Süßes Geschäft: Katjes vernascht Piasten

1.10.2014, 22:00 Uhr
Süßes Geschäft: Katjes vernascht Piasten

© Foto: Roland Huber

Nicht zum ersten Mal ist Piasten damit zu einem Teil eines größeren Unternehmensverbundes geworden. Schon 1992 war die Cadbury-Gruppe ins frühere Familienunternehmen eingestiegen. 2005 kauften dann die Geschäftsführer Rolf Schröppel, Michael Seidl und Bertram Strothmann das Unternehmen aus dem englischen Konzern heraus. Seither, so lobt der städtische Wirtschaftsförderer Viktor Naumann, sei es gelungen, die Firma zu stabilisieren.

2013 wurde, nach wenigen Jahren des Defizits (Schröppel: „Ein kleiner Durchhänger“), erneut ein Gewinn ausgewiesen. Damit war es auch möglich, wieder verstärkt in die Produktion zu investieren. Allein in diesem Jahr sind zwei große neue Maschinen in Betrieb gegangen. Geschäftsführer Schröppel: „Die Produktion der Schokolinsen ist wirklich Hightech.“

Piasten Forchheim ist der größte Hersteller von süßen Dragees in ganz Deutschland. Und damit in den Augen von Katjes International die ideale Ergänzung: „Katjes produziert nichts von dem, was Piasten in Forchheim herstellt“, so Rolf Schröppel.

„Fokus auf Zuckerwaren“

Der Finanzvorstand von Katjes International, Stephan Milde, bestätigt: „Unser Fokus liegt auf dem Sektor Zuckerwaren und auf diesem Sektor wollen wir durch Akquisitionen wachsen.“ Entsprechend hat das Unternehmen in den letzten Jahren so bekannte Marken wie „Dallmann’s Salbei-Bonbons“ gekauft und ist in Frankreich und Belgien mit der Lütti-Gruppe zu einem der Marktführer für Zuckerwaren aufgestiegen. In Skandinavien beherrscht Katjes International den dort sehr wichtigen Markt mit Lakritz-Produkten. Der Zukauf von Piasten hat „wunderbar gepasst“, so Milde.

„Wir erhoffen uns von dem Kauf der Firma Piasten natürlich Synergien zum Beispiel beim Einkauf der Rohstoffe“, fügt Stephan Milde an. Als größere Gruppe könne man beim Lieferanten einfach bessere Konditionen aushandeln.

Auf der anderen Seite der Warenkette könnten Vorteile beim Absatz entstehen. Seit Jahren klagt die deutsche Süßwarenbranche nachdrücklich darüber, wie die wenigen großen Handelsketten ihre Macht gegenüber den Herstellern ausspielen. Die verlangen zum Beispiel große Abschläge, ehe sie eine Marke ins Regal legen.

Piasten Forchheim wird rechtlich und organisatorisch selbstständig bleiben, auch die bisherigen Eigentümer bleiben als Geschäftsführer für mindestens fünf weitere Jahre im Amt: „Kontinuität ist uns wichtig“, sagt Stephan Milde. Er betont ausdrücklich: „Durch die Transaktion ändert sich für die Mitarbeiter nichts.“

Piasten hat im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatz von rund 90 Millionen Euro ausgewiesen, Katjes International bringt es auf 131 Millionen Euro Konzernumsatz.

Als eine mittelfristige Folge des Zusammenschlusses rechnet die Unternehmensleitung auch damit, dass die Produktentwicklung verzahnt wird. Das bedeutet unter anderem, dass Piasten für die Marke Katjes produzieren könnte und umgekehrt.

Piasten wurde 1923 in Oberschlesien gegründet. Die Inhaber-Familie Hofmann flüchtete nach dem Zweiten Weltkrieg in den Westen und begann in Forchheim nochmal neu. Heute arbeiten nach Firmenangaben 395 Menschen für Piasten.

Nicht nur Schokolinsen

Bekannt ist Piasten in erster Linie für seine Schokolinsen, die aber nur einen Bruchteil der Gesamtproduktion ausmachen. Laut Rolf Schröppel werden in Forchheim-Nord jährlich 30 000 Tonnen Süßwaren hergestellt. Schokolinsen, Schokobohnen, Pralinen und allerlei Bonbons von Piasten sind im Sortiment aller deutschen Discountern zu finden, wenn auch unter den jeweiligen Eigennamen der Handelsketten.

Nur fünf Minuten

Die Betriebsversammlung bei Piasten gestern Nachmittag verlief „gut, ruhig und sachlich“, so Schröppel. Die Information der Mitarbeiter dauerte lediglich „fünf Minuten“, weil nicht mehr verkündet werden musste als die Belegschaft sowieso schon wusste.

Ein Teilnehmer der Versammlung aus den Reihen der Beschäftigten bestätigt: „Das hat keine fünf Minuten gedauert.“ Eine Verunsicherung in der Belegschaft gebe es nicht, allenfalls ein leichtes Unbehagen. Das aber sei angesichts des Verkaufs der Firma zu erwarten gewesen und daher normal.

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