Weitermachen, egal wie schlecht’s dir geht

11.2.2018, 08:00 Uhr
Weitermachen, egal wie schlecht’s dir geht

© Fotos: Ralf Rödel

"Fighter". Das ist Mirco Recks Lebensmotto. "Fighter", das prangt jetzt auch als Tattoo in großen schwarzen Lettern für alle sichtbar in Mircos Nacken. Das Wort hat er ganz bewusst gewählt, weil er ein Kämpfer ist, die englische Übersetzung, weil die einfach ein bisschen cooler klingt, als das deutsche Wort "Kämpfer".

Weitermachen, egal wie schlecht’s dir geht

Nach seiner Diagnose "Lymphknotenkrebs", da sei ihm ganz schnell klar gewesen, dass "ich kämpfen muss wie ein Löwe", und auch sein Kinderarzt in der Uni-Klinik Erlangen hat ihn nicht nur einmal gelobt während all der Zeit: "Du hast wahnsinnig gekämpft." Nach der ersten Transplantation hat er sich vorgenommen "da will ich eine Erinnerung daran haben", deswegen das Tattoo.

Rückblick: Im Oktober 2015 lassen sich in einer nie dagewesenen Typisierungsaktion fast 3000 Menschen in der Heroldsbacher Hirtenbachhalle Blut abzapfen, um Mirco zu helfen. Denn nur eine Stammzellenspende kann das Leben des damals 13-Jährigen retten. Gesucht wird dabei Mircos genetischer Zwilling, doch die Chance diesen Zwilling zu finden ist verschwindend gering, sie liegt bei 1:20 000.

Doch Mirco, dessen freches kariertes Hütchen sein Markenzeichen wird, und das er trägt, weil ihn nach zahlreichen Chemotherapien die Haare ausgefallen sind, gibt nicht auf. Bei der Heroldsbacher Aktion wird zwar kein Spender gefunden, aber Anfang März 2016 ein Spender aus Norddeutschland. Dann geht alles ganz schnell: Mirco feiert noch in der Erlanger Uniklinik seine Konfirmation, bevor er die Knochenmarktransplantation bekommt. "Der blanke Horror", wie er ein halbes Jahr später erzählt. "Dein Körper wird ausgetestet, wo seine Grenzen sind." Doch Mirco kämpft weiter, kämpft sich zurück ins Leben.

Heute fährt er wie ein ganz normaler Junge mit dem Schulbus in die Realschule nach Forchheim, spielt mit den Klassenkameraden in der Pause Fußball, gehört dazu.

"Meine Mitschüler sind mega-akzeptabel", sagt er. Die Klassenkameraden sind zwar im Schnitt drei Jahre jünger als Mirco, der wegen seiner Krankheit erst in der 7. Klasse ist, "aber wir verstehen uns mega-gut". So gut, dass Mirco zum zweiten Klassensprecher gewählt worden ist und mit auf zweitägiger Klassensprecherfahrt auf der Nürnberger Kaiserburg war. Auch in Hartenstein war er dabei, im Schullandheim. Im Frühjahr will Mirco seinen A1 Führerschein für seine Honda CBR machen, die blankpoliert in der Garage steht, mit der Theorie ist er fast schon fertig.

Seit letzter Woche hat Mirco einen Blog im Internet: "Hallo zusammen", schreibt er dort, "ich bin Mirco (16) komme aus Heroldsbach und hatte von 11.10.2013 — 18.10.2016 ein Morbus Hodgkin Lymphom (Lymphknotenkrebs). Hier in meinem Blog werde ich euch erzählen, wie ich trotz dieser Krankheit nie aufgegeben habe. Ich hatte in diesen drei Jahren zwölf Operationen, 40 Chemos, 16 Bestrahlungen, eine eigene Stammzellentransplantation sowie eine fremde Knochenmarktransplantation".

Warum er den Blog macht? Darauf hat er eine ganz simple Antwort: "Viele machen Krebsblogs, um anderen zu helfen, um ihnen zu zeigen: "Hey, das war bei mir auch so." Seinen Blog bezeichnet Mirco als "Mut-Blog", "da können Betroffene und Gesunde lesen, dass da einer ist, der nicht aufgegeben hat, trotz schlechter Prognose". "Ich hatte nur eine Chance von 20 Prozent", sagt Mirco heute, "doch du musst weitermachen, egal, wie schlecht’s dir auch geht".

In den ersten Tagen haben 35 000 Menschen Mircos Post gesehen, auf Mircos Seite aktiv sind täglich etwa 1300 Facebook-User. Doch der Radius der User ist mitnichten nur auf die Region begrenzt: "Ich habe auch schon Anfragen von Betroffenen aus der Schweiz und aus Brasilien bekommen." Rund zehn ganz persönliche Nachrichten gehen Tag für Tag für Mirco ein, Glückwünsche sind dabei, für Mircos Stärke und Mut, in einem Blog darüber zu berichten und Nachrichten von Krebspatienten, die Unterstützung brauchen.

Mehrere Stunden täglich sitzt er an seinem Blog, spielt Bilder ein, schreibt Texte und beantwortet Fragen. "Was mir die Menschen in all der Zeit gegeben haben, das geb ich jetzt zurück", sagt Mirco heute, denn: "Mit einem einzigen Wimpernschlag kann sich dein Leben ändern."

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