Sonja Och zeigt ungeschminkte Realität in Schwarz-Weiß

19.9.2014, 17:43 Uhr
Sonja Och zeigt ungeschminkte Realität in Schwarz-Weiß

„Es geht um Menschen, die um die Freiheit kämpfen, ihren eigenen Weg zu gehen, menschenwürdig zu leben“, erzählt Sonja Och. Sie begleitet die drogensüchtige Nisha in einem US-Gefängnis und kommt ihr trotz trennender Technik ganz nahe. Sie blickt der dänischen Striptease-Tänzerin Charlotte über die Schulter. „Es geht mir um Tabus, um die Frage, warum uns etwas abstößt und doch zugleich fasziniert.“

Es sind die starken Persönlichkeiten, die Sonja Och fesseln — und ihr oft deprimierendes Schicksal, wie die indischen Mädchen kurz vor ihrer Zwangsverheiratung. „Das sind die Schicksale, die mich zerreißen. Gerade weil man als Außenstehende ohnmächtig zusehen muss. Sagen wir doch, was es ist — Vergewaltigung.“

Hautnah erlebt sie aber auch „die ungeheure Energie, die in den Menschen steckt“. Mehr als einmal hat Sonja Och Glück gehabt. Etwa als sie bei einer Reportage in Indien im letzten Moment vom Sicherheitsdienst vor einer Massenvergewaltigung gerettet wurde. Oder bei einer Busfahrt ins ukrainische Charkow, bei der sie nur knapp separatistischen Schlägertrupps entging. Von Überfällen und anderen kritischen Situationen nicht zu reden.

Immer dabei eine einfache Kamera, um den Moment nicht zu verpassen. „Mein Ziel ist es, nicht mehr wahrgenommen zu werden. Das hat etwas mit dem Vertrauen zu tun, das mir entgegengebracht wird. Schließlich offenbaren die Menschen ihr Innerstes, ihre Gedanken und Gefühle.“ Beim Wunsch, ganz nahe zu sein, sei es schwer, professionelle Distanz zu wahren. „Ich habe nur noch geheult und mit der Kamera draufgehalten.“

Ihre neuesten Arbeiten rücken den Maidan in Kiew wieder ins Bewusstsein, der vor einem halben Jahr überall zu sehen war, nun aber seltsam entrückt scheint. Die Fotografin zeigt „nicht Soldaten, Demonstranten oder Terroristen, sondern Menschen, einfache Männer und Frauen, die aus der ganzen Ukraine gekommen sind, um hier ihr Land und ihre Freiheit zu verteidigen.“

Ihre Schwarz-Weiß- Abbildungen aus dem Frühjahr 2014 bilden die ungeschminkte Realität ab, zeigen Verzweiflung, Enttäuschung, Hass und Gewalt. An Körpern und Seelen verletzte Menschen, die vor zerstörten Gebäuden und Hoffnungen stehen. „Ich musste als Deutsche viel Kritik aushalten, weil Angela Merkel zuerst alles Mögliche versprochen, dann aber keinen Finger mehr gerührt hat.“

Dabei hat Och die schlimmsten Aufnahmen gar nicht dabei, um die Zuhörer nicht zu schockieren. „Ein Foto eines brutal Gefolterten reicht, um die Schrecken des Krieges zu zeigen. Das wäre in Farbe gar nicht auszuhalten.“ Von den lebendig verbrannten Patienten eines Krankenhauses, von Jugendlichen, die von Granaten zerfetzt wurden, oder von verschleppter Frauen spricht sie nur.

Och zeigt Kirchen, in denen Ärzte rund um die Uhr die Verwundeten versorgen, zeigt die „Mütter des Maidan“, die sich um junge Männer kümmerten, sie verpflegten und ihnen Obdach gaben. Ihr geht es um die Menschen, in denen sich die Geschichte eines ganzen Landes spiegelt. „Ich wollte die Möglichkeit, alles zu tun, wozu ein Leben nicht ausreicht. Deshalb bin ich Foto-Journalistin geworden.“ Danach sieht man die Welt mit anderen Augen.

Die Foto-Ausstellung „. . . und alles andere können wir uns kaufen“ ist bis 29. Oktober im Heimatmuseum Ebermannstadt zu sehen. Geöffnet Samstag, Sonntag, Feiertag 14 bis 17 Uhr; Mittwoch 15 bis 18 Uhr.

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