Urlaub während der Wirtschaftskrise: Unsere Reporterin vor Ort

28.7.2015, 16:52 Uhr
An der Uferpromenade in Neu-Pori reiht sich eine Taverne an die Nächste. Die Wirte dort versuchen in der Wirtschaftskrise zu bestehen - trotz der undurchsichtigen Mehrwertsteuer.

© Beke Maisch An der Uferpromenade in Neu-Pori reiht sich eine Taverne an die Nächste. Die Wirte dort versuchen in der Wirtschaftskrise zu bestehen - trotz der undurchsichtigen Mehrwertsteuer.

So wie das Gyros in Griechenland nicht ohne Pita und Pommes frites auskommt, so sehr gehört das Flanieren abends zum Urlaubsvergnügen. Auch an der nordgriechischen Küste in Pori und Platamonas. In diesem Sommer werden sehr viele lange, luftige Kleider und lederfarbene Zehensandalen ausgeführt. So ein Urlaubsort ist eigentlich ein idealer Standort für einen Modeladen. Das dachte sich auch Gaby vor 25 Jahren, zog von Deutschland nach Platamonas und eröffnete dort Gabys Fashion. Im Moment lebt sie von ihrem Ersparten. Und das hat weniger mit der eskalierten Krise der vergangenen Monate zu tun.

Als die Mittsechszigerin begann, in dem 2000-Einwohner-Ort in Zentralmakedonien Damenmode zu verkaufen, da kamen in den Sommermonaten neben den griechischen Urlaubern vor allem Deutsche zum Baden und Shoppen nach Platamonas. Dann entdeckten russische Touristen die sauberen Strände und den idyllischen Blick auf den Olymp. Inzwischen stammen viele ihrer Kunden aus den Balkanländern wie Serbien, Mazedonien, Bulgarien. "Ich habe mein Angebot entsprechend dem Geschmack angepasst, das war kein Problem", sagt Gaby. Der erste Umsatzeinbruch kam 2008, als sich quasi die ganze Welt in der Krise befand. Seitdem geht es von Jahr zu Jahr bergab. Nicht dass es an Touristen fehlt, die flanieren jeden Abend nach wie vor in Scharen an Gabys Fashion vorbei. Deren Geldbeutel allerdings ist nicht mehr so prall gefüllt. "Ich habe meinen Einkauf fast halbiert." Ein Grundstück, dass sie sich in Griechenland gekauft hatte, musste sie wieder veräußern, um über die Runden zu kommen. Bis 2015 muss das Geld noch reichen, dann bekommt sie Rente.

Gerade die griechischen Rentner sind es, die unter der aktuellen Krise leiden, sagt Iannis, Senior-Chef der Taverne Dionisos in Neu-Pori, dem Nachbarort von Platamonas. 1976 war er der erste, der an dem damals menschenleeren Strand ein Gasthaus baute. Heute reihen sich Cafes, Gyros-Imbissbuden, Tavernen, Pizzerien wie eine Perlenschnur aneinander. Zwar haben die Banken wieder geöffnet, aber die Reglementierung der Bankgeschäfte macht das Leben nicht nur für Unternehmer wie ihn und seinen Sohn schwer, es seien die alten Leute, die leiden, betont Iannis. Viele von ihnen hätten weder EC- noch Kreditkarte. Griechen haben eine Vorliebe für Bargeld. Derzeit aber gilt immer noch: Einmal am Tag können maximal 60 Euro vom Bankautomaten abgeholt werden. Wer keine entsprechende Karte besitzt, kann sich freitags vor der Bank anstellen und 300 Euro am Schalter abholen (für eine Woche 5 mal 60 Euro). "Mein Cousin war um 8 Uhr da, hat eine Nummer gezogen, 198, vier Stunden hat er gewartet, um sein Geld zu bekommen. Und das in dieser Hitze."

Schwierig wird es auch, wenn teuere Medikamente benötigt werden. "Wie soll man Rechnungen von 100 oder 150 Euro bezahlen, wenn die Bank kein Geld herausgibt?" Inzwischen hat das griechischen Parlament mehrere Reformen auf den Weg gebracht. Einige davon sind auch in den Urlaubsorten zu spüren. Etwa die teilweise Erhöhung der Mehrwertsteuer. Für verpackte und verarbeitete Lebensmittel gelten nun 23 Prozent statt 13 Prozent. "Aber das ist alles noch total undurchsichtig", sagt jedenfalls Iannis und nennt ein Beispiel.

Wenn er ein bereits paniertes Schweineschnitzel beim Metzger kaufe und dann in der Taverne anbiete, brauche er nur 13 Prozent Mehrwertsteuer zahlen. Paniere er es selbst, dann würden 23 Prozent fällig. Für Bratöl gelten 23 Prozent, für Olivenöl nur 13 Prozent. Bei Brötchen wird es noch kurioser: Kleben auf dem Teigling Sesamkörner müssen 23 Prozent gezahlt werden, ohne nur 13 Prozent. "Wer soll denn da noch mitkommen? Die spinnen doch." Solche Absonderlichkeiten fallen uns auch selbst im Supermarkt auf. Joghurt wird mit 13 Prozent besteuert, Schokoladenmilch mit 23 Prozent. Teurer ist sie deshalb noch nicht geworden. Auch in den Tavernen hat sich die Mehrwertsteuererhöhung nicht auf den Preis ausgewirkt. Bislang.

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