Schach: SC punktet in der eigenen Festung

21.10.2014, 10:30 Uhr
Schach: SC punktet in der eigenen Festung

© Foto: Roland Huber

Während sein Gegner noch über den nächsten Zug grübelt, vertritt sich der tschechische SC-Altmeister Vlastimil Jansa einmal mehr die Beine und beobachtet mit hinter dem Rücken verschränkten Armen die Konstellation auf einem anderen Brett. Seit 21 Jahren kennen sie den mittlerweile 71-jährigen Prager so in Forchheim. Tatsächlich können Denksportler entspannen, wenn sie ihre Partie für einige Augenblicke ruhen lassen und ihre Blicke auf die Figuren beim Tischnachbarn richten. Dabei befasst sich der Spieler fast genauso intensiv mit den Stellungen wie auf dem eigenen Brett, schließlich können die Strategien potenzieller nächster Gegner ausgemacht werden. Konkrete Tipps dürfen sich Mannschaftskollegen während des Wettkampfes, zum Beispiel beim Gang auf die Toilette, aber nicht geben. Diese Regel ist gleichzeitig ein Ehren-Kodex in der kleinen Schach-Gemeinde.

Nicht verboten ist, einen Spielzug in Abwesenheit seines Kontrahenten auszuführen. Als Alexander Seyb seine Aktion beendet und die elektronische Uhr betätigt, kehrt Peter Endres gerade mit einem Getränk zurück in den Raum. In aller Ruhe betrachtet der Erfurter die neue Situation, setzt seine Brille auf und notiert den Zug auf seinem Spielberichtsbogen. Man wird sich später Unentschieden trennen.

Der Faktor Zeit hat nach einer Regel-Änderung zur neuen Saison an Brisanz verloren. Insgesamt 30 Minuten mehr Bedenkzeit als bisher stehen den Akteuren zur Verfügung. „Der Modus wurde an die 1. Bundesliga angepasst“, erklärt Schiedsrichter Robert Ackermann: „Mit dem Extra-Kontingent ist es schwerer geworden, den Gegenüber aus einer schlechteren Ausgangsposition mit geschickten Manövern in der Schlussphase noch in Zeitnot zu versetzen und einem Fehler zu provozieren.“ Dafür gebe es die Varianten des Blitz- und Schnellschach.

Ackermann, selbst Kreisliga-Spieler in Fürth-Wilhermsdorf, ist in Forchheim als Schiedsrichter und Turnierleiter bekannt und respektiert. Zu Disputen komme es bei den Ligaspielen ohnehin so gut wie nie: „Ich bin einfach ein Ansprechpartner, falls die Spieler sich doch mal unsicher sein sollten. Ansonsten sehe ich mich als Dienstleister, aktualisiere die Spielstände an der Leinwand und stelle die beendeten Einzelpartien mit einem speziellen Programm ins Internet.“ Zwischendurch taucht Ackermann im Vorraum des 1. Stocks im Haus des Handwerks auf und bittet um Ruhe. Die Türen und Wände sind dünn.

Meister aus Irland eingeflogen

Unter den starren Augen der ehemaligen Kreishandwerksmeister, sauber in Bilderrahmen an der Rückwand des angestaubten Versammlungssaals aufgereiht, versucht Jörn Bade verzweifelt seine zweite Niederlage abzuwenden. Obwohl Bade kämpft, muss er seine aussichtslose Stellung aufgeben. Bereits am Vortag hatte der Forchheimer Joker, der aus beruflichen und privaten Gründen länger nicht am Brett saß, gegen den Bindlacher Gavin Ball verloren. Der oberfränkische Rivale scheute keine Kosten und Mühen, um den Internationalen Meister aus Irland sowie ein tschechisches Trio rechtzeitig einzufliegen.

Der SC griff dagegen noch nicht auf seine Stars, den tschechischen Großmeister Milos Jirovsky und Florian Ott, derzeit bei der Jugend-Europameisterschaft in Georgien, zurück. Für den inoffiziellen oberfränkischen Titel im Duell mit Bindlach reichte es auch so, vor allem dank einer starken Nachwuchsfraktion. Andreas Rupprecht mit einem unkonventionellen Überraschungs-Coup, Debütant Christian Schramm und Alexander Seyb waren auf den Positionen 2, 3 und 4 erfolgreich. Während Jansa im Endspiel einen Vorteil aus der Hand gab, knöpften die übrigen Routiniers Manfred Heidrich, Berthold Bartsch und Hans-Jürgen Doeres ihren Widersachern jeweils ein Remis ab und leisteten ihren Beitrag zum knappen 4,5:3,5-Sieg der Forchheimer.

Deutlich mit 2,5:5,5 Mannschaftspunkten unterlag der Gastgeber am Ende eines langen zweiten Tages dem amtierenden Meister aus Erfurt, der am Samstag Bad Mergentheim mit 4,5:3,5 bezwingen konnte. Neben Seyb erzielten Rupprecht, Jansa und wiederum die Oldies Bartsch/Heidrich mit ihren Remisen Achtungserfolge für den SC. „Erfurt spielt um den Titel mit, die Niederlage ist keine Überraschung. Wichtig war der Sieg gegen den direkten Konkurrenten Bindlach“, sagt der Forchheimer Kapitän Manfred Heidrich.

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