Touristen in Forchheim dringend erwünscht

17.11.2017, 18:14 Uhr
Touristen in Forchheim dringend erwünscht

© Foto: Ralf Rödel

Von außen auf Forchheim geblickt hatte der Berliner Tourismus-Berater Andreas Lorenz. Aber nicht allein. Ein ganzes Jahr lang tagten in Forchheim Arbeitsgruppen in wechselnder Zusammensetzung und erarbeiteten unter Federführung des Leiters der Tourist-Info, Nico Cieslar, ein Tourismuskonzept.

Dieses Konzept hat der Hauptausschuss einstimmig gebilligt. So weit, so einig. Zum Stechen kommt es aber erst dann, wie CSU-Rat Karl-Heinz Fleckenstein anmerkte, wenn für die von allen für toll befundenen Maßnahmen auch Geld ausgegeben werden soll. Ob das Konzept dann immer noch so großen Anklang finden wird?

Auf über 60 Seiten listet das Konzept Stärken und Schwächen Forchheims in Sachen Tourismus auf und benennt dann Themenfelder, auf denen künftig geklotzt werden soll. Das Ziel sei, so Andreas Lorenz, "eine nachhaltige Tourismus-Entwicklung". Bei der Analyse der Ist-Situation wurde brutal festgestellt: In Forchheim fehlt es in Sachen touristischer Infrastruktur eigentlich an allem. Es gibt für Touristen kaum Übernachtungsmöglichkeiten. Über die Website der Tourist-Info ist kein Zimmer online buchbar. Nur drei Betriebe beteiligen sich an einem Online-Buchungssystem.

Das Bewusstsein fehlt

Das für Forchheim so wichtige Thema Kulinarik und Bier werde bisher nur unzureichend "bespielt". Bei den Brauereien, einem "wichtigen Faktor", fehle noch das Bewusstsein: "Weiterhin mangelt es derzeit an Eigeninitiativen gerade unter den Brauereien; auch der Kooperationswille ist deutlich ausbaubar." Das Interesse der Brauer an der Integration in die Tourismusentwicklung sei "gering".

Der Kellerwald ist nach Meinung der Autoren des Konzepts touristisch vollkommen untergenutzt. Es gebe keine Beschilderung, keinen zentralen Anlaufpunkt, keine "themenspezifischen Events". Das Erscheinungsbild sei "aufgrund von Mülltonnen, Planen und so weiter teilweise getrübt".

Auch das Annafest werde letztlich nicht vernünftig beworben. Allein das Vorhandensein verschiedener Websites behindere eine "klare Positionierung". So sei die private Website www.alladooch-annafest.de "durch wenig Professionalität gekennzeichnet", die Seite www.anna-fest.de durch "mangelnde Professionalität und schlechte Aufbereitung". Dann gebe es noch die Seiten der Stadt und der Nordbayerischen Nachrichten, die aber nicht bewertet werden.

Forchheim will künftig Anlaufstelle für Flusskreuzfahrten sein. Aber "100 Leute auf einmal", so Lorenz, könnten derzeit weder gleichzeitig bewirtet noch sinnvoll durch die Stadt geführt werden. Es gebe keine Räume und keine Konzepte. Weitere Baustellen aus Sicht der Touristiker sind die mangelhafte Verzahnung von Stadt und Land, fehlende Leitsysteme ("Wer vom Bahnhof kommt, weiß nicht, wohin er sich wenden muss"), Forchheim bereite seine Geschichte touristisch nicht auf und Angebote für Rad-Touristen gebe es überhaupt keine. Die Befürchtung von Paul Nerb (FBF), mehr Tourismus in der Stadt könnte zu Verhältnissen wie in Bamberg führen, wo sich an schönen Samstagen die Fremden gegenseitig auf die Füße treten, quittierte Andreas Lorenz mit der Bemerkung: "Die Belastbarkeitsgrenzen sehe ich im Moment bei weitem nicht erreicht."

"Die Richtung stimmt, das Konzept ist schlüssig", urteilte Udo Schönfelder (CSU) über das vorgestellte Papier. Ähnlich äußerten sich Sprecher aller Fraktionen. Erwin Held (FW) bat noch darum, das Thema Bier, das eine zentrale Rolle bei der Vermarktung der Stadt einnehmen soll, sensibel anzugehen: "Einen Sauf-Tourismus will am Ende keiner."

Ab 2018 wird es nach dem Willen von Nico Cieslar halbjährlich einen "Runden Tisch Tourismus" geben. Dort soll vor allem Vernetzung betrieben werden. Und die ist ja auch bitter nötig angesichts der festgestellten mangelhaften Kooperationsbereitschaft der wichtigsten Ansprechpartner. Roland Wölfel, dessen Marketingagentur Cima ebenfalls an der Ausarbeitung des Konzepts beteiligt war, rief wie einst George W. Bush dazu auf, die "Allianz der Willigen" zu mobilisieren: "Diejenigen, die etwas tun wollen, ziehen die anderen dann schon nach." Wer aber immer alle im Boot haben wolle, behindere die Tatkräftigen.

Karl-Heinz Fleckenstein wagte den Blick in die Zukunft mit Blick auf die im Konzept genannten Kosten je einzelner Maßnahme: "Wir können nicht sagen: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass." Es gehe ja auch darum, "unseren Bürgern ein Einkommen für die Zukunft zu sichern".

Derselbe Ausschuss, der dieses Konzept begrüßte, wird das Geld für die einzelnen Maßnahmen bewilligen müssen. Zum Beispiel geschätzte 10 000 Euro für das Schlüsselprojekt Entwicklung eines "umfassenden Konzepts zum Thema Bier(kultur)/Kulinarik" inklusive "Brotzeit-App" und "innovativer Bierprodukte wie etwa Bier-Kosmetika für das Königsbad". Oder 50 000 Euro für ein "Bier-Erlebniszentrum" im Rathaus.

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