Sozialer Wohnraum: "Bauchschmerzen" in Forchheim

8.12.2017, 06:00 Uhr
Sozialer Wohnraum:

© Foto: Tsimplostefanaki

FORCHHEIM — In Feierlaune ist niemand. "Ich werde zustimmen – doch nur mit größten Bauchschmerzen", sagte Hans-Werner Eisen (CSU). "Wir stimmen mit Ja, aber zähneknirschend", sagte Gerhard Meixner (FGL). "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende", sagte Josua Flierl (CSU).

Fast jeder Stadtrat hatte noch ein Statement abzugeben bevor es an die Abstimmung ging. Auch Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) machte deutlich: "Keiner von uns ruft ,Juhu‘ über das Ganze." Das Ganze – das war Tagesordnungspunkt 5: "Bauvorhaben Wasserstall, Förderung im Rahmen des KommWFP, Kreditaufnahmebeschluss." Auf den ersten Blick unscheinbar.

Was also war geschehen? Christoph Schulz aus der Stadtkämmerei hielt einen Vortrag über das Bauvorhaben "Wasserstall" – in der Straße am Fuße des Weingartsteigs planen die Stadt und die städtische Wohnungsbau- und Sanierungsgesellschaft GWS ein Haus mit sechs Sozialwohnungen. Bezuschusst wird das Projekt im Rahmen des kommunalen Wohnraumförderprogrammes des Freistaates, kurz "KommWFP". Es soll Gemeinden dabei unterstützen, selbst preisgünstigen Wohnraum zu schaffen, in Eigenregie. Dafür verspricht das Programm hohe Zuschüsse (30 Prozent der Gesamtkosten) und ein "billiges" Förderdarlehen (60 Prozent der Gesamtkosten).

Preise explodieren

Der Eigenanteil der Stadt beträgt also nur zehn Prozent und der kann – das sei der "Clou" an KommWFP, meint Schulz — wiederum durch das Bereitstellen des Baugrundstücks eingebracht werden. Womit zunächst keine Haushaltsmittel notwendig werden. Theoretisch. Praktisch lief das Bauvorhaben aber bereits zu Beginn schief: Der Förder-Bewilligungsbescheid wurde erst Ende April ausgestellt – eine Zeit, in der sich die Baubranche im "Sommerhoch" befand und vor Aufträgen kaum retten konnte. Die GWS sah sich gezwungen, statt einer sofortigen Ausschreibung erst einmal ein "Interessenbekundungsverfahren" anzuwenden. Sprich: Es wurde erst einmal erhoben, ob und wer bauen kann beziehungsweise will.

Und so erfolgte die Ausschreibung zeitverzögert, Angebote von Baufirmen trafen Mitte November ein – mit dem Ergebnis: Die späte Ausschreibung und die inzwischen randvollen Auftragsbücher der Unternehmen ließen die Baukosten explodieren. Von prognostizierten 1,29 auf über 1,78 Millionen Euro, rund eine halbe Million mehr. Man müsse nun mit Baukosten von fast 4000 Euro pro Quadratmeter rechnen, erklärte GWS-Geschäftsführer Alexander Dworschak.

Die Regierung von Oberfranken habe der Stadt jetzt zwar eine Aufstockung der Fördermittel "in Aussicht gestellt", erklärte Christoph Schulz. Allerdings nur telefonisch. Und eine Nachbewilligung von Fördergeldern nach einem bereits erlassenen Bescheid sei äußerst ungewöhnlich, gestand der Kämmerei-Mitarbeiter.

Kurz: Alles verteuert sich. Auf die Stadt kommen, selbst nach Abzug der geschätzten Mieteinnahmen, jährliche Belastungen von fast 50.000 Euro zur Tilgung des Darlehens und durch die Bewirtschaftungskosten zu. 100.000 Euro hat die Verwaltung bereits für die Planung des Sozialbau-Projektes ausgegeben. "In Anbetracht dessen und weil wir ja alle Wohnraum, auch sozialen Wohnraum schaffen wollen, wäre es ein falsches Signal", so OB Kirschstein, "jetzt aus dem Vorhaben auszusteigen." Über die Entwicklung, die der "Wasserstall" genommen habe, sei er freilich trotzdem nicht begeistert. Und da waren alle Ausschussmitglieder mit Kirschstein einer Meinung.

Bauen oder Nicht-Bauen

Alexander Dworschak machte die Stadträte darauf aufmerksam, dass sie im Grunde nur eine Wahl hatten: "Entweder Sie wollen bauen oder Sie wollen nicht bauen." Günstiger werde es nicht mehr, selbst, wenn man das Projekt noch einmal neu ausschreibe.

Zwei Räte hatten sich bereits entschieden: Paul Nerb (FBF) und Stefan Schick (FDP) sagten Nein zum Wasserstall. "Das Ganze ist völlig aus dem Ruder gelaufen und vollkommen überteuert", so Schick. "Darum werde ich dem auch nicht mehr zustimmen." Auch Reinhold Otzelberger (SPD) sprach von einem "Riesenproblem", das die Stadt künftig wegen nur sechs Wohnungen haben werde. "Ich halte das ganze KommWFP für eine Fehlkonstruktion", so Otzelberger.

Doch am Ende stimmte er wie zwölf seiner Ratskollegen für das Projekt, Schick und Nerb lieferten die Gegenstimmen. Bauchschmerzen aber hatte danach der ganze zähneknirschende Finanzausschuss.

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