Viele Ängste vor Reuther Hangbebauung

21.7.2014, 19:27 Uhr
Viele Ängste vor Reuther Hangbebauung

© Alexander Hitschfel

Die Bebauung der Reuther Hänge entzweit nicht nur die Reuther selbst, auch die Parteien und Gruppierungen tun sich schwer, eine Linie zu finden.

Angefangen mit den Grünen. In den Sitzungen der Entscheidungs-Gremien (Stadtratssitzung Februar 2013 und Planungsausschuss Juni 2014) haben sich bislang die jeweils anwesenden FGL-Stadträte für die Bebauung ausgesprochen. Inzwischen steht, von außen betrachtet, FGL-Stadträtin Sabine Dittrich aber allein auf weiter Flur mit ihrem „Ja“ zur Bebauung. In Pressemitteilungen haben die FGL und nun sogar der Kreisverband der Bündnis 90/Die Grünen betont, man distanziere sich vom Abstimmungsverhalten Einzelner und votiere eindeutig gegen eine Bebauung „Oberer Schulweg in Reuth“.

Auf Nachfrage der NN erklärt Grünen-Kreissprecherin Lisa Badum, die Brisanz des Themas sei den Grünen eventuell bislang nicht ganz klar gewesen. Nun aber „fahren der Kreisverband und die FGL eine einheitliche grüne Linie “. Es gelte, den Naturraum Reuther Hänge zu schützen. Sabine Dittrich wiederum betont den NN gegenüber, sie bleibe bei ihrer Meinung. Die Probleme, etwa die Verkehrsbelastung, seien ihr klar und müssten gelöst werden. Sie plädiere auch für eine ökologische Bebauung mit großen, grünen Gemeinschaftsflächen. Sie sehe das Baugebiet als Abschluss, keinesfalls als Anfang weiterer Bebauung in Reuth. Wie schwierig die Meinungsbildung ist, zeigt auch das Abstimmungsverhalten der SPD: 2013 im Stadtrat hatte sie noch einstimmig für das Bebauungsgebiet votiert, im Planungsausschuss dieses Jahres wandte sich Fraktionsführer Reinhold Otzelberger nun vehement gegen die Bebauung.

Der Grund für den Meinungswandel laut Otzelberger: 2013 habe man nicht gewusst, dass der Eingriff in die Natur so groß werde. Ganz entscheidend seien auch die Kosten: „Damals war von einem teuren Regenrückhaltebecken noch keine Rede.“ Anfreunden kann sich Otzelberger mit einer Arrondierung der bestehenden Bebauung im Osten. Dabei entstünden zirka sechs neue Baurechte.

FORCHHEIM-Reuth — Rund 70 Prozent der Reuther seien gegen das geplante Bebauungsgebiet, in der Form, wie es die Stadt vorgeschlagen hat, sagt Ingolf Franke bei der Gründungsversammlung im Reuther Sportheim. Franke ist einer der Aktiven, die sich für den „Schutz der Reuther Hänge“, so der Name der geplanten Bürgerinitiative (BI) engagiert. Die Prozentzahl ergibt sich aus einer Abstimmung auf der Internetseite www.fopanocam.de, die vor einigen Wochen online geschaltet wurde.

Ziel der Veranstaltung im Sportheim: Unterstützer für eine Gründung der BI zu finden. Am Ende der Veranstaltung trugen sich die meisten Bürger in die Unterschriftenlisten zur Verhinderung dieses Baugebietes ein und machten ihr Kreuz in der Spalte „aktive Unterstützung des Widerstandes“. Demnächst will der aktive Kern zu einem Gründungstreffen mit Wahlen einladen.

Ingolf Franke erklärt, das geplante Baugebiet sei bereits als Naturschutzgebiet vorgesehen; bisher sei diese Maßnahme aber noch nicht vollzogen worden. „Wertvolle Streuobstwiesen werden hier vernichtet“, ärgert sich Franke. Kurz stellte er das umstrittene Bauprojekt vor. Franke lud die politischen Vertreter im Sportheim ein, sich an der Diskussion zu beteiligen.

Geändert habe sich in der Zwischenzeit die Meinung der Forchheimer Grünen, informierte Franke. „Dies könnte man jetzt ausschlachten, oder lobend erwähnen, dass sich eine Partei auch einmal dem Bürgerwillen anpasst.“ Die Grünen stellen sich nun gegen das geplante Baugebiet. Lisa Badum, Sprecherin der Grünen im Kreis, meldete sich zu Wort: „Der Stadtratsfraktion ist bei der Abstimmung ein Fehler passiert“, so Badum. Man könne hier nicht von einer Wende sprechen, sondern die FGL sei gegen dieses Baugebiet, so die Kreisvorsitzende (mehr dazu siehe nebenstehenden Artikel).

Auch bei der Forchheimer SPD würde sich der Widerstand regen, informierte Franke. Außerdem habe man bereits mit dem Kreisvorsitzenden des Bund Naturschutz, Ulrich Buchholz, und dem Vorsitzenden der Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz Kontakt aufgenommen: Beide würden das Baugebiet an dieser Stelle ablehnen.

Im Plangebiet sollen 31 zweistöckige Häuser, eine Entwässerungsmulde und ein Regenrückhaltebecken mit einer Fläche von 30 auf 30 Meter entstehen. Die Hauptzufahrt könnte über den Oberen Schulweg erfolgen. Rund zehn Jahre soll die Realisierung des neuen Baugebietes dauern. „Wir rechnen hier mit bis zu 100 zusätzlichen Autos durch das neue Baugebiet“, rechnete Franke vor.

Auch viele Reuther machten ihrem Ärger über das neue Baugebiet an diesem Abend Luft. Wilhelm Zimmermann warf dem Bund Naturschutz vor, auch Eigeninteressen zu vertreten, da der Umweltschutzverband auch eine Wiese im neuen Baugebiet habe, die er auch verkaufen wolle. „Vom Forchheimer Bauamt kommt überhaupt nichts Gscheites“, ärgerte sich ein Anwohner.

Die Ängste und Bedenken der in der Nähe des neuen Baugebietes lebenden Anwohner sind vielseitig. Sie reichen von einer nicht ausreichenden Kanalisation, über die Zerstörung der Ortsstraßen durch Schwerlastverkehr während der zehnjährigen Bauphase bis hin zu Baudreck und -lärm. Auch die Tatsache, dass siedlungsnaher Erholungs- und Naturraum zerstört würde, stößt vielen sauer auf. Befürworter des Baugebietes fanden sich an diesem Abend nur gerade einmal knapp eine Handvoll ein. Von Seiten der Bürgerinitiative dankte man ausdrücklich dem Wirtsehepaar der Sportgaststätte. Wie die BI erklärte, sei im Vorfeld Druck auf das Ehepaar ausgeübt worden, die Veranstaltung abzusagen.

Keine Kommentare