr Spuren in der Stadt hinterlassen hat. Dazu zählen aber auch Kreative aus der Online- und aus der Filmszene, die nicht so oft im lokalen Bereich in Erscheinung treten, wie etwa der Kameramann Sebastian Wiegärtner, der fürs ZDF zwei Filme drehte.

Forchheims Kreative sind der kulturelle Sauerteig, aus dem sich die Forchheimer Bürger ihre je eigenen Kulturhäppchen backen. Zusammen bilden sie eine wirtschaftliche Potenz von beträchtlicher Größe. Die Stadt braucht die Kreativen mehr als umgekehrt sie selbst die Stadt. Es kommt nur auf die richtige Perspektive an.

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