Trotz Tablet-PCs: Lehrer wollen alte Tafeln behalten

12.4.2014, 12:00 Uhr
Trotz Tablet-PCs: Lehrer wollen alte Tafeln behalten

© privat

„Die Lehrer fallen ihrer Schulleitung in den Rücken“, sagte Landrat Reinhardt Glauber (FW), als der Ebermannstädter Kreisrat Ludwig Brütting (FW) in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses den Brief ansprach.

„Wir dachten eigentlich, die Wünsche der Lehrkräfte seien berücksichtigt“, meinte Brütting. Seit über einem Jahr steht fest, dass in den Gymnasien und Realschulen im Landkreis, die generalsaniert werden, keine Kreidetafeln mehr aufgestellt werden. Die Schulleiter waren von Anfang an in die Entscheidungen eingebunden, sagt Walter Neuner, Leiter des Kreisbauamtes. Ohne Kreidetafeln sind auch keine Waschbecken und Wasserleitungen mehr notwendig. Die Planungen sind auf dieser Basis erstellt worden.

„Die Klassenzimmer erhalten weiße Tafeln, die mit einem Edding beschrieben werden und als Projektionsfläche für den Beamer verwendet werden können“, so Neuner. Die Lehrer können dann jederzeit einen tragbaren Computer mit spezieller Software einsetzen.

Der stellvertretende Direktor des GFS, Peter Drescher, hat den Brief seiner Kollegen nicht unterschrieben, bringt aber ein „gewisses Verständnis“ auf für die Ängste, die darin artikuliert werden: „Ein Wort ist schnell mal an die Tafel geschrieben.“ Aber wie verhalte sich die Elektronik? „Es muss halt funktionieren.“ Abstürze der Technik führten zu Zeitverlust.

Dieter Kroemer ist Lehrer für Mathematik, Physik und IT an der Staatlichen Realschule Scheßlitz (Kreis Bamberg) und spricht gerne über den Einsatz von Tablet-PCs im Unterricht: „Ich habe alle Unterrichtsmaterialien ständig digital dabei.“ Unterrichtsvor- und -nachbereitung erfolgen ebenfalls auf dem tragbaren Rechner mit dem abnehmbaren Display. Dieses funktioniert wie ein Tablet, nur dass er nicht mit dem Finger darauf schreibt, sondern mit einem speziellen Stift, einem „Digitizer“: „Das fühlt sich an, als wenn Sie auf einem Block schreiben.“ Je nach Fingerdruck werden sogar die Linien dicker oder dünner.

Zunehmend gefragt

Im Scheßlitzer Kollegium erfreuen sich die Tablets laut Kroemer zunehmender Beliebtheit, obwohl die Schule erst in fünf Jahren, nach ihrer Generalsanierung, komplett auf dieses System umsteigen wird. Warum macht sie das? Warum installiert sie nicht die „interaktiven Whiteboards“ wie beispielsweise die Grundschulen in Reuth und Pretzfeld?

Schulleiter Ralf Motel: „Die interaktiven Whiteboards werden in ein paar Jahren verschwunden sein.“ Sie sind teuer (circa 5000 Euro) und halten nicht sehr lang. Motel: „Man muss gucken, was überlebt — und der ganze Markt läuft auf mobile Medien hin.“

Mathelehrer Kroemer berichtet, dass Kolleginnen und Kollegen aller Fächer inzwischen auf die Tablet-Technik umstellen: „Eine Deutschlehrerin arbeitet nur noch damit.“ In Scheßlitz sind die erforderlichen Beamer in den Klassenzimmern schon vorhanden. Der PC (circa 1100 bis 1300 Euro) kann drahtlos oder mit Kabel damit verbunden werden. Kroemer: „Niemand muss einen Rechner im Unterricht einsetzen.“ Doch immer mehr Lehrer sehen die Vorteile.

„Heute morgen erst wieder“, so Kroemer gestern, „konnte ich die Dokumentenkamera mehrfach einsetzen.“ Er fotografiert mit dem PC den Hefteintrag eines Schülers und im nächsten Moment sieht die ganze Klasse das Bild an der Wand und kann darüber diskutieren. „Ich kann mich auch jederzeit ins Internet einklinken und schnell mal ein Youtube-Video in den Unterricht einbauen.“

Den größten Vorteil sieht Kroemer aber darin, dass Dokumente unterschiedlichster Formate (Word, PDF etc.) sofort „frei Hand“ beschrieben werden können, ohne erst ein spezielles Programm aufrufen zu müssen. Davor hätten die Lehrer nämlich am meisten Angst: „Das ist etwas, was jeder sofort ohne Probleme verwenden kann, ohne sich erst in neue Software einarbeiten zu müssen.“

Überzeugungsarbeit nötig

„Per Edikt“, sagt Schulleiter Motel, könne man diese Technik allerdings nicht einführen: „Hier ist Überzeugungsarbeit gefragt.“ Als Dieter Kroemer hört, dass in den Klassenzimmern im Kreis Forchheim auf jeden Fall eine beschreibbare Tafel erhalten bleibt (wenn auch nicht für Kreide), ruft er: „Wunderbar!“ Nicht jeder Kollege müsse dann einen Rechner „zum Reinschreiben“ verwenden, sondern könne wie bisher die Tafel nutzen.

Ralf Motel sieht in die Zukunft von Schule allgemein: „Gegen die Entwicklung der Medien, wie sie von außen in die Schule wirken, können wir uns nicht wehren, also wollen wir sie nutzen.“ Die „Verpackungen“ änderten sich generell stärker als die Inhalte. Daher sei klar: „Wir werden multimedialer arbeiten als bisher.“

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