Spitzenreform presst Leistungssport aus

30.11.2016, 08:12 Uhr
Spitzenreform presst Leistungssport aus

© Foto: Bernd Schindzielorz

„Das schon während meiner aktiven Laufbahn vorherrschende System der Spitzenförderung lässt sich darauf herunterbrechen, dass in den meisten olympischen Sportarten ein Profitum nur als Beamter bei der Polizei oder Bundeswehr möglich ist. Wer bestimmte Leistungen und Plätze vorweisen kann, erhält als Kaderathlet etwas finanzielle Unterstützung. Die bewegt sich selbst für ambitionierte Perspektivkräfte mit der B-Norm im unteren dreistelligen Bereich. Spätestens nach der Schulzeit kommen sich sportliche und berufliche Karriere in die Quere. Auch geografisch. Die größten Talente sollen möglichst gemeinsam an wenigen Top-Standorten trainieren. Wirkungsvolle Vorteile hat der Kadersportler durch die Teilnahme an Lehrgängen, nur an den Olympiastützpunkten aber auch den Zugang zu Physiotherapeuten oder Krafträumen.

Mit den künftigen Richtlinien würde der Zentralismus noch verstärkt. Die Einführung des Trainer-Hauptamts halte ich richtig, die Reduzierung der Stützpunkte aber für fatal. Damit würde im Flächenland Bayern der Norden qualitativ abgehängt. Wird der Stützpunkt in Fürth gestrichen, droht uns Forchheimern, die kein Flutlicht auf der Sportinsel haben, im Winter die Möglichkeit zum Training in einer Leichtathletik-Halle wegzufallen. Über Monate wäre eine vernünftige, sportartspezifische Entwicklungsarbeit ausgeschlossen.

Generell sehe ich die Erwartungshaltung an die Leistungen als grotesk überhöht, wenn ich mir die Investitionsbereitschaft ansehe. 160 Millionen Euro bundesweit bedeuten keine große Steigerung, sondern lediglich eine Umschichtung der Mittel. An zwei aus meiner Sicht entscheidenden Stellschrauben ändert sich nichts. Die vorgesehenen 16 Millionen Euro für Sportstätten sind ein Witz und belassen die Verantwortung weiter auf finanziell klammen Kommunen, die sich dann zum Beispiel eher ein Spaßbad als ein für Leistungs-Schwimmen taugliches Hallenbad leisten. Das zweite ist die Verteilung der Sendezeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Die olympischen Disziplinen werden nur temporär berücksichtigt, ohne eine konstante Aufmerksamkeit begeistert sich immer weniger Nachwuchs für die Vorbilder. Insgesamt pressen die Maßnahmen vielleicht kurzfristig mehr Qualität heraus, die Breite für die Zukunft aber bricht weg.“

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