Kleiner Verein mit vielen Erfolgen

30.7.2015, 10:24 Uhr
Kleiner Verein mit vielen Erfolgen

© RolandHuber

Ende der 70er steht Richard Rzehak in Nürnberg auf dem Sportplatz und wirft den Hammer. Rzehak ist in den 40ern, vor knapp zehn Jahren hat er den Speer in die Ecke gestellt. Er war einst beim 1. FC Nürnberg in der ersten Mannschaft aktiv. „Die war damals noch groß und toll“, sagt Rzehak. Das war, bevor der Fußball die Leichtathletik kaputt gemacht habe – Rzehak war zu seiner Zeit, Mitte der 60er, mehrmals unter den besten deutschen 20 Speerwerfern.

Richard Rzehak begann einst als Speerwerfer.

Richard Rzehak begann einst als Speerwerfer. © Repro: Roland Huber

Doch mit 37 Jahren spielten Schulter und Ellbogen nicht mehr mit. Der Arzt riet Rzehak, mit dem Speerwurf aufzuhören — weit über die 70 Meter werde er wohl nicht mehr kommen. „Mit den Operationen war das damals noch nicht so“, sagt Rzehak. Er gab den Speer auf und sah sich den Hammer näher an. „Wenn ich gewusst hätte, wie toll das ist, hätte ich nie Speer geworfen.“ Es sei einfach technisch sehr anspruchsvoll und fordere den ganzen Körper. Vom Hammerwurf kam Rzehak zum Rasenkraftsport: Hammerwurf, Steinstoß und Gewichtwurf. Die Disziplinen sind teilweise schon seit Jahrtausenden mit Wettkampfcharakter belegt, Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich die Sportart organisiert.

Name verweist auf die Heimat

Auf dem Sportplatz in Nürnberg lernt Rzehak Hans-Joachim Pantel kennen. Der Erlanger ist ebenfalls vom Rasenkraftsport begeistert, sagt aber nach zwei Jahren: „Ich bin zu alt zum Fahren, ich gründe in Erlangen einen neuen Verein.“ Der Industrielle Pantel hat auch schon einen Namen parat: SC Preußen. Mitten in Bayern könne er doch einen Verein nicht Preußen nennen, entgegnet Rzehak. Könne er doch, erwidert Pantel. Er will auf seine alte Heimat Insterburg im früheren Ostpreußen hinweisen, heute Tschernjachowsk bei Kaliningrad. Und schließlich habe Erlangen ja auch einst dem Markgrafen von Brandenburg gehört.

Im November 1979 kommen Pantel, Rzehak, dessen Söhne Günter und Dieter und weitere zur Gründungsversammlung zusammen. Der am 1. Januar 1980 gegründete Verein trainiert in einer Halle Pantels, auch Athleten der LAC Quelle Fürth sind dabei. Doch schon bald sucht Pantel nach einem neuen Gelände. Er hat Süden Forchheims im Blick, genauer die Sandäcker. Seine Vision: In einer Kiesgrube soll ein Leistungszentrum für den Rasenkraftsport entstehen.

Das Bauamt macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Die Beamten sehen 1983 die für die Bayerischen Meisterschaften bereits aufgebauten Wurfkäfige. „Das gab Ärger“, erinnert sich Rzehak. Die Preußen mussten alles abreißen, ihr Vorhaben konnten sie sich abschminken. Doch Pantel hat schon ein neues Ziel: Effeltrich. Hier hat sein heute noch existierendes Elektronik-Unternehmen eine Niederlassung, er kennt Ludwig Werwein, den langjährigen Vorsitzenden der SpVgg. Per Handschlag wird der SC Preußen Erlangen in Effeltrich heimisch.

Ohne Athletik geht nichts

Rzehak beim Hammerwurf in Aktion.

Rzehak beim Hammerwurf in Aktion. © privat

Rzehak ist heute 86 Jahre alt. Er stößt die Kugel immer noch weit über neun Meter und ist wohl der erfolgreichste Athlet im Landkreis. Um die 200 Titel hat er im Rasenkraftsport, in der Leichtathletik (Hammerwurf ist auch hier vertreten) oder im Werfer-Fünfkampf gesammelt, zigfach stand er bei Bayerischen, Deutschen, Europa- und Weltmeisterschaften auf dem Podium, hat mehrere Rekorde aufgestellt.

Dafür trainiert Rzehak hart, legt im Winter mit einem Athletikprogramm im Kraftraum den Grundstein für eine erfolgreiche Saison. „Es braucht einfach eine Grundathletik. Aus all den Jahren weiß ich: Man kann die schönste Technik im Kopf haben, aber das bringt nichts, wenn man sie wegen fehlender Athletik nicht ausführen kann.“

Der Verein in Effeltrich floriert. Mit der Unterstützung Pantels holt der SC Preußen Spitzenleute, kämpft 1985 gegen Leverkusen und Paderborn mit den damaligen Spitzen-Athleten Uwe Beyer, Jörg Schäfer oder Heinz Weis um die Deutsche Meisterschaft in der Rasenkraftsport-Bundesliga. Heute ist es ruhiger geworden. Der „großartige Gönner“ (Rzehak) Pantel starb vor 20 Jahren. Ihm zu Ehren wird jährlich im Mai der Werfer-Wettbewerb um den Jochen-Pantel-Pokal ausgetragen. Sein Sohn Peter unterstützt den Verein noch heute, 36 Mitglieder hat der SC Preußen. „Die meisten sind aktiv“, sagt Rzehak stolz. „Es gibt nirgendwo einen so kleinen Verein, der mit so einer kleinen Mitgliederzahl so viel erreicht hat“, sagte der Erlanger BLSV-Kreisvorsitzende Walter Fellermeier beim 25. Vereinsjubiläum.

Nachdem die Schulter nicht mehr mitspielte, konzentrierte er sich auf Rasenkraftsport und erzielte unzählige Titel.

Nachdem die Schulter nicht mehr mitspielte, konzentrierte er sich auf Rasenkraftsport und erzielte unzählige Titel. © Roland Huber

Trotzdem, viele Mitglieder sind heute schon etwas in die Jahre gekommen. Der Nachwuchs ist spärlich gesät. „Es ist so wie überall in der Leichtathletik“, sagt Rzehak. Einst trainierte er Kinder beim 1. FC Nürnberg. „Nach ein paar Wochen kam immer die Frage, wo denn der Weltrekord läge.“ Der lag dann freilich bei einem Vielfachen der eigenen Weite. „Zwei Tage später waren sie nicht mehr da.“ Rzehak sagt es ohne Verbitterung. Er weiß: „Nur mit hartem Training geht es nach oben.“

Rohdiamant wird geschliffen

Schon in den Anfängen habe man dem SC Preußen Erlangen keine große Lebensdauer prophezeit. Gehalten hat er sich doch. Und Rzehak macht Mut, dass immer wieder Interessenten im Kraftraum (montags, donnerstags) oder an den Wurfplätzen (mittwochs, sonntags) vorbeischauen. Ein junger Grieche sei zurzeit dabei, „sehr talentiert“. Und natürlich Heike Niggemann und ihre Tochter Cosima Gundermann. Besonders von der 15-jährigen Leichtathletin hält Rzehak viel. Sie hat sich im Winter 2013 dem SC Preußen angeschlossen, bereits erste Erfolge erzielt. „Sie ist ein Rohdiamant. Sie hat riesige Fortschritte erzielt.“ Aber sie müsse eben weiter trainieren.

So wie Rzehak selbst. Er denkt nicht ans Aufhören. Im Gegenteil, zurzeit bereitet er sich auf seine Teilnahme bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Lyon am Wochenende vor. Die finden zum 21. Mal statt, Rzehak ist von Beginn an dabei. Seine Rekordjagd ist nie zu Ende.

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