Tag für Helden und Tragödien

21.7.2014, 17:39 Uhr
Tag für Helden und Tragödien

© privat

Der Morgen danach fühlte sich für Steffen Lotter so an: „Mir tat eigentlich alles weh. Dazu konnte ich in der Nacht nicht richtig schlafen, hatte nach dem Rennen Bauchkrämpfe und konnte weder Essen noch Trinken.“ Die Glücksgefühle, die Premiere über 3,8k m Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,2 km Laufen überstanden zu haben, betäuben aber nahezu jegliche Schmerzen. Der Student erscheint gestern früh pünktlich bei einer Forchheimer Firma zum Einarbeiten für den Ferienjob: „Mir ging es schlechter, nachdem ich einen reinen Marathon gelaufen bin.“

Tag für Helden und Tragödien

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Ganze vier Kilogramm hat der 25-Jährige in den knapp zehn Stunden vom Start am Hilpoltsteiner Kanal bis zum Zieleinlauf verloren. Selten erlebte das mit über 3000 Einzelstartern größte Sportereignis in Bayern eine derartige Hitzeschlacht. „Schon die Zeiten beim Schwimmen waren langsamer als normal. Das Wasser war sehr warm“, erklärt Lotter. Nach dem obligatorischen großen Gedränge auf den ersten 500 m fand der Hausener einen guten Rhythmus auf seiner Paradedisziplin. Der Technik-Ästhet benötigte knapp 56 Minuten. „Ich war überrascht, dass ich verhältnismäßig kraftsparend vorwärtsgekommen bin.“

Auf der ersten Radrunde durch die mittelfränkische Landidylle blieb Lotter, den im Juni eine Grippe zu einer zweiwöchigen Trainingspause zwang, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 37 km/h voll im Zeitplan. „Leider habe ich meine Extra-Ration Salz irgendwo auf der Strecke verloren“, erzählt der SSV-Athlet. Weil den Youngster auf der zweiten Schleife die Übelkeit überkommt, nimmt er etwas an Fahrt heraus und erreicht nach knapp fünfstündiger Fahrt die zweite Wechselzone. „Mittlerweile hatte es über 30 Grad und die Luft war stickig. Deswegen bin ich den Lauf locker angegangen und habe immer wieder Gehpausen eingelegt. Trotzdem hat es sich angefühlt, als ob ich meinen eigenen Atem mehrmals einatmen würde“, sagt Lotter.

Feld wieder aufgerollt

Ein Dutzend Teilnehmer zog auf dem nahezu schattenfreien Kurs entlang des Kanals vorübergehend an ihm vorbei. Doch die Renneinteilung des Bayernliga-Triathleten stimmte. Nach zehn Kilometern holte er sich Position für Position zurück, sah Konkurrenten am Wegesrand vor Erschöpfung aufgeben. Wie geplant, konnte Lotter ab der Hälfte des Marathons zulegen. Angespornt wurde er dabei von Freunden und Bekannten, die ihn lautstark anfeuerten. 9:51:28 Stunden stehen auf der Uhr, als Steffen Lotter die Ziellinie überquert. Mit der Zeit und dem Ergebnis (Platz 12 in der Altersklasse M25, Gesamtrang 130) ist der 25-Jährige „überglücklich und zufrieden.“ Ähnlich dürften die SSV-Vereinskollegen Maria Leidenberger und Jörg Heindl empfinden. Bei ihrem Roth-Debüt blieben beide unter zwölf Stunden. In 11:34:22 Stunden belegte die Mitorganisatorin des Forchheimer Stadttriathlons den neunten Rang in der Altersklasse W45. Bei Heindl streikten auf den letzten Kilometern die Beine, er war 11:58:23 Stunden unterwegs.

Matthias Neubauer und Mario Kühlwein war die Zielankunft hingegen nicht vergönnt. Auf ärztlichen Rat hin verzichtete Neubauer wegen einer Grippe auf den Start. Kühlwein kämpfte mit einer Erkältung bis Kilometer zehn des Marathons, zollte dann aber den körperlichen Belastungen Tribut. Frühzeitig sein Rennen beenden musste mit Frank Müller auch der ambitionierteste Forchheimer Starter. Der zweifache Hawaii-Finisher war nach mehreren Rückschlägen in der Vorbereitung wenige Tage vor dem Saisonhöhepunkt nochmals gestürzt.

Aber auch in Roth kämpfte sich der 32-Jährige auf den Sattel: „Ich habe beim Aufwärmen schon gemerkt, dass es wohl nicht geht. Die lädierte Körperseite war vom Sturz total verspannt.“ Bis zur 70km-Zwischenzeit quälte er sich nach dem Schwimmen — weit außerhalb des erwarteten Zeitfensters — mit angezogener Handbremse bis zum Solarer Berg hinauf. Da wartete Ehefrau Katrin mit Beistand. Nach ein paar Minuten erlebte die einen gefassten Ehemann. „Da es abzusehen war, ist die Enttäuschung nicht so groß. Das gehört eben zum Sport dazu. Jetzt muss ich mich erstmal wieder richtig erholen“, sagt Frank Müller, der ein baldiges Wettkampf-Comeback im Herbst anpeilt. Direkt für einen weiteren Anlauf beim Challenge im nächsten Jahr will sich der Hausener nicht anmelden.

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