Schläger in der S-Bahn Einhalt geboten

28.10.2013, 17:39 Uhr
Schläger in der S-Bahn Einhalt geboten

© Sippel

Robert Hahner und Lena Reichel sind im Januar mit der S-Bahn auf dem Nachhauseweg. Der wird nicht so schön wie der vorangegangene Abend in Erlangen. Noch im Bahnhof spuckt ein Mann anderen Reisenden ins Gesicht. Kurz vor dem Bahnhof Baiersdorf kommt er auf die Sitzgruppe von Reichel und Hahner zu. Einem den beiden Bankangestellten gegenübersitzenden Mann schlägt der Angreifer eine Bierflasche ins Gesicht. Der Mann wird schwer verletzt.

„Ich konnte gar nicht nachdenken, ich habe einfach reagiert“, erzählt Hahner ein knappes Jahr später. Er packt den Arm des Angreifers, versucht, sich fallen zu lassen. Dass der Mann ein Messer in der anderen Hand hält, registriert er nicht.

Ein weiterer Mitreisender, Stefan Uderhardt, kommt hinzu, packt den anderen Arm. Während der Mann sich nicht mehr rühren kann, entwaffnet ihn Lena Reichel. Sie ruft nach dem Schaffner, nach langen Minuten hält der Zug in Baiersdorf, wo die Polizei den Mann abholt.

Im Nachhinein ärgert sich Reichel. Von den anderen Reisenden habe niemand geholfen. Einige hätten sich sogar beschwert, weil die S-Bahn länger als geplant halten musste. „Sie würden sich doch sicher freuen, wenn sie selbst in der Situation gewesen wären und ihnen jemand geholfen hätte“, sagt die 29-Jährige.

Reichel, Hahner und Uderhardt haben geholfen. Nachdem der Angreifer wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt wurde, meldete sich die Polizei noch einmal bei ihnen. Johann Rast, Polizeipräsident von Mittelfranken, und der Lions Club Erlangen-Hugenottenstadt zeichneten die Drei im Polizeipräsidium für ihre Zivilcourage aus. Rast lobte dabei, wie mutig und vorbildlich das Trio gehandelt habe und wie wichtig couragiertes Handeln für die Zivilgesellschaft sei.

Vor Einschreiten überlegen

„Es ist schön, dass wir den Preis bekommen haben“, sagt Hahner. „Man kennt den Polizeipräsidenten sonst ja nur aus Krimis.“ Er habe in der Situation damals jedoch keine andere Wahl gehabt und fühle sich deshalb nicht als Held oder als Vorbild. „Als Mitglied der Feuerwehr weiß ich, dass Eigensicherung vor Fremdsicherung geht. Man sollte vorher überlegen, bevor man in einen Streit eingreift.“

Der Präsident habe sie dafür gelobt, dass der Täter nicht verletzt wurde — Schlichtungsversuche dürften nicht zu Schlägereien ausarten. „Wichtig ist, nicht wegzuschauen, sondern die Polizei zu rufen und Öffentlichkeit herzustellen“, sagt der 31-jährige Hahner. Der Vorfall geht ihm nach. Noch heute beschleicht ihn manchmal ein ungutes Gefühl, wenn er in den Zug steigt.

Das hatte auch Reichel, als sie das erste Mal wieder mit der S-Bahn fuhr. Als Pendlerin hat sie es aber schnell wieder abgelegt. Auch sie sieht sich nicht als Vorbild. „Ich war ja nicht selbst in Gefahr. Ich finde es aber gut, dass es den Preis gibt. Vielleicht kann man so etwas Werbung für’s Helfen machen.“ Sie wünscht sich, dass es für mehr Leute selbstverständlich wäre.

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