Tonnenschweres Herzstück für das Wasserkraftwerk Neuses

16.10.2014, 15:03 Uhr
Die Schnecke in ihrer ganzen Pracht: Das linke Ende zeigt künftig flussabwärts, am rechten Ende werden Getriebe und Generator angeschlossen.

© Stefan Bergauer Die Schnecke in ihrer ganzen Pracht: Das linke Ende zeigt künftig flussabwärts, am rechten Ende werden Getriebe und Generator angeschlossen.

Schon der Transport der Baustelle braucht eine ruhige Hand. Die letzten Meter muss der Schwertransporter, am Montag vom Werk bei Budapest gestartet, über eine Pontonbrücke fahren. Die ist nur ein paar Hände breiter als das Fahrzeug selbst, dass huckepack ein großes blaues Ungetüm in Form einer Raupe trägt. Nach einigen Minuten rangieren ist es geschafft und als Arbeiter damit beginnen, auf der Raupe herumzuklettern, wird ihre Dimension sichtbar.

18,4 Meter ist die Schnecke des neues Neuseser Wasserkraftwerkes lang, 20 Tonnen schwer und etwa so hoch wie zwei Menschen. Die Größe ist kaum zu fassen, das liegt möglicherweise an der Farbe. „Schlankes Blau, das sollte man sich merken“, lobt eine Journalistin. „Eine meiner größten Schnecken bisher“, sagt Jan Kiver, Pressesprecher der Rhein-Main-Donau AG. Die baut hier für 1,2 Millionen Euro (wir berichteten) ein Restwasserkraftwerk, das im Jahr 1,14 Millionen Kilowattstunden Strom liefern soll. Betreiben wird es Eon. „Das ist schon an der Grenze“, sagt Kiver. „Schwierige Bedingungen.“ Wegen des Geländes müssen zwei Schwerlastkräne ran.

Dirk Probst sitzt im größeren 220-Tonnen-Kran. Er hebt die Schnecke vom Transporter und stellt sie am Ufer der Regnitz ab. Dann kommt auch sein Kollege Friedbert Schmidt in einem 120-Tonner zum Zuge. Gemeinsam heben die beiden Kranführer die Schnecke zu ihrem Trog, über Funk sprechen sich die beiden ab.

An Fische gedacht

„Das ist schon nicht ganz ohne“, sagt Bauleiter Peter Forbriger, bleibt aber so cool wie seine Sonnenbrille. Auch als die Kräne die Schnecke 26 Grad in die Schräge hieven. Nervös sei er nicht, sondern seit Jahrzehnten im Kraftwerksbau tätig. Da sei die Schalung des Generatorhäuschens schwieriger.

Das neue Wasserkraftwerk soll 1,1 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr liefern.

Das neue Wasserkraftwerk soll 1,1 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr liefern. © Stefan Bergauer

Durch die Neigung passt die Welle nun genau in ihren Trog. 4,15 Meter tief wird das Wasser auf sie wirken 3,5 Kubikmeter pro Sekunde werden sie in langsame Drehung versetzen. So können Aale oder andere Fische flussabwärts durch die Schnecke schwimmen, flussaufwärts steht ihnen der Weg über einen Pass frei. Die Regnitz wird so an dieser Stelle durchgängig, das Kraftwerk gilt als fischfreundlich.

Nach einer guten Stunde ist es so weit, die Schnecke schwebt, als wäre sie leicht wie eine Feder, an den beiden Kranseilen in ihrem Bett. „Kein Problem, alles Routine“, sagt Kranführer Probst. Zwei Arbeiter schieben sie in Position und machen sich daran, mit Hammer, Stemmeisen und Flex die Armierungen des Sockels zu bearbeiten. Später am Tag soll das untere Ende der Welle schon einbetoniert werden. An ihrem oberen Ende fehlen noch Getriebe und Generator — beide erstaunlich klein im Vergleich zur Riesen-Schnecke. Nicht einmal hüfthoch, liegen sie schon bereit, werden aber erst in den nächsten Tagen eingebaut.

Leicht in Verzug

In den nächsten Wochen werden dann die Abflussrinne ausgebaggert und Gitterroste über den Trog gelegt. Auch Schieber und Rechen fehlen noch, das Generatorhäuschen ist noch nicht fertig. Ursprünglich wollte man im Oktober fertig sein. Lieferverzögerungen und Schwierigkeiten mit dem Untergrund verzögerten das Projekt. Jan Kiver geht davon aus, dass nun noch vor Weihnachten der Probebetrieb beginnen kann.

Im Frühjahr soll dann Einweihung des 60. Wasserkraftwerkes der Rhein-Main-Donau AG sein, dem ersten Neubau seit 15 Jahren. Dessen Leistung reicht aus, um etwa elf Prozent der 6400 Eggolsheimer ein Jahr mit Strom zu versorgen.

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