Wallfahrt nach Gößweinstein: Zurück bleibt niemand

23.6.2017, 05:57 Uhr
Wallfahrt nach Gößweinstein: Zurück bleibt niemand

© Archiv/privat

„Es ist ein überwältigendes Gefühl, wenn man nach anstrengendem Weg die Basilika betritt.“ So der Wallfahrer Michael Rattel beim Versuch, seine Empfindungen beim Pilgern in Worte zu fassen. Vor dem Ereignis vom Wochenende hat unser Mitarbeiter sich Erlebnisse der Vorjahre erzählen lassen.
Am dritten Wochenende nach Pfingsten sind wieder etwa 70 Gläubige aus Forchheim und Umgebung auf der Wallfahrt von St. Martin nach Gößweinstein unterwegs. Seit Jahrhunderten zieht es die Gläubigen bei jedem Wetter zur Heiligen Dreifaltigkeit.

Doch vor dem Erlebnis des Einzugs ins Allerheiligste hat der Herr die Mühen der Ebene gesetzt. Am Samstag früh um 5 Uhr gibt Martin Emge mit einem Gottesdienst das Zeichen für die Pilger.
Es gab Zeiten, da spielte der Stadtpfarrer, damals noch Kaplan, die Trompete, bisweilen wallte Kaplan Hans-Jürgen Widow mit; heute hat kein Geistlicher mehr Zeit, auf die Strecke zu gehen, die Laien sind unter sich.
Vorbild ist für Ernst Lehmann Karl Hofstätter, mit 86 Jahren der älteste Teilnehmer, der gut den katholischen Brauch kennt, nach dem vorne die Männer und dahinter die Frauen zu gehen haben.
Allen voran trägt Pfarrgemeinderat Markus Schmidt über die knapp 30 Kilometer das Kreuz. Ihm folgt Konrad Hofstätter mit einem Wallfahrtsbild aus Metall.

Eine Wallfahrt ist eine Demonstration des Glaubens, die angemeldet wird und die Georg Gößwein und Georg Hübschmann sichern. „Wir gehen zwar über Flurbereinigungswege, aber eben auch auf Straßen, da braucht es eine Absicherung.“
Kommt der Pilgerzug durch eines der am Wege gelegenen Dörfer wie Reuth, Kirchehrenbach oder Hagenbach, dann spielt die Blasmusik Kirchenlieder. „Das sind Oldies vom Musikverein Forchheim-Buckenhofen, die uns mit Roland Knauer zwei Tage lang begleiten,“ so Michael Klaus voll Achtung vor den Herren.

Auf halber Strecke wird in Wannbach Brotzeit gemacht. Für Wallfahrtsführer Michael Klaus gehört es zur Tradition, den beschwerlichen Gang auf sich zu nehmen. Über vier Jahrzehnte ging sein Vater, Gärtnermeisters Eugen Klaus, vorn.
Auch wenn die Pilger die eine oder andere Kapelle links liegen lassen, am Wallfahrerplatz in Moggast kommt es zu einer kurzen Andacht. Michael Rattel hält als Lektor eine Meditation über die Verklärung Christi: „Die Stille spielt eine große Rolle.“ Es bleibe aber auch genügend Gelegenheit, zwischen den Fürbitten, Gesängen und Rosenkranzgebeten, sich miteinander zu unterhalten. „Wer nicht mitbeten will, kann auch nur mitgehen, so etwas gibt es auch.“

Wallfahrt nach Gößweinstein: Zurück bleibt niemand

© privat/Udo Güldner

Für den Transport des Gepäcks und einiger Getränke für die durstigen Gläubigen sorgt Gerhard Amtmann mit einem Begleitfahrzeug. Viele der Teilnehmer übernachten im Gasthaus Krone in Gößweinstein. „Früher waren es so viele, dass sie auf den Kirchenbänken zu liegen kamen,“ erinnert sich Pfarrgemeinderat Peter Wild.

Er ist einer von einem halben Dutzend ehrenamtlicher Helfer, die sich um die Stadtwallfahrt kümmern, von der keiner so recht weiß, wie viele Jahrhunderte es sie schon gibt. „Wohl nach dem Dreißigjährigen Krieg, als die Marienverehrung in Mode kam.“ Nachgewiesen sind Bittgänge ab 1790.

Am Nachmittag erwarten die Wallfahrer die 14 Stationen des Kreuzweges hinter der Klosterkirche an der Lourdes-Grotte. Dann kommt auch die Stunde der Schola St. Martin, eines Männerchores, der sich, eingestimmt von Wolfgang Reichelt, einen Wechselgesang mit der Blasmusik liefert: „Näher, mein Gott, zu Dir“. Am Sonntag dann feiern die Wallfahrer eine festliche Schubert-Messe mit Monsignore Otto Donner in der Basilika und auf dem Rückweg geht es mitten durch das Altstadtfest.
Für Michael Klaus wird es dann wieder aufwühlend, denn sobald die Martinskirche in Sicht ist, wird „Großer Gott, wir loben Dich“ gesungen: „Da könnte ich jedesmal weinen.“

UDO GÜLDNER

 

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