Wenn bei Frost das Handy des Kirschbauern klingelt

11.11.2018, 09:00 Uhr
Wenn bei Frost das Handy des Kirschbauern klingelt

© Roland Huber

Herr Schmitt, Klimawandel in der Fränkischen Schweiz klingt erst mal dramatisch. Ist der Wandel denn auch schon bei uns angekommen?

Elias Schmitt: Das kann man schon so sagen. Denken Sie an die extreme Trockenheit in diesem Supersommer. In Hiltpoltstein sind zwischen Januar und September nur 389 Liter Regen gefallen, der normale Durchschnitt liegt eigentlich zwischen 700 bis 800 Liter. Es müsste jetzt den ganzen Winter über regnen, damit die Natur die Trockenheit wieder aufholt.

 

Sie stammen ja aus einem Obstbaubetrieb und haben Ihr Wissen von der Pike auf gelernt. Wie kommt man an solch eine Forschungsstelle?

Elias Schmitt: Ich hab mich ganz einfach auf die Stellenanzeige beworben und hab den Job bekommen. Meine Forschungsstelle geht von der bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau Veitshöchheim aus und wird vom Freistaat Bayern finanziert. Der Projektleiter ist Alexander Zimmermann, der hat sein Büro in Veitshöchheim, der Projektbearbeiter bin ich. Kooperationspartner ist das Obstbauinformationszentrum in Hiltpoltstein, dort habe ich auch mein Büro. Die Laufzeit des Projektes ist von Oktober 2018 bis September 2021. Meine Aufgabe ist es dabei unter anderem, verschiedenste Versuche durchzuführen und abzuwickeln.

 

In den kommenden Monaten wollen Sie sich auch dem Thema Frost widmen. Wie will man in Kirschplantagen den Spätfrösten trotzen?

Elias Schmitt: Dabei starten wir zwei Versuche: Zum Beispiel werden wir etwa Pellet-Öfen in den Kirsch-Plantagen aufbauen, um es den Kirschbäumen behaglich zu machen. Die Pellets werden dabei in den Öfen verbrannt und erzeugen Hitze und verdrängen somit auch die Luftfeuchtigkeit. Die zweite Möglichkeit ist ein sogenannter Frost-Guard, dabei wird Gas verbrannt und erzeugt auch Wärme. Die beiden verschiedenen Systeme vergleicht man dann miteinander und zwar in punkto Kosten, Aufwand und Nutzen.

 

Pellet-Öfen und Frost-Guard klingt ja ziemlich modern. Hat auch schon die neue Technik im Obstbau Einzug gehalten?

Elias Schmitt: Das kann man so sagen. Einen großen Wert haben auch unsere Frost-Warnsysteme, die in den Kirschplantagen stehen und miteinander vernetzt sind. Die messen die Außentemperatur. Fällt das Thermometer unter den Gefrierpunkt, bekommt der Kirschbauer eine Warn-SMS auf sein Handy und kann sofort handeln. Etwa, in dem er in die Plantage fährt und die Öfen anheizt.

 

Wenn Petrus in den nächsten Jahren weiter so an der Temperaturkurve dreht, hat dann die Kirsche überhaupt noch eine Überlebenschance oder gibt es künftig in der Fränkischen Schweiz Kiwis und Pfirsiche?

Elias Schmitt: Wir wissen ja nicht, was die Natur in den nächsten Jahren so macht. Aber die Süßkirsche hat sich seit vielen Jahren etabliert und das wird auch so bleiben. Wir haben in der Fränkischen Schweiz rund 200 000 Kirschbäume, verteilt auf 2500 Hektar Fläche, eines der größten zusammenhängenden Kirschenanbaugebiete Deutschlands. Damit das auch so bleibt, gibt es dieses Forschungsprojekt.

 

Wie sieht denn Ihre tägliche Arbeit so aus?

Elias Schmitt: So ein Forschungsprojekt läuft ja nicht ohne die Partner, also die Kirschbauern. In den letzten Wochen habe ich mich bei einem Obst-Infoabend in der Region vorgestellt. Ganz wichtig sind natürlich meine Außendienste, um die Praktiker mit einzubeziehen und die Kommunikation untereinander zu beflügeln. Das ist ein Nehmen und ein Geben. Dass ich meinen Schreibtisch im Obstbauinformationszentrum in Hiltpoltstein habe, ist ganz ideal. Dabei gibt es kurze Wege, man kann sich gegenseitig unterstützen und etwa auch mit dem Kreisfachberater kommunizieren.

 

Über den Frost haben wir ja schon gesprochen, was steht sonst noch auf ihrer To-Do-Liste in den nächsten drei Jahren?

Elias Schmitt: Lösungen und Maßnahmen finden gegen Spätfrost, das ist erst mal ein zentrales Thema. Auch Schaderreger wie die Kirschessigfliege, über die vor zehn Jahren noch niemand gesprochen hat, wird ein Arbeitsfeld sein. Auch gegen Vogelfraß müssen sich viele Kirschbauern zur Wehr setzen: Die Obstbauern haben große Probleme mit Staren. Dabei geht’s den Staren nicht anders als uns Menschen: In reifem Zustand sind die Kirschen ja extrem schmackhaft, die Vögel picken sie dann an. Und eine angepickte Kirsche ist nicht mehr vermarktungsfähig. Gegen Starkniederschläge oder auch Hagel testen wir bereits seit einiger Zeit in Hiltpoltstein verschiedene Überdachungssysteme aus. Sie sehen also, die Arbeit wird mir in den nächsten Jahren nicht ausgehen.

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