Tragödie in Kirchehrenbach: "Es herrscht Schockstarre"

8.2.2017, 16:45 Uhr
Tragödie in Kirchehrenbach:

© Ralf Rödel

Fast könnte man denken, es ist alles wie immer im Lärchenweg. Am Tag nach der Tragödie sind die Journalisten, Kamerateams und Fotografen verschwunden. Auch die Beamten von Polizei, Spurensicherung und Staatsanwaltschaft haben fürs erste ihre Arbeit vor Ort abgeschlossen. Ruhig ist es jetzt in der Sackgasse, an dessen Ende das graugestrichene Einfamilienhaus steht.

Und doch weist ein Detail darauf hin, dass hier nichts mehr ist, wie es mal war: Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass in der Laterne, die an der Einfahrt zum Carport steht, rote Kerzen brennen. Daneben hat jemand zusätzlich drei weiße Grablichter gestellt. Auch ihre Flammen flackern im Wind.

Drei Menschen sind am Dienstag in dem Haus gestorben. Eine Mutter und ihre zwei Kinder. 

"Damit müssen auch wir erst einmal umgehen"

Etwas mehr als 24 Stunden zuvor war der Notruf bei der Leitstelle in Bamberg eingegangen. Unter dem Stichwort "Zimmerbrand" ist kurze Zeit später die Feuerwehr Kirchehrenbach zum Unglücksort gerufen worden. "Mit unserer normalen Einsatzstärke, 13 Mann, rückten wir an", erklärt Kommandant Sebastian Müller am Tag danach. Doch vor Ort, stellte sich raus, "wir müssen nicht tätig werden, es brennt nicht". Nach etwa einer Stunde rückten die Feuerwehrkräfte wieder ab. Was die Ursache für die starke Rauchentwicklung war - zwei Polizeibeamte mussten wegen einer vermuteten Rauchvergiftung vorübergehend ins Krankenhaus - lässt Müller offen.

Klar ist jedoch: Auch für die professionellen Einsatzkräfte ist dieser Fall eine Herausforderung. "Natürlich müssen wir uns in unserem Job darauf einstellen, Schwerverletzte und auch Tote zu sehen, etwa nach einem Verkehrsunfall", sagt Sebastian Müller. Doch gleich drei Tote, darunter zwei Kinder, und das auch noch im Heimatort - "damit müssen auch wir erst einmal umgehen".

"Begreifen kann man das aber nicht"

Doch wie? "Noch herrscht so etwas wie Schockstarre bei uns in der Gemeinde", sagt Bürgermeisterin Anja Gebhardt. Wie die meisten im Ort kannte auch sie die Familie, die erst vor einigen Jahren zugezogen war. Und wie die meisten Kirchehrenbacher sei auch sie fassungslos. Natürlich redeten die Leute darüber, versuchten das Unerklärliche zu erklären. "Begreifen kann man das aber nicht", meint die Bürgermeisterin.

Zumal das Schicksal in diesem noch jungen Jahr in dem 2300-Einwohner-Ort gleich mehrfach zugeschlagen hat. Erst vor kurzem hatte eine junges Mädchen ihrem Leben ein Ende gesetzt. Im Januar starb eine junge Mutter durch eine schwere Erkrankung. "Es ist nicht leicht, mit Nachrichten wie diesen umzugehen", sagt auch Anette Beilker, Schulleiterin der Mittelschule im Ort.

Wegen der großen Betroffenheit der Schüler an diesen beiden Todesfällen hatte sie schon in den vergangenen Wochen das Kriseninterventionsteam des Bistums Bamberg zu Hilfe gerufen. "Wie gehen wir als Lehrer mit den Schülern um, was können wir den Eltern raten und was machen wir, wenn die persönliche Betroffenheit zu groß ist?", erklärt sie die Fragen, bei denen sie sich professionelle Unterstützung geholt hat.

Einen ähnlichen Weg geht nun auch Regina Brand, Leiterin der Kindertagesstätte im Ort. Beide Kinder hatten die Einrichtung besucht. Als das Kita-Team am Dienstagnachmittag von der Familientragödie erfuhr, "haben wir uns sofort um professionelle Hilfe gekümmert", erklärt Regina Brand. Kinderpsychologen und Fachkräfte des Kriseninterventionsteams stehen den Erzieherinnen auch in den nächsten Tagen zur Seite. "Auch von der Gemeinde, vom Pfarrer und von vielen anderen haben wir Hilfe angeboten bekommen", sagt die Kita-Leiterin. Die Hilfsbereitschaft sei groß, der Ort rücke zusammen.

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